Hans Stender im GA-Gespräch Gründungskanzler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg über seinen Ruhestand

SANKT AUGUSTIN · Der Gründungskanzler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Hans Stender, wird am Freitag in den Ruhestand verabschiedet. Mit ihm sprach Cem Akalin.

 Wird nach 18 Jahren als Kanzler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in den Ruhestand verabschiedet: Hans Stender.

Wird nach 18 Jahren als Kanzler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in den Ruhestand verabschiedet: Hans Stender.

Foto: Max Malsch

Herr Stender, vor 18 Jahren saßen Sie als Gründungsrektor mit Professor Hubert Severin und Ihrer Sekretärin Eva Schulze-Olden drüben im Türmchen neben der Konrad-Adenauer-Stiftung. Erinnern Sie sich?
Hans Stender: Ja, sehr gut sogar. Das war die schönste Zeit. Das war richtige Aufbauarbeit.

Sie haben ja auch Aufbauarbeit in Brandenburg geleistet. Wie sind Sie nach Sankt Augustin gekommen?
Stender: Das war damals, 1990, ja noch DDR. Ich bin kurz nach der Volkskammerwahl dorthin. Frau Ministerin Brunn kam damals zurück von Gesprächen aus der DDR und hatte erfahren, dass die Bezirksregierung in Frankfurt/Oder jemanden suchte. Das war wirklich die schönste Zeit.

Und dann kamen Sie nach Sankt Augustin.
Stender: Ich kam 1992 zurück ins Wissenschaftsministerium nach Düsseldorf. Und ich muss sagen: Das war langweilig. Nach solch einer spannenden Tätigkeit dann wieder diese normale Tätigkeit aufzunehmen, das war nicht meins. Da hörte ich von der Planung dieser Hochschule. Ich habe mit Staatssekretär Dietrich Küchenhoff drüber geredet und dann kam ich hierher.

Das war ja ein rasanter Start: Im Wintersemester 1995/96 nahmen in Sankt Augustin und Rheinbach die ersten 60 jungen Leute ihr Studium auf. Heute sind es etwa 6600, und es werden von Semester zu Semester mehr. Wie konnte, wie kann solch eine Entwicklung gemanagt werden?
Stender: Es war eigentlich etwas unglücklich, dass wir so schnell die ersten Studiengänge in Betrieb genommen haben. Wir wurden im Januar 1995 gegründet, und im Herbst kamen die ersten Studenten. Und wir haben ja in den Jahren darauf jedes Jahr ein bis zwei neue Studiengänge eingerichtet. Es wäre besser gewesen, wenn wir etwas mehr Zeit für die Ausrichtung der Studienangebote und das Profil der Hochschule gehabt hätten. Wir haben sehr stark von einem Moment zum anderen gelebt.

Sie haben dennoch früh gemerkt, dass Sie Alleinstellungsmerkmale brauchten: Chemie auf Diplom, Technikjournalismus, Biologie auf Englisch, Controlling und Management...
Stender: Wir hatten in Rheinbach ursprünglich typische ingenieurwissenschaftliche Fächer geplant, haben dann aber auf Empfehlung hin umgesteuert auf die Naturwissenschaften. Und hier in Sankt Augustin haben wir den Umfang der Ingenieurwissenschaften reduziert, also Maschinenbau und Elektrotechnik. Aber die Nachfrage nach Ingenieuren sank damals rapide.

Sie klingen nicht richtig überzeugt?
Stender: Nein? Doch, ich habe gerne in diesen 18 Jahren hier gearbeitet. Ich habe mich nicht nur in der Hochschule wohlgefühlt, sondern auch in der Region. Unzufriedenheit ist wirklich nicht der Fall. Im Nachhinein betrachtet, hätten wir einfach etwas mehr Zeit für den Aufbau gebraucht.

Wenn ich mir die stetig wachsenden Zahlen anschaue, denke ich, Sie leisten seit 18 Jahren Aufbauarbeit...
Stender: Das können Sie nicht nur an den Studierendenzahlen festmachen. Unsere Rahmenbedingungen haben sich in den 18 Jahren ja permanent geändert. Ganz deutlich geworden ist das 2007, bis dahin waren die Hochschulen Einrichtungen des Landes, jetzt sind wir selbstständige Körperschaften. Wir haben das Rechnungs- und das Personalwesen umgestellt, wir haben andere Besoldungen für die Professoren, Tarifverträge für Angestellte bekommen. Und ab 2002 haben wir den Wechsel zum Bachelor gehabt.

6596 Studierende zählte die Hochschule zum Wintersemester 2012/13. Davon waren rund 1600 Erstsemester - und es kommen mehr.
Stender: Dafür bekommen wir zwar von Bund und Land zusätzliche Mittel - aber nur befristet für fünf Jahre. Angesichts dieser Entwicklung brauchen wir aber als Hochschulen eine andere Planungssicherheit.

Jeder neue Studienplatz kostet rund 6000 Euro, aus dem Hochschulpakt II gibt es aber nur 4000 Euro. Wie finanzieren Sie das?
Stender: Richtig, in den Naturwissenschaften kostet er sogar etwa 15 000 Euro. Aber in diesen Kosten sind ja auch die Liegenschaften drin, deswegen kann man das nicht eins zu eins so rechnen. Aber Sie haben recht: Mit den 4000 pro Jahr und Student bekommen wir nicht das, was wir ausgeben. Das muss man durch Optimierung hinbekommen.

Die ersten Neubauten haben kaum ausgereicht, da kamen nach wenigen Jahren schon Erweiterungen hinzu. Heute müssen Räume angemietet werden. Wie geht es weiter?
Stender: Wir haben einen Hochschulentwicklungsplan erstellt und haben dem Land nachgewiesen, dass wir rund 5500 Quadratemeter Fläche Mehrbedarf für beide Standorte haben. Das Land hat diesen Mehrbedarf anerkannt. Und jetzt geht es um die Finanzierung. Wir sind ja mit der Universität Köln 2007 in den Modellversuch Dezentrales Liegenschaftsmanagement aufgenommen worden.

Was bedeutet das?
Stender: Das bedeutet: Die Liegenschaften sind Sondervermögen des Landes, und wir verwalten sie für es. Wir haben jetzt nachgewiesen, dass wir die Erweiterungen aus den Mitteln für Bestandserhaltung und aus eigenen Mitteln werden finanzieren können. Das Land hat jetzt grundsätzlich grünes Licht für die Erweiterungen gegeben.

Gibt es einen konkreten Baubeginn?
Stender: Wir müssen jetzt die detaillierte Planung vorlegen. Dann kann es Ende dieses Jahres oder zu Beginn 2014 zu einem konkreten Planungsauftrag kommen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Hochschule?
Stender: Sie hat eine gute Perspektive. Das merkt man ja schon an der wachsenden Nachfrage. Und auch daran, dass wir eine Graduiertenschule mit Universitäten gegründet haben, um unseren Studierenden Promotionsmöglichkeiten zu eröffnen. Das sind alles Bausteine für eine gute Zukunft.

Abschied nach 18 Jahren permanenter Aufbauarbeit: Sind Sie froh, den Stress endlich hinter sich zu lassen?
Stender: Ich bin schon froh, wieder mehr Zeit für meine Familie und mich zu haben. Aber was das wirklich bedeutet, das kann ich heute noch nicht sagen.

Zur Person:
Hans Stender, 65, ist seit 18 Jahren Kanzler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Als 24-jähriger Regierungsinspektor half er bereits beim Aufbau der Gesamthochschule Duisburg und wechselte 1974 ins Wissenschaftsministerium nach Düsseldorf, wo er zuletzt Referatsleiter im Ministerbüro war. 1990 half er, die Bezirksverwaltung in Frankfurt/Oder aufzubauen. Er ist noch Geschäftsführer der Stiftung Bonn-Aachen International Center für Information Technology (B-IT). Stender ist verheiratet, lebt in Siegburg, hat zwei Kinder und zwei Enkel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort