Gaststätte "Zur Hongsburg" in Sankt Augustin Hier sollen nun zwei Wohnhäuser entstehen

SANKT AUGUSTIN · Baggerlärm statt Kegelgepolter, trübe Gesichter statt geselliger Feierrunden: Die Gaststätte Zur Hongsburg ist Geschichte. Nach einem Betreiberwechsel im Frühjahr vergangenen Jahres hatten die Mülldorfer noch neue Hoffnung geschöpft. Gerüchte einer geplanten Bebauung hatten sich zunächst nicht bewahrheitet. Doch mit dem überraschenden Verkauf der Gaststätte Ende 2012 war das Aus besiegelt.

 Von der einstigen Traditionsgaststätte in Mülldorf zeugt nur noch ein großer Schuttberg.

Von der einstigen Traditionsgaststätte in Mülldorf zeugt nur noch ein großer Schuttberg.

Foto: Holger Arndt

Nun haben in den vergangenen Wochen Abrissbagger ganze Arbeit geleistet. Zwei Wohnhäuser mit je sieben Wohneinheiten sollen hier in den kommenden Monaten entstehen. Von der einstigen Traditionsgaststätte, in der viele Ortsvereine und Mülldorfer einst oft und gerne zu Gast waren, inklusive der drei Kegelbahnen, die rund 60 Vereinen und Clubs dienten, zeugt heute nur ein großer Schuttberg.

Die Wurzeln der Gaststätte reichen dabei zurück bis zum 1. November 1896: Peter Raderschadt hatte angesichts der Pläne zur Erweiterung der Bröltalbahn vom Knotenpunkt Niederpleis über Mülldorf nach Siegburg eine gute Lage gewittert und eine Gaststättenkonzession beantragt. Damals hatte Mülldorf rund 1000 Einwohner und "nur 2 Wirthschaften", begründete Raderschadt die Dringlichkeit seines Gesuchs in dem aufblühenden Dorf. Sein Wohnhaus sei mit vier Kellerräumen, acht Zimmern und "großem Speicher mit Cementfußboden" sowie Wasserpumpe im Hof bestens dafür geeignet.

Der zuständige Kreis-Ausschuss sah tatsächlich das Bedürfnis für eine dritte Gastwirtschaft und erteilte einen Monat später die Konzession. Als am 1. Mai 1899 die erste Bröltalbahn durch den Ort fuhr, wurde der Wirt zugleich Bahnhofsvorsteher. Neben Bier und Korn gingen so auch Fahrkarten über den Tresen. Denn dort, wo zuletzt der Parkplatz der Gaststätte war, war einst der Haltepunkt der Bahn.

Als Peter Raderschaft 1934 starb, übernahm seine Tochter Käthe den Betrieb. Um 1937 wurde ein größerer, knapp 60 Quadratmeter großer Raum für Gesellschaften angebaut. Als zwischenzeitlich verheiratete Käthe Hupperich führte die Tochter die Betriebe auch ab 1939 in schwierigster Zeit weiter. 1961 verpachtete sie den Betrieb und gab ihn 1973 an ihren Sohn Helmut weiter, der die Gaststätte bis 1994 führte.

Nach fast 100 Jahren gab die Familie Raderschadt/Hupperich die Gaststätte in neue Hände. An Helmut Hupperich können sich noch heute viele Mülldorfer gut erinnern, sagt Ortsvorsteher Heinz-Peter Schumacher: "Das war unser Gastwirtvater, der hat in unserer Jugend immer gut auf uns aufgepasst, damit wir nicht zu viel getrunken haben. Dafür haben wir ihn vielleicht damals hin und wieder verflucht, aber im Nachhinein muss ich sagen: 'Das war sehr gut so.'"

Eine Gaststättenkultur, die in Mülldorf auch in den Folgejahren gelebt worden sei, betont Schumacher, der den Abriss als Ortsvorsteher, Mülldorfer und mit beruflichem Hintergrund in der Getränkebranche mit gemischten Gefühlen sieht: "Das tut schon weh, da ist schon ein Stück Tradition in Mülldorf weggebrochen. Aber man muss auch sagen: Die Freizeitgestaltung in der heutigen Zeit ist anders als früher.

Das Produkt Bier steht da lang nicht mehr so im Fokus wie noch vor 30 Jahren. Im Moment sterben der gesamten Getränkebranche die Eckkneipen brachial weg. Und das hängt nicht nur mit dem Rauchverbot zusammen." Von den neun Gaststätten mit Thekenbetrieb in Mülldorf gebe es heute mit der Ankerschänke und dem Alt Mülldorf noch zwei. In letzterer seien auch einige der rund 60 Kegelclubs aus der Hongsburg untergekommen, hat der Ortsvorsteher festgestellt: "Aus Sicht der Getränkebranche ist das Ende vieler Eckkneipen und Gaststätten absolut nachvollziehbar. Sie passen nicht zum Trend, so ist leider der Lauf der Dinge."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort