Dezentrale Impfungen Ü-60-Jährige schimpfen über Sonderweg des Rhein-Sieg-Kreises

Rhein-Sieg-Kreis · Die dezentrale Verimpfung des Astrazeneca-Sonderkontingents für über 60-Jährige im Rhein-Sieg-Kreis löst Unmut aus. Viele Impfwillige beklagten, dass sie keine Terminbuchung tätigen konnten. Landrat Sebastian Schuster verteidigt die Vorgehensweise.

 Ersehnter Piks: Auch über Ostern wurde im Impfzenrum in Sankt Augustin geimpft, aber eben nicht die Gruppe Ü-60 mit Astrazeneca.

Ersehnter Piks: Auch über Ostern wurde im Impfzenrum in Sankt Augustin geimpft, aber eben nicht die Gruppe Ü-60 mit Astrazeneca.

Foto: dpa/Matthias Bein

Unmut und Enttäuschung hat am Osterwochenende der Sonderweg des Rhein-Sieg-Kreises bei der Teminvergabe für die zusätzlichen Impfungen mit Astrazeneca für die über 60-Jährigen ausgelöst. Die Terminvergabe war und ist nicht über das Onlineportal der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) möglich.

Es gab über Ostern aber auch keine anderen Wege, sich für eine Impfung anzumelden – großer Frust für die Impfwilligen war die Folge. Manche schilderten dem General-Anzeiger genervt ihre stundenlange telefonische Odyssee oder Mail-Irrwege, die sie auf dem Weg zu der ersehnten Impfung erlebten.

Während in Bonn wie angekündigt Terminbuchungen für diese Altersgruppe ab Karsamstag um 8 Uhr möglich waren und die Stadt deswegen den Impfbetrieb im WCCB erweiterte, tat sich für Kreisbürger gar nichts – denn der Kreis hat anders als Bonn auf die dezentrale Verteilung des ihm zugeteilten Sonderkontingents von 14.000 Impfdosen über die Hausärzte gesetzt. Nur war dies den wenigsten impfwilligen Bürgern der Zielgruppe bekannt.

Landrat Schuster meldete sich am Nachmittag

Viele waren nach geduldigem Ausharren in der Warteschleife der Kassenärztlichen Vereinigung erstmal total verblüfft und enttäuscht zu hören, dass diese gar nicht für sie zuständig sei. Man wurde an seinen Hausarzt verwiesen – nur ärgerlich, dass man so ja auch nicht weiterkam, denn die meisten Praxen waren über die Feiertage natürlich geschlossen. Eine volle Breitseite Frust und Verärgerung traf so am Osterwochenende die Kreisverwaltung und Landrat Sebastian Schuster, der dazu am Montagnachmittag eine Stellungnahme abgab.

Für die Entscheidung des Kreises, das Sonderkontingent des Astrazeneca-Impfstoffes dezentral zu verimpfen, sprächen „gute Gründe“. Schuster: „Nachdem wir am Donnerstag vom Land darüber informiert wurden, dass für den Kreis ein Sonderkontingent Astrazeneca von 14.000 Dosen für Ü-60-Jährige zur Verfügung gestellt werden kann, haben wir uns gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung dazu entschieden, die Verimpfung dezentral vorzunehmen“, rekapituliert er und nennt „mehrere praktische Gründe“.

Eine Verimpfung im Impfzentrum in Sankt Augustin „hätte auf die Schnelle nicht funktioniert, da die Kapazitäten dort bis zum 18. April 2021 ausgelastet sind; wir hätten insgesamt sechs Wochen benötigt, um die Menge Impfstoff an die Menschen zu bringen.“ Schuster: „Genau aus diesem Grund habe ich die dezentrale Impfung, die im 15. Erlass des Landes auch ausdrücklich aufgeführt ist, auch weiterverfolgt. Wir haben hier im Kreis mit unseren dezentralen Impfeinheiten ein gut aufgestelltes und engagiertes Team von Ärztinnen und Ärzten, mit denen wir die Impfung der Berufsgruppen der Grund- und Förderschullehrerinnen und -lehrer sowie der Erzieherinnen und Erzieher erfolgreich durchgeführt haben. Darauf können wir aufbauen. Wichtig war mir außerdem, dass wir die wenigen Dosen – 14.000 bei einer anspruchsberechtigten Gruppe von 132.000 Personen – nicht ausschließlich nach dem Windhundprinzip verteilen – nach dem Motto ‚eine Nummer für alle’. Wir verteilen den Impfstoff auf den gesamten Kreis nach einem Einwohnerschlüssel, um so wenigstens einen Hauch von regionaler Gerechtigkeit zu erzielen.“

Wie geht es nun weiter?

Ab Dienstag können die Berechtigten bei ihren Hausärzten Termine vereinbaren, da dort ab diesem Mittwoch das Sonderkontingent verimpft wird. Schuster hatte vor Ostern von in der ersten Runde zunächst „35 dezentralen Impfstraßen“ in den 19 Kreiskommunen gesprochen. Ein weiterer Tipp des Landrats: „Sollten Sie im Kreis keinen Hausarzt haben, dann schreiben Sie bitte eine Mail an coronavirus@rhein-sieg-kreis.de.“

Er könne durchaus verstehen, dass die Menschen teilweise ungehalten sind und die Nerven blank liegen. „Ich kann Ihnen aber versichern, dass hier im Rhein-Sieg-Kreis das verimpft wird, was uns zusteht. Es geht kein Impfstoff verloren, weil wir nicht seit Samstag das Sonderkontingent in unserem Impfzentrum verimpfen.“ Schuster unterstreicht: „Wir haben bewusst einen anderen Weg gewählt, aber anders ist nicht immer schlechter! Sie können auch weiterhin darauf vertrauen, dass wir alles uns Mögliche tun, die Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Sieg-Kreises gut durch die Pandemie zu bringen.“

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