Veranstaltung in der Hochschul- und Kreisbibliothek Journalistin Eva Müller zu Gast auf dem Sofa

Sankt Augustin · Die gemeinsame Veranstaltung von General-Anzeiger und der Bücherstube Sankt Augustin in der Hochschul- und Kreisbibliothek war gut besucht. Das lag sicher auch daran, dass sich die Geschichte von Bernadette Knecht aus Königswinter-Rauschendorf wie ein roter Faden durch das neueste Buch von Eva Müller zieht.

 "Wenn der Staat mit Steuergeldern die Kirchen finanziert, müssen auch dessen Gesetze gelten", findet Eva Müller.

"Wenn der Staat mit Steuergeldern die Kirchen finanziert, müssen auch dessen Gesetze gelten", findet Eva Müller.

Foto: Holger Arndt

Der Fall der Leiterin eines katholischen Kindergartens hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen in der Region gesorgt. Als sie nach der Scheidung zu einem neuen Partner zog und Rat bei ihrem Pfarrer suchte, zeigte der wenig Verständnis, sondern leitete unverzüglich die Kündigung ein.

Zu Recht. Denn nach den Regeln der Kirche hatte Knecht gegen deren Loyalitätspflicht, Glaubens- und Moralvorstellungen verstoßen. Für Bedienstete beider Kirchen hat das Betriebsverfassungsgesetz keine Geltung, für die der katholischen auch nicht das Antidiskriminierungsgesetz, das jedwede Benachteiligungen verbietet. Hier setzte die Kritik Müllers an.

Heute sind die beiden Kirchen nach dem Staat der größte Arbeitgeber mit 1,3 Millionen Beschäftigten, wovon allerdings nur rund fünf Prozent geweiht seien oder sich dem Verkündungsauftrag verpflichtet hätten, so Müller. In den 50er Jahren seien es nur 200 000 Mitarbeiter gewesen, davon 50 Prozent Geweihte.

Es dürfe nicht sein, dass der Arbeitgeber Katholische Kirche die Privatsphäre ausleuchte und die persönliche Lebensführung über Einstellung oder Rausschmiss entscheide. Das sah der evangelische Pfarrer und Moderator des Abends, Michael Pues, ebenso. In seiner Kirche wären diese Themen tabu, es spiele keine Rolle, wie Bedienstete ihr Leben gestalten.

Viel Gesprächsstoff bot auch die Finanzierung kirchlicher Einrichtungen durch den Staat, der seine wichtigsten sozialen Aufgaben an diese übertragen hat. Konfessionelle Kindergärten erhalten beispielsweise in NRW 88 Prozent Landeszuschüsse, kommunal geführte aber nur 77 Prozent.

Deshalb entscheiden sich Städte und Gemeinden natürlich für evangelische und katholische Einrichtungen, da sie bei der Restfinanzierung erheblich sparen könnten, stellte die Autorin fest. Ihre Forderung: Wenn der Staat mit Steuergeldern die Kirchen finanziert, müssen auch dessen Gesetze gelten. Dem stimmten die Zuhörer zu. Allerdings hätten sich einige auch die Teilnahme eines katholischen Geistlichen in der Runde gewünscht.

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