Prozess am Landgericht Bonn Kita-Kinder bewarfen Auto mit Schlamm

Bonn/Sankt Augustin · Eine PKW-Besitzerin verklagt die Stadt Sankt Augustin auf 9600 Euro Schadensersatz wegen Aufsichtspflichtverletzung des städtischen Kindergartens. Kita-Kinder sollen ihr Auto bei einer Schlammschlacht nachhaltig beschädigt haben. Die Stadt bestreitet die Höhe des Schadens.

Prozess am Landgericht Bonn: Kita-Kinder bewarfen Auto mit Schlamm
Foto: dpa/Oliver Berg

Der metallicbraune Hyundai parkte schon einige Tage vor einem städtischen Kindergarten. Da die junge Besitzerin damals im Krankenhaus lag, wollte ihre Mutter das Fahrzeug bewegen. Aber die 57-Jährige stutzte, als sie einsteigen wollte: „Seltsam, wie sieht der denn aus? Der viele Dreck auf der Windschutzscheibe? Kein Baum weit und breit“, so die ersten Gedanken der Mutter, die gestern im Bonner Schadensersatz-Prozess als Zeugin ausgesagt hat. Schließlich hatte die 57-Jährige das Fahrzeug umrundet und war fassungslos: Die gesamte rechte Seite war – wie nach einem Autocross-Rennen – von Matsch und Sand verschmiert. Die Spur, so die Zeugin,  führte fraglos zum Kindergarten gegenüber. Auf dem Bürgersteig, am Zaungitter davor – überall waren die vertrockneten Reste einer fulminanten Schlammschlacht zu erkennen.

 Vor der 1. Zivilkammer des Landgerichts hat die 27-jährige Besitzerin des Hyundais die Stadt Sankt Augustin – als Trägerin des Kindergartens – auf 9600 Euro Schadensersatz verklagt. Nachdem die Klägerin das Auto zunächst für 330 Euro hatte waschen und polieren lassen, wobei der ganze eingetrocknete Dreck Schicht um Schicht abgetragen wurde, sah man den ganzen Schaden: Denn die scharfkantigen Partikel des Sandes hatten zahlreiche Kratzer und Risse im Lack hinterlassen; auch die Fensterscheiben an Heck und Front waren ruiniert.

 Gesehen hatte es keiner, als am 9. Januar 2020 das parkende Auto langsam unter dem Schlamm verschwand. Aber die Akteure der Wurfspaßes waren schnell ausgemacht:  Zwei Jungen hatten den vorderen Kita-Bereich, wo man mit Wasser spielen und matschen kann (der sogenannte „Wasserschöpfbereich“) eigenständig ausgeweitet und über den Kita-Zaun hinaus ihr Ziel gesucht. Der Kindergarten hatte den Vorfall damals auch sofort eingeräumt: Gemeinsam mit den beiden Lausbuben hatte sich die Leitung anschließend entschuldigt.

Doch die Klägerin wirft der Kindergartenleitung eine Aufsichtspflichtverletzung vor, da die beiden Jungen wohl über einen längeren Zeitraum nicht beaufsichtigt worden waren. Denn das, was die Kinder angerichtet hätten, sei keine Aktion von wenigen Minuten, sondern ein Treiben von längerer Dauer gewesen.

 Bestritten hat die Stadt Sankt Augustin vor allem die Höhe des Schadens. Ein vom Gericht bestellter Gutachter hat gestern bestätigt, dass das Auto „unstreitig großflächig mit Matsch und Schlamm“ beworfen worden ist, und das sogar relativ heftig.“ Allerdings gebe es beispielsweise Dellen im Dach, die wegen des Wurfwinkels nicht von den kindlichen Sandspielen stammen könnten. Da hätten schon „Steine so groß wie Kastanien fliegen“ müssen. Die Kosten für Instandsetzung und Lackierung des PKW schätzt der Sachverständige auf rund 4500 Euro, etwa die Hälfte der Klagesumme. Zu einem Vergleich waren die Parteien gestern nicht bereit. Jetzt müssen die Richter entscheiden.

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