Krieg in der Ukraine Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis bereiten sich auf die Flüchtlinge vor
Rhein-Sieg-Kreis · Wie viele Menschen aus der Ukraine in den Rhein-Sieg-Kreis kommen, weiß in den Kommunen bislang noch niemand. Die Vorbereitungen, sie Willkommen zu heißen, sind aber schon angelaufen. Erste Ukrainer haben auch schon Zuflucht bei Familie und Freunden gefunden.
Die ersten Menschen, die aus ihrer ukrainischen Heimat geflüchtet sind, sind in verschiedenen Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises angekommen. Verwandte und Bekannte haben sie erst einmal bei sich aufgenommen. Das berichten etwa die Städte Sankt Augustin und Troisdorf. Wie viele es genau sind, vermögen beide Kommunen indes noch nicht zu sagen „Es gab noch keine Vorsprache bei der Ausländerbehörde“, erklärt Troisdorfs Stadtsprecherin Bettina Plugge. Erst danach erfolge eine statistische Erfassung. Eine offizielle Zuweisung Geflüchteter hat es bislang noch in keiner Kommune gegeben. Gleichwohl laufen in allen Städten Vorbereitungen auf Hochtouren.
Dabei setzen die Städte auf ihre in der Flüchtlingskrise 2015 gesammelten Erfahrungen und die damals aufgebauten Strukturen. In Sankt Augustin hat in den vergangenen Tagen schon mehrfach der Krisenstab getagt und sich intensiv mit den aus der Ukraine-Krise erwachsenen Herausforderungen für die Stadt befasst. „Wir bereiten uns auf die Aufnahme einer dreistelligen Personenzahl in den städtischen Unterbringungseinrichtungen vor“, sagt Sankt Augustins Bürgermeister Max Leitterstorf, der sich in einem YouTube-Video auch an seine Bürgerinnen und Bürger gewandt hat. In den städtischen Einrichtungen könnten mehrere Hundert Menschen untergebracht werden. Dafür ständen Gegenstände wie Feldbetten bereit, anderes werde derzeit beschafft.
Hilfsbereite Bürger melden sich bei den Städten
Schon jetzt haben sich bei der Stadt die ersten Bürgerinnen und Bürger gemeldet, die bereit sind, Geflüchtete bei sich aufzunehmen. Zudem berichtet der Bürgermeister davon, dass sich über die eigens für die Ukraine-Hilfe eingerichtete E-Mail-Adresse Spontanhelferinnen und Spontanhelfer sowie Übersetzerinnen und Übersetzer gemeldet haben. „Selbstverständlich stehen wir auch im engen Austausch mit Kirchenvertretern, der Kinderklinik und anderen Hilfsorganisationen, um Kräfte zu bündeln und uns auf die noch anstehenden Herausforderungen vorzubereiten“, sagt auch Robert May aus der Sankt Augustiner Pressestelle.
„Nach Siegburg kämen die Ukrainerinnen und Ukrainer in einem zweiten Schritt nach der Erstaufnahme in zentralen Unterbringungseinrichtungen“, teilt die Stadt Siegburg mit. Dafür sieht die Verwaltung sich gewappnet. „Derzeit macht sich das städtische Amt für Asylangelegenheiten an die Material-Inventur und erstellt Pläne für die Beherbergung“, sagt Stadtsprecher Jan Gerull. Ein Trakt mit acht Wohneinheiten für je sechs Personen in der Unterkunft am Stadion werde den ersten Bedarf decken. Generell gelte: „Die Stadt ist in der Lage, auf die gemachten Erfahrungen und die aufgebauten Strukturen aus der Flüchtlingskrise zurückzugreifen.“
In Niederkassel gibt es noch keine offiziellen Erkenntnisse darüber, ob vielleicht schon Menschen aus der Ukraine Zuflucht bei Freunden oder Familie gesucht haben, teilt der Beigeordnete Carsten Walbröhl auf Anfrage mit. Die Verwaltung habe eine fachbereichsübergreifende Koordinierungsgruppe eingerichtet, die momentan die Unterbringung eventuell eintreffender Flüchtlinge vorbereite. „Sie organisiert alle notwendigen Maßnahmen von Aufrufen für Gastfamilien, für Wohnungsangebote bis hin zur Schaffung einer Notunterkunft“, so Walbröhl. Inzwischen hat die Verwaltung eine E-Mail-Adresse sowie ein Kontaktformular eingerichtet, über beides können Privatpersonen leer stehende Wohnungen, ihre Bereitschaft, Menschen aufzunehmen, oder auch andere Hilfsangebote melden.
Troisdorf muss neue Unterkünfte schaffen
Eine solche Adresse gibt es auch bei der Stadt Hennef. Allerdings weist sie auf ihrer Internetseite auch darauf hin, dass sie, abgesehen von Wohnraum und Dolmetschern, momentan noch keine Hilfe oder Spenden benötigt. „Aktuell gibt es noch keine konkreten Angaben vom Land oder vom Bund, wie und wo Flüchtlinge versorgt werden und wie viele Flüchtlinge nach Hennef kommen werden“, sagt Stadtsprecher Dominique Müller-Grote. Gleichwohl bereite sich die Stadtverwaltung derzeit darauf vor.
„Auch die Troisdorfer Stadtverwaltung unternimmt derzeit alles, um sich auf die Aufnahme von Geflüchteten vorzubereiten, um auch auf kommunaler Ebene ein Zeichen der Solidarität zu setzen“, sagt Troisdorfs Bürgermeister Alexander Biber. Das zuständige Amt für Soziales, Wohnen und Integration prüfe aktuell sämtliche potenziell infrage kommenden Möglichkeiten zur Unterbringung der Menschen aus der Ukraine. Die müssten überwiegend neu geschaffen werden, da die Kapazitäten in den bestehenden Unterkünften erschöpft seien. Daher ruft die Stadt auch ihre Bürgerinnen und Bürger auf, freie Wohnungen zu melden.
Unterdessen sind am Donnerstagabend kurzfristig Vertreter des in Troisdorf bestehenden Netzwerks Integration in einer Videokonferenz zusammengekommen. „Um Informationen und Hilfemöglichkeiten auszutauschen“, wie Stadtsprecherin Bettina Plugge erklärt. Auf der städtischen Internetseite sind zudem alle Informationen rund um das Thema Flüchtlings-Unterbringung zusammengetragen. Auch der Anteil ukrainischer Staatsbürger an der Troisdorfer Bevölkerung: Demnach leben in der Stadt aktuell 129 Ukrainer.
In Sankt Augustin steht der Ukraine-Konflikt in der kommenden Woche auch auf der Tagesordnung des Stadtrats. Dann möchte Bürgermeister Max Leitterstorf nach einer Schweigeminute einen aktuellen Sachstand geben. Zudem erwägt er, bei Bedarf und Nachfrage kurzfristig eine Impf-Aktion zu organisieren. Siegburg setzt am Montag ab 18 Uhr mit einer Mahnwache für den Frieden auf dem unteren Marktplatz ein Zeichen. Bürgermeister Stefan Rosemann teilte unterdessen am Freitag eine Beobachtung, die ihn sorgt: „Russlandstämmige Menschen erleben in diesen Tagen zunehmend Anfeindungen.“ Deswegen appellierte er: „Das darf nicht sein! Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Gemeinschaft gespalten wird.“