Urteil am Landgericht Bonn 38-Jähriger legte Feuer wegen drohender Zwangsräumung

Sankt Augustin/Bonn · Weil niemand seine Möbel bekommen sollte, zündete ein 38-jähriger Frührentner aus Sankt Augustin seine Wohnung an, als ihm die Zwangsräumung drohte. Nun muss er wegen schwerer Brandstiftung dreieinhalb Jahre in den Knast.

 Einen Brandstifter schickten die Richter am Landgericht Bonn für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. (Symbolfoto)

Einen Brandstifter schickten die Richter am Landgericht Bonn für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Oliver Berg

Verwegen, mit schwarzer Piratenmütze und in Handschellen erschien der Angeklagte im Bonner Gerichtssaal, musterte mit vernichtendem Blick das Publikum und blätterte zornig in einem Aktenordner, darin vielleicht Stromrechnungen oder seine Korrespondenz mit dem Sozialamt. Die Lektüre jedenfalls war spannend genug, um das Ritual des Aktendeckelöffnens auch während der Urteilsbegründung mehrfach zu wiederholen.

Dabei hatte das Bonner Schwurgericht den 38-Jährigen just in den Knast geschickt: Dreieinhalb Jahre Haft wegen schwerer Brandstiftung, so der Tenor. Am 23. September 2021 hatte der Frührentner gegen 12 Uhr in seiner Wohnung in einem städtischen Wohnkomplex in Sankt Augustin ein Feuer gelegt, die Warnmelder ausgeschaltet, hatte die Räume verlassen und war zu seiner Mutter nach Hennef gefahren.

Zwangsräumung wegen nicht gezahlter Mieten drohte

Der Hintergrund der Tat: Dem Mann drohte laut Urteil die Zwangsräumung. Die Stromrechnungen hatte er nicht gezahlt und mit den Mietzahlungen war er säumig, weil ihm wegen eines längeren Krankenhausaufenthaltes kurzerhand das Mietgeld gekürzt worden war. Aber seine Möbel, die er nicht mitnehmen konnte, sollte kein anderer bekommen, entschied der geschasste Mieter damals, und kam laut Urteil auf die „wahnsinnige Tat“, deswegen seine Bude in Brand zu setzen. Eine Kurzschlusshandlung nannte es der 38-Jährige im Prozess. Denn verletzen, gar töten wollte er niemanden mit seinem spontanen Feuerzorn.

Die Frage, ob es ein versuchter Mord war, er also den Tod vieler Menschen „billigend in Kauf“ genommen hat, hat die Richtercrew mit nein beantwortet: Unter anderem, so Reinhoff, weil das Treppenhaus des Betonstahlbaus sich außerhalb befindet und die Wohnungen von außen durch Laubengänge erreichbar seien. Die konkrete Situation, so hatte es ein Brandgutachter erklärt, sei für die Bewohner nicht so gefährlich gewesen wie es zunächst schien.

Die Staatsanwältin jedoch ging fraglos davon aus, dass der Angeklagte mit seinem Feuerlegen den Tod anderer skrupellos in Kauf genommen hat. Wegen versuchten Mordes hatte sie sieben Jahre Haft gefordert. Die Verteidigerin hatte für ihren Mandanten eine milde Strafe gefordert, wegen einer Brandstiftung im minderschweren Fall. Noch ist offen, ob das Urteil angefochten wird.

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