Verkehr in Sankt Augustin Zoff um Taktverdichtung der Linie 66

Sankt Augustin · Die vom Rhein-Sieg-Kreis beauftragte Studie zu den Auswirkungen der geplanten Taktverdichtung der Linie 66 stößt in Sankt Augustin auf Kritik. Die Politik fürchtet mehr Staus an der Kreuzung Arnold-Janssen-Straße. Die Verkehrsplaner des Kreises sehen dies als gerechtfertigt an.

 Auch ohne Berufsverkehr und Taktverdichtung kommt es immer wieder zu langen Rückstaus an der Kreuzung Bonner Straße/Arnold-Janssen-Straße.

Auch ohne Berufsverkehr und Taktverdichtung kommt es immer wieder zu langen Rückstaus an der Kreuzung Bonner Straße/Arnold-Janssen-Straße.

Foto: Thomas Heinemann

Wenn das Angebot der Linie 66 ab 2023 zu einem Fünf-Minuten-Takt im Berufsverkehr verdichtet wird, bleiben die Schranken der elf Bahnübergänge in Sankt Augustin häufiger und länger geschlossen. Klarheit über die Auswirkungen der Taktverdichtung sollte eine im Frühjahr vorgelegte Untersuchung des Rhein-Sieg-Kreises bringen. Stattdessen gab es aber viele Nachfragen der Politik. Auch der Sankt Augustiner Mobilitätsausschuss zeigte sich am Dienstagabend ernüchtert und von der Studie enttäuscht: Viele Fragen blieben unbeantwortet und weiterhin ist unklar, ob und wie sich die neuen Wartezeiten für Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger an den Schranken überhaupt reduzieren lassen können.

Selten waren sich die Fraktionen in einer Sache so einig: Wenngleich die Taktverdichtung eine gute Sache für Bahnpendler sei, müsse der Kreis mit seiner Studie konkrete Lösungsansätze präsentieren und den gesamten Bahnkorridor im Stadtgebiet untersuchen, damit es nicht zu einer flächendeckenden Verschlechterung für alle anderen Verkehrsteilnehmer komme. Unbeantwortet blieben die Fragen der CDU, wer die Kosten für Kompensationsmaßnahmen zahle und ob der in der Studie vorgeschlagene großen Umbau der Kreuzung Arnold-Janssen-Straße/Bonner Straße überhaupt funktionieren werde. Der Kreis erwiderte darauf, Verschlechterungen für andere Verkehrsteilnehmer seien notwendig und hinzunehmen, wolle man die Verkehrswende und den Klimaschutz voranbringen sowie die überfüllten Bahnen im Berufsverkehr entlasten.

Ende 2013 hatten der Bonner Hauptausschuss und der Verkehrsausschuss des Kreises mit den Planungen für die Weiterentwicklung des regionalen Stadtbahnnetzes einschließlich der Taktverdichtung begonnen. Als der damalige Sankt Augustiner Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschuss im Juli 2019 den Beschluss zur Weiterplanung und Erstellung einer Korridorstudie für das Stadtgebiet fasste, machte er zur Voraussetzung „dass durch kompensatorische Maßnahmen der Individualverkehr in ausreichender Qualität aufrechterhalten werden kann.“

Mehr Staus, mehr Wartezeiten für Fußgänger und Radfahrer, ein teurer Kreuzungsumbau und der Kauf einer zweiten Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr (wir berichteten) stehen nun als Folge der Taktverdichtung im Raum. „Letztlich wird es zu Verschlechterungen kommen“, stellte André Berbuir, Fachbereichsleiter im Referat Wirtschaftsförderung und Strategische Kreisentwicklung, klar: „Wenn die Schranken öfter unten sind, wird das Auswirkungen haben. Ich verspreche ihnen, in 2023 und 2024 werden sie sehr dankbar sein, dass diese Bahnen fahren, denn es wird eine der wenigen Verkehrsachsen sein, die noch funktioniert.“

Politik kritisiert Studie

Grünen-Fraktionschef Martin Metz hielt dagegen: „Wenn es dadurch Probleme im Verkehr gibt, werden auch die vielen Busse der RSVG auf der Bonner Straße im Stau stehen.“ Mit mehr Stau werde man die Menschen nicht zum Umsteigen auf den Nahverkehr bewegen und nicht jeder Sankt Augustiner pendele nach Siegburg oder Bonn, schloss sich Sascha Bäsch (SPD) der Kritik an und forderte ein besseres Tarifsystem, mehr Sauberkeit und Zuverlässigkeit im Nahverkehr ein.

„Den Individualverkehr dürfen wir nicht benachteiligen und sehenden Auges ins Chaos schicken, wenn wir keine Kompensationsmaßnahmen umgesetzt bekommen“, resümierte René Puffe für die CDU und kritisierte die Studie scharf: „Wir würden gern wissen, welcher Auftrag dieser Studie zugrunde lag. Denn im Ergebnis haben wir eine Vorzugsvariante präsentiert bekommen, die aber nicht abschließend geprüft ist.“ So sei der Vorschlag zum Umbau der Hauptkreuzung mit dem Hinweis versehen, dass man nicht wisse, ob die vorgeschlagene Wegeführung mit Ost-West-Spange überhaupt funktioniere, weil dies nicht geprüft worden sei. „Aus unserer Sicht ist es unvorstellbar, wie die Ost-West-Spange den kompletten Verkehr aufgrund ihrer Geometrie und der kleinen Aufstellflächen aufnehmen soll.“

Übertragen in Schulnoten würde die Qualität der Verkehrsabwicklung auf der Bonner Straße an den Zufahrten zur Ost-West-Spange von Note zwei auf Note drei sinken, an der Zufahrt zum Huma-Parkhaus Ost von drei auf vier. Sorgenkind der Planer ist die Kreuzung Bonner Straße/Arnold-Janssen-Straße/Hennefer Straße. Ohne Umbauten drohe nach ihrer Ansicht im abendlichen Berufsverkehr von Hangelar kommend ein Rückstau von bis zu 438 Metern. Von Niederpleis Richtung Menden könne dieser bis zu 157 Meter betragen, in Gegenrichtung bis zu 148 Meter.

Umbau der Kreuzung Arnold-Janssen-Straße

Die vor 20 Jahren neu gebaute Kreuzung solle daher komplett umgebaut werden: Von Hangelar kommend müssten künftig zwei Linksabbiegerstreifen Richtung Kinderklinik und Menden führen. In der Gegenrichtung sollen die beiden Rechtsabbiegerstreifen Richtung Hangelar wieder auf einen Steifen reduziert und der Linksabbiegerstreifen nach Siegburg komplett entfernt werden. Dadurch könnten zwei Geradeausfahrstreifen von der Hennefer Straße zur Arnold-Janssen-Straße geschaffen werden, um den Berufsverkehr bei Schrankenöffnung schneller abfließen zu lassen.

Dass eine abschnittsweise oder komplette Troglage, wie sie die Politik in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach nachgefragt hatte, die Linie nicht schneller machen und daher nicht weiter untersucht würde, ließ FDP-Ratsmann Karl-Heinz Schütze als Argumentation nicht gelten: „Das ist der falsche Ansatz, denn die Troglage würde mehr Lärmschutz und auch schnellere und einfachere Verkehre für Fußgänger bringen.“

Der Ausschuss verständigte sich einstimmig darauf, weitere Untersuchungen und konkrete Lösungsvorschläge einzufordern: Für alle Bahnübergänge zwischen Sankt Augustin-Ort und Mülldorf sollen Optimierungsmöglichkeiten geprüft werden. Zudem sollen Lösungsvorschläge untersucht werden, die die Fraktionen nun selbst erarbeiten wollen. Und Experten sollen den Lärmschutz betrachten, der bislang nicht berücksichtigt worden sei.

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