GA-Serie "Augustiner Köpfe" Miriam Kleiner pflegt ein altes Handwerk in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Buchbinderin aus Sankt Augustin-Hangelar repariert Bücher, entwirft Einbände und gibt Kurse. Kunden kommen mit Kochbüchern oder Erbstücken zu ihr, um sie flicken zu lassen.

Bleilettern liegen auf einem Schränkchen, eine Handvoll alte Maschinen steht in dem Raum, an einer Seite drängen sich schmale Papier- und Stoffrollen übereinander. Die Werkstatt hinter der Tür mit dem leuchtend roten Rahmen ist bis in die hinterste Ecke gefüllt. Mittendrin arbeitet Miriam Kleiner, vor sich einen Tisch mit Papierbögen, hinter sich einen großen Papierschneider. Die 26-Jährige ist Buchbinderin – und pflegt damit ein altes Handwerk. Vor drei Jahren hat sie sich in Hangelar selbstständig gemacht, repariert dort Bücher, entwirft Einbände und gibt Kurse.

Die Kunst scheint Kleiner in die Wiege gelegt zu sein. Ihre Mutter ist Steinmetzin, sie studierte Kunst, als Kleiner in der Grundschule war. „Ich habe immer viel gebastelt und mit Materialien gewerkelt“, erzählt die 26-Jährige. „Und ich habe immer viel gelesen.“ Da sei die Buchbinderei ziemlich naheliegend, wenn es ein handwerklicher Beruf sein solle, ergänzt sie. Schon in der achten Klasse macht sie deshalb ein Praktikum bei einem Buchbinder.

So richtig packt sie der Beruf aber erst ein paar Jahre später während eines Auslandsschuljahres in Frankreich. Ihr Gastvater weiß um ihr Interesse und schickt sie zu einem Buchbinder im Ort, einmal die Woche besucht sie dort einen Kursus. „Da habe ich Feuer gefangen“, sagt Kleiner. Als sie zurückkommt, ist klar: Sie will diesen Beruf ergreifen. Zur Ausbildung zieht es sie nach Kaiserslautern.

Doch nach ein paar Jahren entscheidet sie sich dazu, ins Rheinland zurückzukehren. 2015 zieht Kleiner, die in Bonn und Alfter aufgewachsen ist, nach dem Tod ihrer Großmutter in deren Haus in Hangelar, lebt dort nun in einer Wohngemeinschaft. Die 26-Jährige hatte ihre Großmutter im Jahr zuvor mitgepflegt. „Ich hatte sie gefragt, ob ich in ihrer Scheune eine Werkstatt einrichten darf“, erzählt Kleiner.

Doch zunächst dienen ihr zwei Wohnräume als Arbeitsplatz. „Anderthalb Jahre war das sehr provisorisch“, erzählt sie. Bis die alte Scheune im Hinterhof ausgebaut ist. Dass sie die Räume nutzen könne, sei mit ein Grund gewesen, sich selbstständig zu machen. „Die Gelegenheit hier war günstig“, sagt Kleiner, die sich in Hangelar sehr wohlfühlt. „Mit Büchern ist es ja nicht wie etwa bei einem Heizungsbauer. Eine Heizung brauchen die Menschen, Bücher dagegen nicht unbedingt. Das ist etwas für Liebhaber.“

Kunden kommen mit ihren Kochbüchern oder Erbstücken zu ihr

Und was fasziniert sie an ihrer Arbeit? „Mir liegt das Material“, sagt Kleiner. „Ich arbeite gerne mit Papier, und das Buch ist ein Objekt, das mich wirklich interessiert.“ Die Buchbinderei sei sehr abwechslungsreich, und auch der Arbeitsstil gefalle ihr. „Es ist sehr lösungsorientiert. Man hat ein Problem und versucht, es zu beheben.“ Dabei arbeite sie sehr viel von Hand, wenn sie Einzelstücke oder kleinere Auflagen anfertige und Bücher repariere, so Kleiner.

So kämen etwa Kunden mit ihren heiß geliebten Kochbüchern oder Erbstücken zu ihr, um sie flicken zu lassen. Oder mit ihren Memoiren, um sie für die Familie binden zu lassen. Die Restauration richtig alter Bücher, die mehrere Hundert Jahre auf dem Buckel haben, gehört aber nicht mehr zu ihren Aufgaben. „Dafür sind Spezialisten zuständig“, sagt Kleiner.

Ihr Wissen gibt sie inzwischen an Praktikanten und angehende Ergotherapeuten weiter. An der Ergotherapieschule in Köln unterrichtet sie nebenberuflich Buchbinden. „Das ist auch spannend, weil ich noch einmal in ein anderes Feld reinschnuppere.“ Doch auch für andere Dinge bleibe nach drei Jahren Selbstständigkeit wieder mehr Zeit, erzählt die 26-Jährige, die der Wirtschaftsgemeinschaft der Solidarischen Landwirtschaft Bonn angehört. „Mit der Freizeit ist es besser geworden.“ Einen Tag am Wochenende hält sie sich inzwischen frei. Dann steht sie nicht in der Werkstatt, umringt von Büchern und Papier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort