Mehrfacher sexueller Missbrauch Model-Agent aus Sankt Augustin zu Haftstrafe verurteilt

Bonn/Sankt Augustin · Sein Verteidigungsargument, in der Modelbranche sei der sexuelle Kontakt zwischen Agent oder Fotograf und Klientin absolut üblich, hat dem Mann auf der Anklagebank nichts genützt: Die Bonner Jugendschutzkammer verurteilte den 46-jährigen Modelagenten und -fotografen aus Sankt Augustin am Dienstag wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern und schutzbefohlenen Jugendlichen zu viereinhalb Jahren Haft.

Und bevor Kammervorsitzender Volker Kunkel das Urteil begründete, machte er deutlich, was er von dieser Verteidigung hält. "Wenn Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und Kindern tatsächlich zum Modelbusiness gehört, dann gehört diese Branche unter verschärfte strafrechtliche Beobachtung", stellte Kunkel klar.

Dieses Verfahren, so der Richter, habe "Erstaunliches" offenbart: "Was junge Mädchen bereit sind, für ihren Modeltraum zu tun, und wie weit Eltern gehen, um sie in ihrem Traum zu unterstützen." Diesen Traum nutzte der einschlägig vorbestrafte 46-Jährige schamlos aus.

Im Internet und über Facebook lockte der Mann, der auch bei seinem Urteil wieder modisch gekleidet neben seinem Verteidiger saß, junge Mädchen in seine Fänge und in seine Wohnung in Sankt Augustin. Die nannte er Modelhaus oder Model-WG und erweckte den Eindruck, so Richter Kunkel, dass sie ihm nur für seine Arbeit diente.

In Wahrheit aber lebte der Mann, der zur Tatzeit unter Bewährung stand und unter Finanznot litt, selbst dort. Wie viele junge Mädchen ihm in die Falle gingen, ist nicht bekannt, am Ende zeigten ihn fünf an und warfen ihm vor, von ihnen sexuelle Handlungen gefordert oder sie dazu sogar gezwungen zu haben.

Am Ende des Prozesses stand jedoch für Oberstaatsanwältin Petra Krämer und auch das Gericht fest: Nur im Fall einer 13-Jährigen und einer zu Tatbeginn 14-Jährigen ist die Beweislage über jeden vernünftigen Zweifel erhaben. Im Fall der übrigen drei befand die Kammer nun: Die Beweise reichten für eine Verurteilung nicht aus. Das bedeute aber auf keinen Fall, dass die Kammer glaube, in den Fällen sei nichts passiert, so Richter Kunkel.

2002 hatte der gelernte Forstwirt in die Modelbranche gewechselt als Modelagent und -fotograf. Er warb die Mädchen an und fotografierte sie in oft pornografischen Posen. Dass er es auch war, der diese Fotos ins Internet stellte, sah das Gericht nun zwar als wahrscheinlich, aber nicht erwiesen an. Der Angeklagte bot den Mädchen drei Wege, Model zu werden.

Für den dritten, den vielversprechendsten Weg, entschied sich 2008 auch die damals 14-Jährige: Als seine Muse sollte sie am meisten gefördert werden, musste ihm dafür aber auch "den Akku" aufladen und ihm sexuell zu Willen sein. Als Gegenleistung erhielt sie dann auch mal ein Zahnbleaching.

Dass er sich vertraglich zusichern ließ, dass ihre Eltern sie während der Ferien völlig in seine Hand gaben, wurde ihm nun zum Verhängnis: Rechtlich ist das, was er mit dem minderjährigen Mädchen tat, sexueller Missbrauch einer schutzbefohlenen Jugendlichen gegen Entgelt.

Die 13-Jährige kam mit ihrer Mutter aus Süddeutschland angereist, und während die Mutter wenige Meter entfernt in der "Model-WG" wartete, missbrauchte er das weinende Kind. Als die Mutter das erfuhr, zeigte sie den Mann an. Das Gericht entschied am Dienstag auch: Der 46-Jährige erhält ein fünfjähriges Berufsverbot nach der Haftentlassung. Gegen ihn läuft noch ein weiteres Verfahren.

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