Serie Augustiner Köpfe Opa Bruno erklärt die Welt

Sankt Augustin · Der 80-jährige Bruno Jesse aus Sankt Augustin geht seit zehn Jahren mit Kita-Kindern der Schatzinsel auf Entdeckungsreise. Für den Senior ist die regelmäßige Begegnung mit den Kindern wichtig, und deshalb steht für ihn fest: „Ich mache das so lange, wie ich dazu in der Lage bin.“

 Opa Bruno erzählt von den Kindern, die ihm zum Abschied ein Bild geschenkt haben.

Opa Bruno erzählt von den Kindern, die ihm zum Abschied ein Bild geschenkt haben.

Foto: Martina Welt

Es ist Dienstagnachmittag in der Kita Schatzinsel. Im Bewegungsraum toben noch einige Kita-Kinder herum, andere sind in ihren Gruppen beschäftigt. Die Tür öffnet sich, und Bruno Jesse betritt den Eingangsbereich. Sofort wird er von einigen Kita-Kindern in Beschlag genommen. Sie kennen „Opa Bruno“, der regelmäßig auftaucht und vor allem eines mitbringt – Zeit.

Heute hat „Opa Bruno“ ein großes Bild mit einem roten Rahmen im Gepäck. Darauf sind die Kita-Kinder aus dem Jahr 2011 zu sehen und sie bedanken sich bei dem 80-jährigen Kita-Opa für seine Besuche. Die Kinder schauen interessiert und erkennen sogar das ein oder andere Kind auf dem Bild, seien es ältere Geschwister oder Nachbarskinder.

Für Bruno Jesse gehört der Besuch am Dienstagnachmittag zu einem festen Lebensbestandteil. Vor zehn Jahren suchte er eine ehrenamtliche Beschäftigung und traf so auf die Augustiner Aktivbörse. Damals suchte die Kita einen Großvater für die Kinder, die auch am Nachmittag in der Einrichtung bleiben.

„Das Vorlesen war mein Auftrag, aber es kamen dann die vielen Fragen der Kinder hinzu und ich versuchte, diese auf meine Art zu beantworten“, erinnert sich Jesse. So kam es, dass er mehr zum Zuhören und Erzählen da war als zum Vorlesen. „Wir haben über viele Dinge des Lebens gesprochen und sie meistens dann auch gleich ausprobiert.“

Kinder von Beginn an begeistert

Begeistert war Jesse von der Selbstständigkeit und der Offenheit der Kinder, die gleich bei seinem ersten Besuch 2007 auf ihn zustürmten und ihn mit Fragen löcherten. „Wer bist du, wo kommst du her?“ Die Kleinen interessierten sich für Jesse und das spornte ihn an, etwas an sie zurückzugeben. „Als ein Gewitter aufkam, habe ich mit den Kindern über den Schall gesprochen und habe versucht, ihnen zu verdeutlichen, wie schnell er durch die Luft saust“, erinnert sich Jesse an Gespräche aus der Vergangenheit.

An gefällten Bäumen wurde geklopft, und die Kinder probierten mit ihrem Kita-Opa aus, wie sich der Schall am Boden verändert. „Als die Kinder eines Tages mit Stöcken herumfuchtelten, habe ich mit ihnen Schwerter gebastelt, aus Schaumstoffisolierung mit Bierdeckeln und Holzgriff“, erinnert sich Jesse. Einer der Jungs habe ihm erzählt, dass er das Schwert noch heute in seinem Zimmer hängen habe. „Wenn mich Eltern beim Einkaufen ansprechen und mir sagen, wie begeistert ihre Kinder vom Kita-Opa Bruno einst waren“, freut sich Jesse, dass er offenbar alles richtig gemacht hat.

Auch damals schon, als er noch mehrmals wöchentlich in der Kita auftauchte, habe er zudem die Post mit reingebracht oder den Garten gepflegt. Heute ist Opa Bruno für die Müllcontainer zuständig, die 36 Meter weit über einen Parkplatz zur Straße geschoben werden müssen. Dennoch nutzt Jesse den Kontakt zu den Kindern und nimmt sich gerne Zeit für ein Schwätzchen mit ihnen.

Zwei Kita-Omas sind dazugestoßen

Geübt hatte der Rentner zuvor bei seinem ersten Enkel. „Das hatte mir damals so gut gefallen, dass ich gerne weiterhin mit kleinen Kindern Kontakt haben wollte“, so der Senior. Seine eigenen Kinder hat Jesse nicht so intensiv miterlebt. Geboren in Polen, kam er 1948 aus der sowjetischen Besatzungszone nach Siegburg. 1982 zog er mit seiner Familie nach Niederpleis.

Bis Mitte der 60er Jahre hat Jesse seinen Beruf als Schreiner ausgeübt. Interessehalber besuchte er nebenberuflich Schulungen zur Programmierung von Großrechnern. 1969 wechselte Jesse den Job und erstellte bei der Bundeswehr EDV-Programme für Großrechner. 1999 ging er in den Ruhestand und konnte jetzt seine Verbundenheit zur Natur erst richtig ausleben. Neben dem großen Garten, wo er Blumen ebenso wie Salat, Gemüse und Kräuter anpflanzt, zählte die gemeinsame Zeit mit seinem ersten Enkel zu seinen schönsten Erlebnissen, sagt er. Das konnte er sich dank des Ehrenamtes bewahren.

Inzwischen ist die Großelternriege in der Kita gewachsen. „Wir haben noch zwei Kita-Omas, nämlich Evelyn und Helga, hinzugewinnen können“, freut sich Kita- Leiterin Marcella Klages. Die Begegnung von Kindern und Senioren ermögliche generationenübergreifendes Lernen. „Die Kinder achten auch auf körperliche Befindlichkeiten älterer Menschen, zu denen auf diese Weise ganz selbstverständlich Kontakte bestehen“, so die Leiterin.

Auch für Jesse ist die regelmäßige Begegnung mit den Kindern wichtig, und deshalb steht für ihn fest: „Ich mache das so lange, wie ich dazu in der Lage bin.“

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