Huma in Sankt Augustin Lange Schlangen vor neuer Impfstelle im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Lange Schlangen bildeten sich schon vor Öffnung der Impfstelle am Huma in Sankt Augustin. Der Rhein-Sieg-Kreis hat die Impfkapazitäten erweitert. Auch für Interessierte ohne Termin gibt es jeden Tag Impfdosen. Geprüft wird, ob auch Apotheker impfen können.

 In einem ehemaligen Restaurant am Huma in Sankt Augustin hat der Rhein-Sieg-Kreis am Dienstag eine Impfstelle eröffnet.

In einem ehemaligen Restaurant am Huma in Sankt Augustin hat der Rhein-Sieg-Kreis am Dienstag eine Impfstelle eröffnet.

Foto: Meike Böschemeyer

Schon zwei Stunden vor Öffnung der neuen Impfstelle des Rhein-Sieg-Kreises am Huma-Einkaufszentrum in Sankt Augustin stehen ein Dutzend Impfwillige an. Sie alle sind ohne Termin gekommen, bis auf einen älteren Herrn ist es für alle die Erstimpfung. Warum erst jetzt? „Ich habe mich jetzt erst entschieden“, sagt die Frau im mittleren Alter, die, wie die anderen auch, ihren Namen nicht nennen will. Sie könne als Ungeimpfte ja nicht mal ohne Weiteres im Bus fahren, fügt sie hinzu.

„Das hätte man vor einem Jahr schon machen sollen“, schimpft der Herr hinter ihr, der zur Auffrischungsimpfung kommt. Auch in der Reihe steht eine Familie mit zwei Töchtern im Teenageralter. „Wir sind ja gezwungen, uns impfen zu lassen“, meint der Vater. Und seine Frau brauche den Impfstatus an ihrer Arbeitsstelle, sagt sie ohne näher auf ihre Tätigkeit einzugehen.

Seit Dienstag 12 Uhr steht ein Team in einem ehemaligen Restaurant direkt auf der Ecke zur Stadtbahnhaltestelle der 66 bereit. Geleitet wird die Impfstelle von der Medizinerin Nada Baddour. Die frühere Pizzeria Rodeos ist sowohl von außen als auch aus dem Einkaufszentrum erreichbar. Geöffnet ist das Zentrum von Dienstag bis Samstag jeweils von 12 bis 18 Uhr. Fünf Ärztinnen und Ärzte wollen in fünf Impfkabinen etwa 780 Impfungen pro Tag beziehungsweise 3900 pro Woche durchführen. Die Impfkapazität sei pro Tag um 180 erweitert worden, heißt es. 480 Menschen werden mit Termin geimpft, 300 können ohne Termin kommen.

Termine bis Jahresende vergeben

Dafür stehen zwei Schlangen zur Verfügung. Wer eine Terminbestätigung erhalten hat, kann sich mit dem QR-Code anmelden. Ingo Freier, Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz, bittet diese Personengruppe nicht früher als eine halbe Stunde vor ihrem Termin zu kommen. Die anderen müssen sich am Drängelgitter einordnen. Während draußen die Menschenschlange immer länger wird, bereitet Miriam Al-Aschtari in einem separaten Raum die Spritzen für die Impfungen vor. Die Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) hat für die angemeldeten Impfungen genügend Impfstoff da. Gespritzt werden die Impfstoffe von Biontech, Moderna und Johnson & Johnson.

 Bereit für die Impfung: Dienstags bis Samstags wird in Sankt Augustin geimpft. Geplant sind 790 Impfungen pro Tag.

Bereit für die Impfung: Dienstags bis Samstags wird in Sankt Augustin geimpft. Geplant sind 790 Impfungen pro Tag.

Foto: Meike Böschemeyer

Anders als in Bonn müssen keine Termine abgesagt werden, bestätigt Freier. Indes sind auch schon alle festen Termine bis Ende des Jahres vergeben. Geimpft werden hier übrigens nicht nur Bürger des Rhein-Sieg-Kreises, sondern jeder, der eine Impfung haben möchte – unabhängig vom Wohnort.

Landrat kritisiert Land und Bund

Zur Eröffnung der Impfstelle ist auch Landrat Sebastian Schuster (CDU) gekommen. Er macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er ärgert sich über die Politik in Düsseldorf und Berlin: „Es ist doch keinem mehr zu vermitteln, dass man aus den vergangenen Wellen nichts gelernt hat: Erst soll man die Impfzentren schließen, dann wieder öffnen, dann werden die Testzentren geschlossen, dann wieder geöffnet, dann wird die Maskenpflicht in Schulen aufgehoben, dann wiedereingeführt. Ich kann gut nachvollziehen, dass die Menschen da die Schnauze voll haben.“

 Die Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) Miriam Al-Aschtari bereitet in einem separaten Raum die Spritzen für die Impfungen vor.

Die Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) Miriam Al-Aschtari bereitet in einem separaten Raum die Spritzen für die Impfungen vor.

Foto: Dylan Cem Akalin

Der Rhein-Sieg-Kreis tue jedenfalls alles, damit es mit der Impfkampagne weitergehe. Die mobilen Impfteams seien weiterhin im Einsatz, an den nächsten Adventssamstagen werde es im Kreishaus in Siegburg Impfangebote geben. Schuster appelliert an die Menschen, die Kontakte so weit es geht zu reduzieren, auf Weihnachtsmärkte und Glühweintrinken in Gesellschaften zu verzichten. „Ich mache mir mit Blick auf Weihnachten und Silvester große Sorgen“, sagt er. Die Weihnachtsferien in den Schulen vorzuziehen sei sicher eine gute Maßnahme.

Die Nachfrage ist groß

Land und Bund ruft der Landrat auf, für genügend Impfstoff zu sorgen. Die Nachfrage sei groß, „und es wäre schön, wenn wir mehr Impfstoff zugeteilt bekämen“. 200 Impfdosen pro 100.000 Einwohner und Tag seien einfach zu wenig. Schuster plädiert auch dafür, Ärztinnen und Ärzte im Ruhestand zu reaktivieren. Wenn die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Impfempfehlung für die Fünf- bis Elfjährigen ausspreche, wovon er in nächster Zeit ausgehe, dann werde sich der Druck auf die Impfkampagne ja noch einmal erhöhen. „Die Kinderärzte sollten sich Gedanken über ein erweitertes Angebot machen“, so Schuster.

Die Impfstelle für die linksrheinischen Bürgerinnen und Bürger wird in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude, Im Ruhrfeld 16, in Meckenheim-Süd erst ab Dienstag, 7. Dezember, an den Start gehen. Es gelten dieselben Öffnungszeiten wie in Sankt Augustin.

Apotheker sollen impfen

Unterdessen haben Freier, die Leiterin des Gesundheitsamts, Kirsten Hasper, und Vertreter des Apothekerverbands beraten, wie man diese in die Impfkampagne miteinbeziehen könne. Bekanntlich haben die Gesundheitsminister der Länder am Montag beschlossen Corona-Impfungen in Apotheken möglich zu machen. Der Bundesgesetzgeber soll nun eine dementsprechende Änderung der geltenden Rechtslage vorbereiten. Dazu könnte beispielsweise die rechtliche Vorschrift zur Grippeschutzimpfung in Apotheken erweitert werden. Die Apotheken in der Region sein Freier zufolge bereits alle angeschrieben worden, um abzufragen, wie es da mit der Bereitschaft aussieht.

Ulrike Jüngel-Sandner von der Augustinus-Apotheke in Sankt Augustin und Sprecherin des Apothekerverbands und der Apothekerkammer Nordrhein im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sagt, sie gehe davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen, die bereits Grippeschutzimpfungen durchführen, sicher auch bereit seien, gegen Covid-19 zu impfen. „Die sind ja bereits entsprechend geschult und haben die nötigen Räumlichkeiten. Für alle anderen werde es wohl aufgrund der personellen Kapazitäten und des fehlenden Platzes in den Apotheken eher schwierig.

„Wir haben im Apothekerverband Nordrhein flächendeckend allein 1000 Kolleginnen und Kollegen von 500 Apotheken im Rahmen des Modellprojekts ‚Grippeimpfungen in Apotheken‘ geschult“, sagt  Markus Reitz, Vorsitzender des Apothekerverbands Bonn-Rhein-Sieg und Vorstandsmitglied des Verbands Nordrhein. „Weit über 90 Prozent“ seien auch bereit, sich an Impfungen gegen Covid-19 zu beteiligen, so der Apotheker aus Bornheim. „Ich sehe aber aufgrund der Entwicklung der letzten Tage ein ganz anderes Problem – nämlich, dass der Impfstoff knapp wird.“ An erster Stelle müsste die Hausärzte und Impfzentren mit genügend Impfstoff ausgestattet werden. „Wenn dann noch Bedarf ist, sind wir gerne bereit, die Impfkampagne auch kurzfristig zu unterstützen“, so Reitz, der in seiner Apotheke AOK-Patienten in einem separaten Beratungsraum gegen Grippe impft.

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