Kabarett im Haus Menden Ruth Schiffer präsentierte ihr Programm "Halbe Stunde/60 Euro"

SANKT AUGUSTIN · Es ist das etwas andere Wirtschaftskabarett, wenn Ruth Schiffer zum Rundumschlag gegen Doppelmoral ausholt. "In Deutschland leisten 400.000 'quickielebendige' Beschäftigte Dienst an 1,2 Millionen zufriedenen Kunden. Da kann die Bahn nur von träumen.

 Kabarett zum Thema "käufliche Liebe": Ruth Schiffer im Haus Menden mit ihrem Programm "Halbe Stunde/60 Euro".

Kabarett zum Thema "käufliche Liebe": Ruth Schiffer im Haus Menden mit ihrem Programm "Halbe Stunde/60 Euro".

Foto: Ingo Eisner

Dabei machen die Damen rund 14,5 Milliarden Umsatz im Jahr. Das sind wirtschaftliche Dimensionen wie bei Opel, allerdings mit krisenfesten Frauenarbeitsplätzen und alles ohne staatlichen Rettungsschirm und Lobbyismus." Schiffer widmete sich mit beißendem Humor ausgerechnet am Weltfrauentag dem Thema Prostitution und gestattete sich im Haus Menden mit ihrem Programm "Halbe Stunde/60 Euro" recht provokante Thesen und einen kabarettistischen Blick auf das älteste Gewerbe der Welt.

"Alice Schwarzer wettert gegen die Prostitution und schreibt dann für die Bild-Zeitung", ätzt Schiffer gegen die Feminismus-Gallionsfigur. Und auch für die Stern-Reporterin Laura Himmelreich, die mit ihrem Artikel über Rainer Brüderle eine Sexismus-Debatte in Deutschland losgetreten hat, fand sie wenig Verständnis.

"Wer sich zum Wurm macht, wird irgendwann zertreten." Schiffer provoziert. Überhaupt hat sie es beim Thema "käufliche Liebe" auf die doppelbödige Moral der Medien abgesehen. Die sittenwidrigen, einschlägigen Anzeigen mancher Liebesdienerinnen in Boulevard-Zeitungen ließen sich die Verlage gut bezahlen.

Da wären mögliche Geldstrafen für Ordnungswidrigkeiten bereits einkalkuliert. "Eigentlich bin ich sehr dankbar dafür, dass Frauen das Kümmern um Männer professionalisiert haben", stellt Schiffer in den Raum wirft damit auch einen kritischen Blick auf "hormongesteuerte Herren". Laut Statistik ginge jeder fünfte Mann ins Freudenhaus. "Wenn ich mich aber in meinem männlichen Bekanntenkreis umschaue, dann hat noch nie einer ein Bordell von innen gesehen. Ich kenne aber mehr als fünf Männer", sagt Schiffer.

Die Kabarettistin spannt in ihrem Programm einen weiten Bogen zum Thema Prostitution. Von der Urzeit über das Mittelalter bis hin zur Neuzeit. Dabei spricht sie die heutige Schlepperpraxis mit Frauen aus Osteuropa genauso an, wie die Legalisierung der Prostitution in Deutschland und dem daraus resultierenden steuerlichen Profit für den Staat. Und sie zieht harte Vergleiche. "Frauen, die für 3,99 Euro Brutto Regale einräumen müssen, würden sicher auch lieber was anderes machen", meinte Schiffer.

Sie widmet sich der Frage, was in einem Bordell eigentlich los ist, weil Frauen ja dort keinen Zutritt haben und lockert ihr Programm mit Gesangseinlagen auf, bei der sie zu laszivem Jazz die oft plumpen Annäherungsversuche von Männern an der Theke verballhornt.

Schiffer traf mit ihrem beißenden Attacken bei den Zuschauern jedenfalls ins Schwarze und dürfte zum Nachdenken angeregt haben.

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