Ein Jahr nach RTL2-Bericht „Hartz Rot Gold“ So ist die Lage in der Sankt Augustiner Ankerstraße heute

Sankt Augustin · Vor einem Jahr zeichnete ein Fernsehbericht ein überaus negatives Bild vom Sankt Augustiner Wohnquartier Ankerstraße. Die Anwohner widersprachen, übten aber zugleich Kritik. Jetzt berichten sie, was sich seither verändert hat.

 Vor der Ankerstraße 17 wächst der Sperrmüllberg von Nacht zu Nacht, berichten Anwohner. Die Abfuhr des Fremdmülls sei ein Kampf gegen Windmühlen.

Vor der Ankerstraße 17 wächst der Sperrmüllberg von Nacht zu Nacht, berichten Anwohner. Die Abfuhr des Fremdmülls sei ein Kampf gegen Windmühlen.

Foto: Thomas Heinemann

Viele Menschen im Sankt Augustiner Wohnquartier Ankerstraße empfanden den Fernsehbeitrag der bundesweit ausgestrahlten Reihe „Hartz Rot Gold“ im November 2020 als einen Schlag ins Gesicht: Darin wurde behauptet, das Quartier sei ein sozialer Brennpunkt und „Gewalt und Drogen gehören zur Tagesordnung“. Der GA ging der Sache nach: Anwohner widersprachen den Darstellungen deutlich. Und sie übten Kritik – gegen die damals als „Problemhäuser“ betitelten Gebäude 17 und 19 sowie gegen die Stadt Sankt Augustin, die aus ihrer Sicht das Quartier über Jahre vergessen hätte. Die Stadt kündigte an, es stärker in den Fokus nehmen zu wollen. Auch die Eigentümer der beiden Häuser erkannten den Handlungsbedarf. Ein Jahr nach der Berichterstattung gibt es nun viele kleine Erfolge.

Es waren vollmundige Versprechen zur Verbesserung, welche die Stadt den Bürgern im Jahr 2004 nach Abschluss der Quartierskonferenz Ankerstraße gegeben hatte. Umgesetzt wurde fast nichts, wie Wegbegleiter der Konferenz und langjährige Anwohner im Dezember 2020 im Gespräch mit dem GA resümierten. Dabei wirbt die Stadt bis heute mit einer seit 2004 nicht mehr aktualisierten Internetseite www.konferenz-ankerstr.de, die nach der GA-Berichterstattung im Dezember 2020 und politischer Beratung in Ausschüssen abgeschaltet werden sollte.

Während die Internetseite der Stadt weiter beim Alten blieb, hat sich im Quartier im vergangenen Jahr einiges getan: So hatten SPD und CDU mit Nachdruck nachgehakt, warum die vom Eigentümer mietfrei überlassene Stadtteilwohnung im Haus 19 seit dem Auszug des Vereins zur Förderung der städtischen Jugendeinrichtungen Ende 2019 bis Dezember 2020 ungenutzt und ohne offenes Jugendangebot blieb. Nun ist die Wohnung wieder mit Leben gefüllt. Und seit 1. April 2021 hat das Quartier mit Nico Dreuw auch einen Quartiersmanager.

Das Unternehmen Grand City Property (GCP), dem die Häuser Ankerstraße 17 und 19 gehören, hatte vor einem Jahr angekündigt, die Frequenz der Reinigung im Außen- und Eingangsbereich der Gebäude erhöhen und Sperrmüll schneller entfernen lassen zu wollen. Ein Jahr später berichten Anwohner der Häuser und auch Nachbarn vom Erfolg der Maßnahmen. Zudem habe GCP in der jüngeren Vergangenheit investiert und unter anderem „Fassadenarbeiten durchgeführt, Fenster ausgetauscht, die Eingangstüren und Keller erneuert, neue Kabinen in den Aufzügen eingebaut sowie einen Spielplatz gebaut“, bestätigt eine Unternehmenssprecherin auf Nachfrage. Umgesetzt worden sei auch die „tägliche Reinigung der Außen- und Eingangsbereiche sowie der Müllplätze, der Austausch weiterer Fenster und erste Maßnahmen zur Erneuerung der Beleuchtung beziehungsweise die Umstellung auf LED-Leuchten“.

Ratten und Sperrmüll sind weiterhin ein Problem

Anwohner John Yosef, der seit 1996 in der Ankerstraße lebt, ist begeistert: „Es ist seit einem Jahr viel besser und viel sauberer geworden, draußen und auch innen. Die einzigen Probleme sind noch die Ratten und der Sperrmüll.“ Es habe früher derart viele Ratten am Müllsammelplatz gegeben, dass Anwohner ihre Säcke nur noch im hohen Bogen aus sicherer Entfernung Richtung Sammelplatz geworfen hätten, berichtet eine Anwohnerin von den vergangenen Jahren. „Dementsprechend sah das hier aus. Jetzt ist es besser.“ Denn es gebe eine professionelle Rattenbekämpfung, wie auch ein Mitarbeiter einer Gebäudereinigungsfirma aus Bergheim vor Ort bestätigt.

Seit März 2021 ist der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, montags bis freitags vor Ort und kennt mittlerweile viele Anwohner und deren Sorgenkinder beim Namen: „Beim Sperrmüll gibt es weiter das Problem, dass nachts Autos vorfahren und ihren wilden Müll vor das Haus werfen.“ Anwohner haben die Müllsünder mit dem Handy gefilmt und die Polizei gerufen. Auch seien nachts Fahrzeuge von Handwerksfirmen, Pizzerien sowie auswärtige Autos zur Müllentsorgung vorgefahren, so der Gebäudereiniger.

Austausch zwischen Eigentümer und Mietern

Das Unternehmen GCP bestätigt, im stetigen Austausch mit den Mietern zu sein und eine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit zu bieten, um Müllsünder zu ertappen: „Alleine in der jüngsten Vergangenheit konnten wir so die örtliche Polizei in zwei weitere Fälle von Fremdablagerungen involvieren.“ Ein Signal, über das sich Anwohner wie Nachbarn freuen. Für das Jahr 2022 prüft der Eigentümer GCP „die Umsetzung weiterer Investitionen in die Wohnhäuser und das Wohnumfeld wie Müllplatzerneuerung, Aufzugsmodernisierung, sukzessive weiterer Austausch von Fenstern, Renovierung der Eingänge sowie weitere Erneuerung der Beleuchtung beziehungsweise Umstellung auf LED-Leuchten.“

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