Rehe, Igel, Kaninchen Sankt Augustinerin schreibt Sachbuch über Wildaufzucht

Sankt Augustin · Die Sankt Augustiner Biologin Manuela Giannetti gibt mit ihrem Sachbuch eine Anleitung zur Aufnahme von Wildtieren. Rehe seien besonders schwierig, sagt sie.

 Rehkitz Rica liebt ihre Ziehmutter Manuela Giannetti. Die hat einen kleinen Wildtier-Aufzucht-Führer geschrieben.

Rehkitz Rica liebt ihre Ziehmutter Manuela Giannetti. Die hat einen kleinen Wildtier-Aufzucht-Führer geschrieben.

Foto: Inga Sprünken

Neugierig beäugt sie die Besucher, aber nur wenn ihre Zieh-Mutter ihr mit ihrer Nähe Sicherheit gibt: Rica ist noch kein Jahr alt, aber sieht schon recht erwachsen aus. Sie ist ein Reh, das am 1. Mai 2020 geboren wurde und im Garten von Manuela Giannetti lebt, „solange es möchte“. Die ehemalige Leiterin der Naturschule Aggerbogen betreibt in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) eine Wildtierauffangstation im Garten ihres Mehrgenerationenhauses. Außer Rica leben dort noch ihre beiden Katzen und ein Marderpärchen, das aber der Enkelin der 65-Jährigen gehört.

„Vergangenes Jahr habe ich viele Tiere bekommen“, erzählt die seit zwei Jahren pensionierte Pädagogin, die schon während ihrer aktiven Zeit in der Naturschule die dort abgegebenen Igel, Eichhörnchen und Nager zu Hause großgezogen oder gesund gepflegt hat. Diese Tradition führt sie seither fort und möchte andere Menschen ermutigen, es ihr gleichzutun. Darum hat Gianetti ein gerade erschienenes kleines Sachbuch verfasst.

Das Ziel: Die Tiere aussetzen

„Die kleinen Wilden“ lautet der Titel der Anleitung zur Aufzucht von wilden Kleinsäugern. Denn das ist kein einfaches Geschäft, woraus die Biologin auch keinen Hehl macht. „Sie sollten auch wissen: Die Aufzucht von Jungtieren ist schwierig und mit einer nicht unerheblichen Sterbequote verbunden“, schreibt sie in der Einleitung.

Trotzdem ist es für sie „das ganz große Glück“, wenn die Tiere durchkommen. Dabei ist es ihr Ziel, ihre Schützlinge wieder auszuwildern. „Bei Eichhörnchen, Igeln, Mardern und Bilchen ist das recht einfach“, erzählt Gianetti. Manche Tiere, wie etwa Kaninchen oder das Reh, werden aber so zahm, dass das nicht mehr gelingt. So leben zwei mit der Flasche groß gezogene Kaninchen inzwischen bei ihrer Tochter.

Urlaub für das Reh abgesagt

Die kleine Rica war ein besonders schwieriger Fall. „Sie wurde mir von einem Förster gebracht. Kinder hatten sie angefasst und die Mutter sie nicht mehr angenommen“, erzählt die Biologin. Sie wollte das Tierchen zunächst nicht aufnehmen, denn die Aufzucht von Rehen ist eine Herausforderung. „Nehmen Sie niemals ein Reh“, rät sie daher auch in ihrem kleinen Aufzucht-Führer.

Nicht nur die Sterblichkeit sei groß – zwei weitere, die ihr gebracht wurden, nachdem sich Privatpersonen an der Aufzucht versucht hatten, verstarben –, sondern auch der Zeitaufwand. Alle zwei Stunden müssen die Minis die Flasche kriegen. Rica ist dabei so stark auf ihre Zieh-Mutter geprägt, dass sie sich ausschließlich von ihr füttern ließ. So musste Giannetti sogar ihren geplanten Urlaub absagen, da das Tier sonst verhungert wäre.

Buch soll „Hilfe zur Selbsthilfe“ sein

„Nach sechs Monaten fangen sie an, normal zu fressen“, erzählt die Zieh-Mutter. Nach wie vor sei sie aber ein schlechter Fresser. „Am liebsten mag sie süße, rote und kernlose Weintrauben, Datteln und Bananen“, sagt die Autorin, die bei der Aufzucht der Wildtiere von ihren beiden Enkelinnen unterstützt wird.

In dem Büchlein, in dem sie „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten möchte, stellt sie im Jahresverlauf den Nachwuchs der Tiere vor. „Die Feldhasen machen ab Januar den Anfang, die Igel sind die letzten im Jahr“, sagt Giannetti, die ein gesondertes Kapitel den Rehen gewidmet hat. Die Dankbarkeit der „Kleinen Wilden“ kennt indes keine Grenzen. Während sie schrieb, lag Rica zu ihren Füßen in der Küche auf dem Teppich.

„Kleine Wilde – Hilfe für Säuger in Not“, 19,95 Euro, erhältlich in der Wildtierauffangstation sowie auf www.nabu-rhein-sieg.de/wildtier-auffangstation

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