CBT Altenheim St. Monika Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Seniorenheim in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Die Stadt Sankt Augustin hat Strafanzeige gegen das CBT Wohnhaus gestellt, in dem insgesamt 14 Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus verstorben sind. Die beschuldigte Trägergesellschaft ist zu einer Kooperation bei den Ermittlungen bereit.

Das CBT-Wohnhaus St. Monika in Sankt Augustin.

Das CBT-Wohnhaus St. Monika in Sankt Augustin.

Foto: Dylan Cem Akalin

Schwere Zeiten für das CBT-Altenheim St. Monika in Sankt Augustin. Das Wohnhaus, das Pflegebereich und Betreutes Wohnen an der Husarenstraße anbietet, hat bislang nicht nur 14 Tote im Zusammenhang mit Corona zu beklagen. 37 Bewohner waren positiv auf Sars-Cov-2 getestet worden, 56 Mitarbeiter waren aufgrund eines positiven Tests oder wegen enger Kontakte zu Erkrankten in Quarantäne, 33 von ihnen sind es immer noch. Zwischenzeitlich musste der Katastrophenschutz des Rhein-Sieg-Kreises die Versorgung der Menschen übernehmen, die Stadt Sankt Augustin sorgte für freiwillige Helfer. Jetzt ist die Staatsanwaltschaft Bonn in den Fall involviert.

Wie Staatsanwalt Dr. Sebastian Buß auf Anfrage bestätigte, habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. Die Strafanzeige vom 16. April habe die Stadt Sankt Augustin gestellt. Es gehe inhaltlich um Verstöße im Zusammenhang mit der Corona-Krise, sagte Buß. Parallel habe sich der Anwalt der beschuldigten CBT- Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH bei der Staatsanwaltschaft gemeldet und deren Kooperation bei den Ermittlungen signalisiert.

Ali Dogan, Rechtsdezernent und Operativer Leiter des Krisenstabs bei der Stadt Sankt Augustin, bestätigte dem GA auf Anfrage, dass die Stadt Anzeige gestellt habe. „Zunächst einmal möchte ich nochmals unterstreichen, was Bürgermeister Klaus Schumacher schon mehrfach gesagt hat: Unsere ausdrückliche Anteilnahme gilt den Familien, die Angehörige verloren haben.“ In Sankt Augustin sind bis Donnerstag 15 Menschen in Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion gestorben. 14 von diesen waren Bewohner des CBT-Wohnhauses St. Monika, so Dogan. „Der Altersdurchschnitt der CBT-Bewohner betrug 86 Jahre, es waren also alles hochbetagte Menschen mit Vorerkrankungen. Trotzdem beklagen wir jeden Einzelnen, der an SARS-CoV-2 verstirbt.“

Im Rahmen ihrer Ordnungsamtsarbeit seien der Stadt bereits nach dem 1. April Informationen von einer Mitarbeiterin von CBT und einem Ehemann einer weiteren Mitarbeiterin zugetragen worden, „die – sollten sie zutreffen – aus unserer Sicht einen Anfangsverdacht begründen könnten, dass Straftatbestände erfüllt sind. Aufgrund Rechtsstaatsprinzips sind wir als Behörde bei solchen Vorwürfen gehalten, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Ob an den Vorwürfen etwas dran ist, wissen wir nicht. Das ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden. Eine eigene Aufklärung können und dürfen wir als Stadtverwaltung nicht vornehmen.“

(Dieses Video entstand in einer Kooperation aus WDR und GA.)

Eine Kopie der Strafanzeige sei sowohl an den Landrat, als auch an die CBT-Geschäftsführung versandt worden. Am Dienstag wurden zudem die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat in einer nichtöffentlichen Mitteilung über diesen Umstand informiert. „Heute hat uns auch die Staatsanwaltschaft in der Angelegenheit kontaktiert mit der Bitte, weitere Informationen beizubringen. Selbstverständlich unterstützen wir die Staatsanwaltschaft im gesamten Verfahren nach bestem Können, damit der Sachverhalt lückenlos aufgeklärt wird“, so Dogan.

Unterdessen hat sich der Rhein-Sieg-Kreis von der Betriebsleitung des Altenheims schriftlich über die Maßnahmen berichten lassen. Die CBT hat nach GA-Informationen in dem 20-seitigen Bericht für den Rhein-Sieg-Kreis detailliert mit Datum und Uhrzeiten aufgelistet, was sie genau wann gemacht hat. Danach sollen am 28. März erste Symptome bei den Bewohnern aufgetreten sein, woraufhin ein behandelnder Arzt hinzugezogen worden sei und Abstriche genommen habe. „Wir haben am 31. März die Meldung über den ersten positiven Fall in Sankt Monika direkt vom Labor bekommen - so, wie das der normale Weg ist“, sagte Rita Lorenz, Sprecherin des Rhein-Sieg-Kreises auf Anfrage. „Aus dem Schreiben gibt es keinen Anlass für ein Tätigwerden der Heimaufsicht nach dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG).“

Nach Ansicht des Kreises hätten die Infektionen im Wohnhaus Sankt Monika so um sich greifen können, „da das Ausmaß der Infektion zu spät erkannt wurde. Mit Bekanntwerden der Infektionen sind sofort in großem Maße Abstriche vorgenommen worden; das weitere Verfahren richtete sich dann nach den Empfehlungen des Robert Koch-Institutes“, so Lorenz weiter.

„Im Wohnhaus St. Monika gab es bis Ende März 2020 keine Hinweise auf Corona-Infektionen“, betonte Annette Zang, Sprecherin der CBT - Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH in Köln. „Die Betreuungsstandards zur Vermeidung von Infektionen waren strikt eingehalten worden. Als eine Bewohnerin erste Symptome zeigte, wurde sofort der Notarzt hinzugezogen und nachfolgend ein Covid-19 Test veranlasst. Die zuständigen Behörden wurden unverzüglich eingebunden. Die Hausleitung informierte am 31. März die Stadt Sankt Augustin und erbat Unterstützung vom Krisenstab. Der Leiter des Krisenstabes unterrichtete noch am selben Tag den Landrat. Tests sämtlicher Mitarbeiter und Bewohner wurden umgehend veranlasst und am 2. April durchgeführt. Ein zweiter Abstrichtermin für Mitarbeiter erfolgte am 8. April.“

Nach GA-Informationen gibt es die Vermutung, dass Mitarbeiter trotz Symptomen, trotz ausgewiesener KP1-Kontakte, teilweise sogar trotz positiver Abstrichergebnisse weitergearbeitet haben sollen. Bei der Quarantäne-Überprüfung durch das Ordnungsamt hätten Mitarbeiter erklärt, sie seien von ihrer Arbeitsgeberin angerufen und mit der Androhung einer fristlosen Kündigung aufgefordert worden, zur Arbeit zu erscheinen – obwohl positive Testungen und sogar Symptome vorlagen. Mitglieder des Augustiner Rats wollten sich mit Hinweis auf die Vertraulichkeit der Informationen nicht öffentlich zu den Darstellungen äußern. Einzig der Fraktionsvorsitzende der Linken, Krishna Koculan, sagte, die Hinweise seien von solch immanenter Bedeutung, dass er sich nicht an die Schweigeverpflichtung halten werde. Er äußerte sich auch über Facebook dazu. Die E-Mails der Mitarbeiter seien auch an die Fraktionen gegangen. „Danach wurden Mitarbeiter mit der Androhung der fristlosen Kündigung gezwungen, die Quarantäne aufzugeben und zu arbeiten“, so Koculan.

„Der Geschäftsführung sind zwischenzeitlich Vorwürfe gegen die Hausleitung bezüglich des Umgangs mit Mitarbeitern und Schutzausrüstung bekannt geworden, die derzeit intensiv geprüft werden“, so Zang. „Die bisherigen Recherchen zeigen, dass die Einrichtungsleitung alle notwendigen Maßnahmen ergriffen hat. Gleichwohl wird die CBT die Vorwürfe weiter aufklären. Überdies hat die Geschäftsführung die Vorwürfe gestern der Staatsanwaltschaft kommuniziert. Diese Maßnahme ist angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit aus unserer Sicht der unvermeidliche, gleichwohl bedauernswerte Schritt zur Objektivierung der Diskussion.“ Die CBT sei Träger von insgesamt 22 Einrichtungen im Rheinland und verfüge über ein Qualitätsmanagement, „das sich seit Beginn der Pandemie intensiv mit allen relevanten Themen und Fragestellungen auseinandersetzt und einen standortübergreifenden Erfahrungsaustausch sicherstellt“, so Zang weiter.

Bei der Feststellung einer möglichen Corona-Infektion eines Mitarbeiters gibt es indes eine datenschutzrechtliche Hürde. Das normale Verfahren sieht so aus: Wenn ein Patient bei seinem Hausarzt einen positiven Befund eines Abstrichs bekommt, dann bekommt das Kreisgesundheitsamt, sofern man in im Rhein-Sieg-Kreis wohnhaft ist, das Ergebnis. Das Kreisgesundheitsamt verfügt für diese Person dann eine Quarantäne. Das örtliche Ordnungsamt bekommt zudem einen Hinweis. Wenn der Betroffene sich bei seinem Arbeitsgeber aber einfach nur ohne Hinweis auf eine Corona-Infektion krank meldet, weiß der Arbeitgeber nicht, dass er einen Sars-Cov-2-Fall in seinem Betrieb hat. Das verhindert der Datenschutz.

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