Verein für Jugendarbeit in Sankt Augustin Stadt beklagt zu wenig Mitsprache und mangelnde Transparenz

Sankt Augustin · Sankt Augustin will den Vertrag mit dem von ihr gegründeten Verein zur Förderung städtischer Jugendeinrichtungen kündigen und die Jugendarbeit wieder selbst in die Hände nehmen. Verein hat offenbar ein zu starkes Eigenleben entwickelt. Zudem soll der Vorstand zerstritten sein.

Es ist ein wahrer Paukenschlag im Verhältnis zwischen der Stadt und ihrer Jugendarbeit, der sich anbahnt: In der kommenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses am Mittwoch, 27. Juni, wird die Verwaltung vorschlagen, den bis zum Jahresende 2019 laufenden Vertrag mit dem von ihm gegründeten Verein zur Förderung der städtischen Jugendeinrichtungen in Sankt Augustin (FSJA) sofort zu kündigen. Die Gründe: In der Zusammenarbeit mangele es an Transparenz, an der Möglichkeit der Mitbestimmung über den Kurs und die bereitgestellten Gelder. Nicht aber mangele es an Meinungsverschiedenheiten.

So ist es in der am Freitag veröffentlichten Sitzungsvorlage der Verwaltung zu lesen, unterzeichnet vom zuständigen Beigeordneten Ali Dogan. Er betont: „Es geht bei dem Antrag ausdrücklich nicht darum, die Angebote in der Jugendarbeit zu streichen. Wir würdigen auch ausdrücklich die Arbeit unserer Mitarbeiter im Verein. Es soll und wird zu keinem Schaden der Mitarbeiter im Verein kommen.“

1999 war der Verein nach einstimmigem Beschluss der Politik im Jugendhilfeausschuss gegründet worden – ein Outsourcing, dass eine flexiblere Steuerung sowie die Akquise von Drittmitteln für die Jugendarbeit ermöglichen sollte. 2001 gab es einen ersten Vertrag zwischen Stadt und Verein, der 2007, 2009 und zuletzt 2014 für die Dauer von fünf Jahren verlängert wurde. Ergänzt wurde das Vertragswerk mit mehreren Leistungsvereinbarungen, deren Inhalt bislang – anders als ursprünglich vorgesehen – nicht öffentlich debattiert worden ist. Von einer Art Förderverein entwickelte sich der FSJA zum Träger von Jugendangeboten, die in städtischen oder von der Stadt angemieteten Liegenschaften stattfinden, darunter das Jugendzentrum Mülldorf, der Abenteuerspielplatz, die Jugend-Cafés Eden und Leger, Angebote in der Stadtteilwohnung Niederpleis oder Streetwork.

Die jüngste Leistungsvereinbarung zwischen Stadt und Verein, habe man kurz vor Weihnachten 2017 unterschrieben, oder eher unterschreiben müssen, war aus dem Umfeld des Vereins zu erfahren: Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Stadt und Verein drohte zu eskalieren.Ohne Unterschrift unter die Vereinbarung hätten bereits im Januar 2018 zahlreiche Angebote des Vereins eingestellt werden müssen. Insgesamt habe sich seit der Gründung des Vereins, so steht es in der Sitzungsvorlage, Veränderungen an gesellschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen „ergeben, die nicht in den schriftlich fixierten Regelwerken Einfluss gefunden haben oder finden konnten. Diese führen regelmäßig zu Auslegungsfragen und/oder einem Dissens zwischen den Vertragspartnern.“

Vorstand des Vereins mit hochrangiger Lokalpolitik besetzt

Anders gesagt: In den bald 20 Jahren hat sich der Verein anders entwickelt, als es die Stadt vorsah, ohne den Kurs zu korrigieren. Und das, obwohl der Vorstand des Vereins mit hochrangiger Lokalpolitik besetzt ist: der Jugendhilfeausschussvorsitzende Denis Waldästl (SPD) ist per Satzung zugleich FJSA-Vereinsvorsitzender. Monika Schulenburg (Grüne) ist zweite Vorsitzende, die frühere Jugendhilfeausschussvorsitzende und ehemalige FDP-Ratsfrau Anne-Kathrin Silber-Bonz ist Kassiererin.

Zudem sitzen die Ratsmitglieder Claudia Feld-Wielpütz (CDU), Andreas Gosemann (CDU) und Marc Knülle (SPD) gemeinsam mit dem städtischen Mitarbeiter und FSJA-Geschäftsführer Andreas Kernenbach im Vorstand. Selbst innerhalb des Vorstandes soll es nach Informationen des General Anzeigers zu heftigem Streit gekommen sein, unter anderem über die Offenlegung der Finanzen, den Umgang mit Transparenz, aber darum, welche Angebote welcher Träger mit wie viel Geld bedacht werden sollten.

Auf Nachfragen des General Anzeigers wollten sich zwei Vorstandsmitglieder, die am Donnerstagnachmittag überhaupt für die Presse erreichbar waren, in Unkenntnis der Sitzungsvorlage die Aussagen weder bestätigen noch dementieren. Man bedauere die Entwicklungen, war hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, und man hätte sich eine andere Lösung des Problems gewünscht. Mit der frühzeitigen Kündigung des Vertrags wolle sich die Stadt nach vergebenen Bemühungen in eine neue Verhandlungsposition bringen, um anderthalb Jahre vor Auslaufen des Vertrags frühzeitig die Weichen stellen zu können, so der städtische Beigeordnete in seiner Vorlage.

Neben transparenten Organisationsstrukturen und verlässlichen Kooperationsbeziehungen auf Augenhöhe solle die Richtungskompetenz des Vereins wieder in den Händen von Stadt und Jugendhilfeausschuss liegen. Ferner sollen die seit 1997 kaum veränderten Richtlinien zur Förderung aller offener Kinder- und Jugendangebote freier Träger zum 31.Dezember 2019 außer Kraft gesetzt und rechtzeitig durch ein neues, zeitgemäßes und bedarfsgerechtes Regelwerk ersetzt werden. Damit stehen alle städtischen Förderungen zu den Angeboten freier Träger inhaltlich, aber auch finanziell auf dem Prüfstand.

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