Neubau des maroden Bauwerks wäre unbezahlbar Stadt Sankt Augustin reißt Unterführung am Narzissenweg ab

Sankt Augustin · Die Unterführung am Narzissenweg in Sankt Augustin wird abgerissen. Die Stadt soll aber weiter prüfen, ob es nicht einen ebenerdigen Bahnübergang an gleicher oder naheliegender Stelle geben kann.

 Seit Frühjahr 2020 ist die Unterführung am Narzissenweg gesperrt und wird jetzt abgerissen. Die Lücke und die Treppenanlage werden verfüllt.

Seit Frühjahr 2020 ist die Unterführung am Narzissenweg gesperrt und wird jetzt abgerissen. Die Lücke und die Treppenanlage werden verfüllt.

Foto: Thomas Heinemann

Für die seit Frühjahr 2020 gesperrte und rund 100 Jahre alte Unterführung zwischen dem Narzissenweg und der Dietrich-Bonhoeffer-Straße in Sankt Augustin ist nun die Entscheidung für einen Abriss gefallen. Die Stadt soll, so der Auftrag des Mobilitätsausschusses, weiterhin mit Nachdruck prüfen, ob an gleicher oder anderer Stelle zwischen den Bahnübergängen Am Lindenhof und Südstraße eine neue, ebenerdige Querung der Bahntrasse ermöglicht werden könnte.

Leicht hatte sich die Politik ihre Entscheidung nicht gemacht: Seit Monaten rangen die Ratsfraktionen um Informationen, wie es tatsächlich um den Zustand und die Lebensdauer der bröckelnden Unterführung bestellt ist. Kritik gab es auch an einer Vertragsvereinbarung zwischen dem Rhein-Sieg-Kreis und den Elektrischen Bahnen der Stadt Bonn aus dem Jahr 1972, welcher die „Unterhaltungslast“ der Stadt auferlegte.

Die Unterführung zu unterhalten, notfalls zu ersetzen oder abzureißen, ist alleinige Pflicht der Stadt

Nach mehrmonatiger Beratung, Fragenkatalogen der Parteien und schließlich einem Beschluss im November 2021 wurde der Vertrag noch einmal gründlich vom Rechtsdienst unter beim Ersten Beigeordneten Ali Dogan und einem externen Rechtsgutachter überprüft. Hinterfragt wurde auch, ob der Bahnbetreiber oder der Rhein-Sieg-Kreis sich an den Kosten von Baumaßnahmen beteiligen müssten – allerdings mit immer gleichem Ergebnis: Die Stadt ist allein in der Pflicht, das Bauwerk zu unterhalten und notfalls zu ersetzen oder abzureißen.

Letzteres ist nun beschlossen worden: Für einen Ersatzneubau aus einem Beton-Rahmenbauwerk mit 50 Zentimeter starken Wänden hätten nicht nur rund 50 Quadratmeter zweier angrenzender Privatgärten genutzt werden müssen. Auch die Baukosten wären aufgrund einer langen Bauzeit und des dafür notwendigen Schienenersatzverkehrs mit vier bis 5,6 Millionen Euro um ein Vielfaches teurer als der Abriss und die Verfüllung, deren Kosten mit 1,25 bis 1,75 Millionen Euro ermittelt wurde.

Zudem hat die Verwaltung die Hoffnung, Fördermittel für den Abriss nutzen zu können und damit die Belastung der klammen Stadtkasse auf 1,29 Millionen Euro oder bestenfalls, wenn auch der Schienenersatzverkehr gefördert würde, auf 590 000 Euro zu reduzieren. Während ein Abriss auch das Risiko von Folge- und Unterhaltungskosten abwendet, bleiben die Probleme: Die Umwege über die beiden Bahnübergänge in Mülldorf sind lang und Am Lindenhof aufgrund der Bebauung und schmaler Gehwege für Eltern mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollatoren unzumutbar, zeigte sich die Politik im Mobilitätsausschuss einig.

„Gehwege in der Ortslage sind zu verbreitern, Verbreiterung aber ohnehin erforderlich“, so der Hinweis der Verwaltung zur Barrierefreiheit an der Mülldorfer Engstelle. Bei Claudia Feld-Wielpütz (CDU) warf das die Frage auf: „Wie soll das realisiert werden?“ Eine Antwort dazu gab es in der Sitzung nicht.

Nicht thematisiert wurden auch die Ergebnisse der juristischen Prüfungen, die zusammen mit der Vorberatung des Tagesordnungspunktes in Videokonferenzen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. „Es ist an der Stelle alternativlos“, so Feld-Wielpütz mit einem dicken Aktenordner an Unterlagen zur Unterführung in der Hand: „Es ist rauf- und runtergeprüft, das können wir jetzt mit Fug und Recht belegen.“

Auch SPD-Ratsmann Sascha Bäsch sah das Thema als „erschöpfend diskutiert – wir hätten gern die Querungsmöglichkeit an der Stelle erhalten, das ist aber im Moment so nicht möglich“. Denn, wie berichtet, eine ebenerdige Querung an gleicher Stelle würde nach aktueller Auffassung der Behörden und Richtlinien zwar mehr Komfort und mehr Barrierefreiheit bringen, aber eine Verschlechterung des Sicherheitsniveaus gegenüber einer Unterführung bedeuten. „Diese Regelung könnte auch in drei, vier oder fünf Jahren kippen“, berichtete Grünen-Fraktionschef Martin Metz. Die Regel aus den 1970er-Jahren, die eine Straßenbahn mit eigenem Gleiskörper wie eine Bundesbahn behandele, sei aus der Zeit gefallen, aber der aktuell laufende Prozess des Umdenkens noch nicht bei diesem Thema angekommen.

Streit trotz einstimmigem Tenor

Trotz einstimmigem Tenor der Vorbesprechung gab es am Ende noch einmal Streit, nachdem die SPD kurzfristig beantragt hatte, beim Rückbau der Unterführungen bereits Bauvorbereitungen für einen eventuell in Zukunft kommenden ebenerdigen Bahnübergang an gleicher oder benachbarter Stelle zu berücksichtigen.

Ob es überhaupt einen solchen Übergang geben könnte, zweifelte Karl-Heinz Schütze (FDP) mit Verweis auf die technischen Besonderheiten des Straßenbahnverkehrs auf diesem Streckenabschnitt hin: „Ergebnis der Prüfung wird sein, dass sich die SSB mit Händen und Füßen dagegen wehren wird, weil die Geschwindigkeit der Bahn dann dort deutlich reduziert werden müsste.“

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