In der Mülldorfer Studiobühne Ulrich Henke betreibt Kuschelkino mit Wohlfühl-Atmosphäre

SANKT AUGUSTIN · Wenn bei den alten analogen Filmrollen das Band riss, dann stoppte die Vorführmaschine normalerweise und die Endstücke konnten geklebt werden. "Einmal passierte es, dass die Maschine nicht anhielt und der ganze Filmsalat entrollte sich in der Vorführkabine", erinnert sich Ulrich Henke, Inhaber des Studio-Kinos in Sankt Augustin-Mülldorf.

 Dicke Kinosessel und Beinfreiheit: Ulrich Henke im Saal des kleinen Mülldorfer Kinos.

Dicke Kinosessel und Beinfreiheit: Ulrich Henke im Saal des kleinen Mülldorfer Kinos.

Foto: Holger Arndt

Inzwischen laufen auch im wohl kleinsten Kino der Region die Filme digital ab. Der Beamer ersetzte den alten Projektor, der nun im Biergarten des Kinos als Blumentopf dient.

Den Charme der guten alten Kinozeit und die kleinen Pannen hat sich das Kino an der Bonner Straße 68 jedoch erhalten. Auch die moderne Technik läuft nicht immer reibungslos. Doch das verzeihen die Besucher des Studiokinos gerne, denn statt in einem riesigen Kinosaal sitzen sie in Sankt Augustin in einem Kinowohnzimmer, samt Teppich, Beistelltischchen und Ledersitzen mit Anlehnkissen. Die 28 Plätze sind mit ausgeschnittenen Buchstaben und Zahlen an der Wand gekennzeichnet.

Alles hat eine persönliche Note, was vor allem an Betreiber Henke selber liegt, der das Kino und die angeschlossene Kino-Kneipe nach seinen Vorstellungen gestaltete. Als er 1993 das damalige Kino "Filmriss" von seinem Vorgänger übernahm, ging ein Traum für ihn in Erfüllung.

Schon ein paar Jahre zuvor hatte er mit der Nachbarschaft das Trickfilmfestival gegründet. Sankt Augustin sollte nicht auf den Zauber guter Filme verzichten müssen und auch nicht auf den Kuschelkfaktor des Kinos. In der ebenso gemütlichen Kinokneipe erinnern Dutzende Filmplakate an Kultfilme der 90er. Bücherstapel, Gemälde und eine Jukebox fügen sich nahtlos in die Szenerie ein. Dazu kommen Strandkörbe, Kinosessel, Ledersofas und Holzmöbel als Sitzgelegenheiten.

Früher trafen sich hier die Oberstufenschüler des Gymnasiums, erzählt der pensionierte Realschullehrer für Kunst und Englisch. "Durch das Internet hätten solche Treffpunkte an Bedeutung verloren", ergänzt er. Zudem säßen Kinder und Jugendliche heute bis nachmittags in der Schule, was auch dazu führe, dass es keine Kinderfilme mehr um 15 Uhr gäbe.

Daran erinnern nur noch Filmplakate wie Pocahontas oder Harry Potter, dessen Bild groß im Eingangsbereich zu sehen ist. Die Kinopremiere von Harry Potter im Jahr 2001 sorgte für einen Ansturm auf das kleine Kino. "Viele große Kinos waren bereits ausverkauft und wir machten drei Vorstellungen am Tag, um den Kartenanfragen gerecht zu werden."

Inzwischen ist das Kino mit seinen Besuchern erwachsen geworden. Die aktuellen Stammkunden seien "aus dem Gröbsten" raus, erzählt Henke augenzwinkernd. "Deren Kinder sind alt genug, dass man sie allein lassen kann." Er passe aber auch auf Handys auf, wenn Eltern Sorgen hätten, dass die Schützlinge anriefen. Bei der persönlichen Beziehung zu seinen Kunden und dem Kino wundert es nicht, dass die Sankt Augustiner Filmfans ihn auffordern, dabei zu bleiben. "Ich liebe den Job, keine Vorführung ist wie die andere, aber es bleibt nun einmal ein One-Man-Job", urteilt Henke.

Mit neuen Projekten steht er jedoch schon in den Startlöchern. Wie in den letzten Jahren wird das Studio-Kino am Festival "Nahaufnahme" teilnehmen. Diesen Herbst dreht sich das regionale Festival um das Thema Inklusion. "Inzwischen gibt es Apps, die Blinden und Hörgeschädigten den Kinobesuch ermöglichen sollen, mit Sprachaufnahmen über Kopfhörer und Untertiteln auf dem Smartphone", erzählt der 66-Jährige begeistert.

Neue Vorführtechnik wünscht sich Henke zudem für sein kuscheliges Kino, damit die Filmauswahl nicht durch technische Vorgaben begrenzt wird. "Vor allem soll das Studiokino aber ein komfortables Kino bleiben, in dem man sich wohlfühlt", bringt es der Inhaber auf den Punkt.

Reihe im September: Das Schweizer Filmkunstfestival

Von Freitag, 19. September, bis Sonntag, 21. September findet im Studiokino in Mülldorf an der Bonner Straße das Schweizer Filmkunstfestival statt. Es werden insgesamt zehn Schweizer Filme gezeigt, davon sechs Premieren. Der Eintritt zu den einzelnen Filmen kostet 7,50 Euro, 35 Euro für alle Filme. Kartenreservierungen unter der Rufnummer 02241/330151. Weitere Informationen auf www.schweizer-filmkuntsfestival.de, www.studiokino.de.

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