Landgericht in Bonn Urteil nach Bissattacke von Polizeihund

Bonn/Sankt Augustin · Ein dreijähriger Polizeihund griff die Frau eines Hundeführers der Bundespolizei in Sankt Augustin überraschend beim Frühstück an und entstellte sie für den Rest ihres Lebens. Vor Gericht erzielte die Klägerin nun einen Vergleich.

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Die schrecklichen Erinnerungen an den Morgen des 17. Dezember 2015 waren der 45-jährigen Klägerin noch so präsent gewesen, dass sie im Zivilprozess keine Worte fand: „Es ist, als wäre es gestern gewesen“, stammelte die Ehefrau eines Hundeführers der Bundespolizei und versteckte ihre linke Gesichtshälfte hinter einem breiten Schaltuch. Dann weinte sie. Keiner sollte ihre Verletzungen im Gesicht sehen, die ihr durch den Biss eines Polizeihundes zugefügt worden waren. Auch über Details wollte sie nicht mehr sprechen. Drei Jahre nach dem dramatischen Vorfall hatte sie vor dem Bonner Landgericht Klage eingereicht.

Der Fall endete jetzt mit einem Vergleich, wie Gerichtssprecher Tobias Gülich am Montag mitteilte. Demnach verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin knapp 24.500 Euro Schmerzensgeld zu zahlen – die Hälfte der von ihr ursprünglich geforderten Summe von 50.000 Euro. Die Dienstherrin der Bundespolizei hatte bereits im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens die Haftung für das Tier anerkannt und freiwillig 12.500 Euro bezahlt.

Aber das war der Klägerin zu wenig gewesen. In der Klage forderte sie die restlichen 37.000 Euro. Immerhin seien die Folgeschäden durch die unerwartete Hundeattacke gravierend.

Der damals dreijährige belgische Schäferhund, ein Malinois, der als ausgebildeter Polizeihund – per Tiervertrag – unter dem Dach des Hundeführers lebte, war ihr lange vertraut gewesen. Mit so einem direkten Angriff während des Frühstücks hätte die 45-Jährige nie gerechnet. Der Hund hatte ihr regelrecht Stücke aus Wange und Lippen gebissen, die sie noch geistesgegenwärtig aufsammelte und auf Eis kühlte. Als ihr Ehemann eine Stunde später erschien, wurde der Diensthund eingeschläfert.

Trotz mehrfacher Operationen sei sie um den Mund durch Narben entstellt, hatte die Klägerin vorgetragen. Auch könne sie die Lippen nicht mehr richtig schließen, das Gesicht sei asymmetrisch, das Lächeln schief. Zudem habe sie sich Monate nach dem Vorfall wegen massiver Angstattacken therapeutisch behandeln lassen müssen. Seit April 2017 ist sie zudem arbeitsunfähig.

Die Bonner Kammer hielt die für den Hundebiss bereits vom Bund gezahlte Summe für „angemessen“ und hatte als Vergleich nur weitere 5000 Euro vorgeschlagen. Denn obwohl „die gravierenden Folgen kaum in Geld zu bemessen sind“, sagte der Kammervorsitzende Stefan Bellin, sei es an der Klägerin zu beweisen, dass die posttraumatischen Störungen allein durch diesen Vorfall ausgelöst worden seien. Mit anderen Worten: Ein aufwendiges, teures Gutachten müsste eingeholt werden.

Aber für die Klägerin wäre das der erneute „Horror“ gewesen. Um den Fall schnell abzuschließen, haben die Rechtanwälte beider Parteien im Sinne der Klägerin nachverhandelt. Mit dem rechtskräftigen Vergleich sind nun auch sämtliche Schäden der Frau abgegolten.

AZ: Landgericht Bonn 1 O 364/18

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