Zukunft der katholischen Kirche Was macht die Bewegung Maria 2.0 in Sankt Augustin?

Sankt Augustin · Aktivistinnen von Maria 2.0 rufen zu Veränderung in der katholischen Kirche auf. Während der Corona-Pandemie wurde es ruhiger um sie. Zu den Aktionswochen im Rheinland organisierten in Sankt Augustin engagierte Frauen nun eine Wortgottesfeier.

 Elisabeth Becker und Elisabeth Bungartz (Diözesanvorsitzende Kfd Köln), zwei der Organisatorinnen der Wortgottesfeier von Maria 2.0.

Elisabeth Becker und Elisabeth Bungartz (Diözesanvorsitzende Kfd Köln), zwei der Organisatorinnen der Wortgottesfeier von Maria 2.0.

Foto: Christine Siefer

„Wir wollen gesehen werden und Aufmerksamkeit erzeugen“, sagte Elisabeth Becker, kurz vor Beginn der Wortgottesfeier auf der „Domplatte“ vor der Pfarrkirche St. Anna in Sankt Augustin-Hangelar. Daher hätte sich das Organisationsteam bewusst für eine Open-Air-Veranstaltung entschieden, direkt an der Kölnstraße. „Frauendiakonat weltweit“ - so lautet in diesem Jahr das bundesweite Motto zum Tag der Diakonin, zu dem die katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) eingeladen hat. Viele der in Sankt Augustin engagierten Frauen der kfd sind auch Teil der Initiative Maria 2.0, die sich ebenfalls für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der katholischen Kirche und den Zugang von Frauen zu allen Diensten und Ämtern stark macht.

33 Gläubige waren dem Aufruf gefolgt und bildeten einen großen Stuhlkreis direkt vor den Kirchenmauern. Bei schlechtem Wetter hätten sie auch in die Kirche ausweichen können, erklärte Becker und ergänzte, „das örtliche Seelsorger-Team hat uns bisher stets geholfen und unterstützt“. Von der Offenheit der Sankt Augustiner Gemeinde zeugt auch die Regenbogenflagge, die unübersehbar am großen Fahnenmast vor der Kirche gehisst ist. Eine wertschätzende Haltung und Anerkennung selbstbestimmter Sexualität ist eine der Forderungen von Maria 2.0.

Kirche und Geschlechtergerechtigkeit

Die liturgische Eröffnung klang passend ungewöhnlich: „Wir sind versammelt im Namen Gottes, uns Vater und Mutter.“ Elisabeth Becker begrüßte die Anwesenden 30 Frauen und drei Männer: „Wir sind hier versammelt, um uns und unsere Kirche auf dem Weg hin zur Geschlechtergerechtigkeit zu stärken und zu ermutigen; wir wollen miteinander beten, singen und auf Gottes Wort hören.“ Für Letzteres bot sich das Evangelium nach Markus an, indem von einer namenlosen Frau die Rede ist, die Jesus unmittelbar vor seinem Leidensweg mit kostbarem Öl salbte, was ihr Unverständnis und Häme einbrachte. Ihre Rolle zog sich als roter Faden durch die Liturgie des Abends. Frauen, die unerschrocken für das eintreten, was sie für richtig empfinden, seien moderne Prophetinnen. Einige von ihnen wurden in der liturgischen Feier genannt. Darunter Carola Rackete, Kapitänin der Sea Watch, die zahlreiche Geflüchtete vor dem Ertrinken rettete oder Greta Thunberg. „Ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, einen Unterschied zu machen“, wurde die Gründerin von Fridays for Future zitiert.

Solche Sätze machen auch kleinen engagierten Gruppen wie der in Sankt Augustin Mut. Lisa Kötter, Initiatorin von Maria 2.0, formulierte es so: „Die Kirche hat uns ausgeschlossen vom heiligen Spiel: Also spielen wir draußen, mitten im heiligen Leben. Getauft, berufen, singend, segnend.“ Und das bewiesen auch die Teilnehmenden der Wortgottesfeier auf dem Platz vor St. Anna, trotz frischer Temperaturen und Wind.

Todestag der heiligen Katharina von Siena

Doch nicht nur der Ort, sondern auch der Tag für die Wortgottesfeier waren bewusst gewählt. Der Tag der Diakonin findet traditionell am Todestag der heiligen Katharina von Siena statt. Die Schutzpatronin Europas hatte sich im 14 Jahrhundert bei kirchen-politischen Themen zu Wort gemeldet und eingemischt. Zur damaligen Zeit war das sehr ungewöhnlich; doch auch heute noch würden Frauen in der katholischen Kirche kaum gehört, geschweige denn mit Kirchenämtern betraut: „Es wird zwar mehr darüber gesprochen, verändert hat sich aber noch nichts“, urteilt Elisabeth Becker. Deswegen aus der Kirche auszutreten, kommt für die 60-Jährige dennoch nicht in Frage: „Ich habe die Hoffnung, dass ich von innen etwas bewirken kann.“ Das hat sie mit Schwester Philippa Rath, eine Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim, gemeinsam. Diese wird in der Gottesfeier so zitiert: „Ich bin voller Hoffnung, dass es bald zu einem fruchtbaren Miteinander von Männern und Frauen in der Kirche kommt. Beide Seiten können daraus ja nur gewinnen.“

Der Höhepunkt der Wortgottesfeier war das Salbungsritual. In der Mitte des Stuhlkreises war ein kleiner Altar aufgebaut, auf dem Wattestäbchen und Narden-Öl bereitstanden. Wer wollte, durfte sich selber damit salben. „Auch du bist Prophetin“, hieß es in einem der vorgetragenen Texte. Von Gott berufen zu sein, das steht nicht nur Männern zu – dafür setzen sich Initiativen wie „Maria 2.0“ ein und diese Botschaft sollte auch in Sankt Augustin über die „Domplatte“ schallen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort