Benefiz-Kickerturnier in Sankt Augustin Wenn Kalle einlädt, kommen alle

SANKT AUGUSTIN · Auf dem Sportplatz des SV Birlinghoven trugen Mannschaften der D-, E- und F-Jugend aus der gesamten Region am vergangenen Samstag ein Fußballturnier aus, das Teil der großen Benefizveranstaltung "Sport und Musik hilft Kindern" zugunsten des Vereins "Hypoplastische Herzen Deutschlands", der Jugendabteilung des SV Birlinghoven und des Jugendzentrums Hotti war.

 Großer Tag für kleine Kicker bei der Benefizveranstaltung auf dem Sportplatz Birlinghoven.

Großer Tag für kleine Kicker bei der Benefizveranstaltung auf dem Sportplatz Birlinghoven.

Foto: Paul Kieras

Sechs Mal - seit 2001 - stand das Event, das der Sportkoordinator der JVA Siegburg, Karl-Heinz Lichtenberg, alle zwei Jahre auf die Beine gestellt hat, unter dem Motto "Knackis kicken für Kinder". Das siebte war gleichzeitig sein letztes, weil er Ende des Jahres in den Ruhestand geht.

240 Mädchen und Jungen lieferten sich spannende Begegnungen, bei der D-Jugend stand am Ende der TSV Wolsdorf als Sieger fest, bei der E-Jugend der TuS Oberpleis und bei der F-Jugend der Bonner SC. Die Ehrung der Mannschaften übernahm Ex-Außenminister Klaus Kinkel. Der war nicht der einzige Prominente, den Lichtenberg für seine Großveranstaltung gewinnen konnte. Der JVA-Beamte ist bekannt dafür, dass er bei jeder Gelegenheit Menschen anspricht, ob sie ihn unterstützen. "Das kann überall sein", sagt er, "ich geh einfach auf sie zu."

Hauptsächlich wendet er sich per Telefon oder E-Mail an die von ihm Auserwählten. So erhielt er in diesem Jahr unter anderem Zusagen vom stellvertretenden Geschäftsführer der Sepp-Herberger-Stiftung, Tobias Wrzesinski, der zusammen mit einem alten Bekannten Lichtenbergs, Wolfgang Weber, ehemaliger Profi des 1. FC Köln und Vizeweltmeister von 1966, erschien. Die Schirmherrschaft hatte neben Axel "Bello" Bellinghausen, Fußballprofi bei Fortuna Düsseldorf und gebürtiger Siegburger, Schauspielerin Daniela Schwerdt übernommen.

Zur Unterhaltung der rund 1500 Besucher, die im Laufe des Tages am Sportplatz erschienen, waren unter anderem Boogie-Woogie-Virtuose Stefan Ulbricht, die Mundart Musikgruppe "Jot Drop", die Rockgruppe Just Rock, aber auch Juri Rother - bekannt aus der TV-Show "The Voice of Germany" - sowie Nachwuchs-Schlagersternchen Indra Riva und Sänger Willi Herren angereist. Natürlich ohne Gage.

Von 10 Uhr morgens an ging es über 13 Stunden lang ohne Unterbrechung auf zwei Bühnen rund, angefangen bei der afrikanischen Trommelgruppe von Aidara Seck bis zu Volksmusik der Geininger Oberkrainerklänge. Am Verpflegungsstand sorgte die Siegburger Hunnenhorde dafür, dass der Grill auf Hochtouren lief, für Waffeln, Kaffee und Kuchen war die evangelische Kirchengemeinde Siegburg zuständig. Ehrenamtliche Hilfe erhielt Lichtenberg darüber hinaus von den Johannitern und den Vereinsmitgliedern des SV Birlinghoven.

"Wir sind bereits zum dritten Mal hier", so Lichtenberg und ergänzte: "Eine solche Unterstützung wie in Birlinghoven haben wir bisher nirgendwo bekommen." Ebenfalls im Einsatz waren elf Insassen der JVA und sogar zwölf ehemalige Gefangene. Albert (22), der zurzeit noch in Haft, antwortete wohl stellvertretend für alle auf die Frage, warum er die Veranstaltung unterstützt: "Das mach ich für den Kalle, weil das ein geiler Typ ist." Alle Aktiven hoffen, dass es nach der Ära Lichtenberg weitergeht

Kurz gefragt

Gehen Sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge in den Ruhestand?
Karl-Heinz Lichtenberg: Nur mit einem weinenden. Der Beruf ist mein Leben. Am 30. November 2013 hätte ich schon in den Ruhestand gehen können, aber ich habe verlängert. Das würde ich jetzt gerne noch einmal machen, aber aus familiären Gründen ist das leider nicht möglich. Ich betreue aber weiterhin einmal wöchentlich eine Fußballgruppe.

Was nehmen Sie von Ihrer über 36 Jahre dauernden Arbeit mit?
Lichtenberg: Die Erfahrung, dass man zuhören muss. Die Menschen im Knast, die auf sozialer Ebene ganz unten stehen, haben viel zu erzählen. Außerdem ist es wichtig, Zusagen einzuhalten. Dann fassen die Gefangenen wieder Vertrauen. Außerdem bekommt man von dem, was man gibt, vieles zurück. Es entsteht ein enges Verhältnis. Nur so ist die Arbeit aber auch möglich.

Welches Erlebnis hat Sie tief beeindruckt?
Lichtenberg: Da gab es eine Menge, schließlich habe ich es in meiner Laufbahn mit über 15.000 Gefangenen zu tun gehabt. Aber eins bleibt mir in Erinnerung. Als ich mit einem Gefangenen zu einem Bundesligaspiel nach Kaiserslautern gefahren bin, unternahm er einen Tag später einen Fluchtversuch. Auf meine Frage, warum er die Tour nach Lautern nicht dazu genutzt habe, antwortete er: "Das würde ich bei dir nie machen." Unvergessen bleibt natürlich auch der Foltermord eines Gefangenen durch Mithäftlinge. Da habe ich ans Aufhören gedacht.

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