Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Wie nachhaltig sind Unternehmen?

Sankt Augustin · Eine Gruppe Studierender der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg fährt eine Woche lang per Rad zu Konzernen und überprüft ihre Nachhaltigkeit. Angefahren werden unter anderem die Deutsche Post in Bonn, die Rewe-Gruppe in Köln und C&A in Düsseldorf. Der GA berichtet täglich.

 Mit dem Rad fahren die Studierenden Unternehmen ab, um sie auf ihre Nachhaltigkeit zu testen.

Mit dem Rad fahren die Studierenden Unternehmen ab, um sie auf ihre Nachhaltigkeit zu testen.

Foto: Holger Arndt

Wenn schon nachhaltig, dann richtig. Professor Norbert Seeger hat sich am Montagmorgen mit einigen Kollegen und zehn Studierenden auf eine einwöchige Radtour zu großen Unternehmen gemacht, um ihnen auf den Zahn zu fühlen. Meinen die das ernst, oder ist ihr Engagement für Nachhaltigkeit nur Teil einer Marketingstrategie. CSR-Tour nennt der Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS) die Exkursion per Fahrrad. Das steht für „Corporate Social Responsibility“ – die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens.

Kurz nach dem heftigen Regenschauer ging es los. Erste Station: die Deutsche Post DHL Group in Bonn. „Ich bin sehr gespannt, was die uns zu erzählen haben“, meint Miguel Gonzalez, der sich vorgenommen hat, den Senior Expert des Konzerns, der für „Corporate Shared Value/GoGreen“ zuständig ist, auch zu den gut 8000 Firmenwagen zu befragen. Immerhin hat der Konzern angekündigt, bis zum Jahr 2025 ihre CO2-Effizienz um 50 Prozent gegenüber 2007 zu senken und bis 2050 alle logistikbezogenen Emissionen auf Null zu reduzieren.

Gonzalez, 21 Jahre alt, studiert im fünften Semester Betriebswirtschaftslehre (BWL), und das Thema Nachhaltigkeit hält er für eine wichtige, in die Zukunft gerichtete Aufgabe von modernen Unternehmen. „Außerdem finde ich cool, beim Fahrradfahren etwas zu lernen“, sagt er lachend. So sieht es auch sein Kommilitone David-Lennart Sturz. Der 21-Jährige gehört außerdem zum Steuerungsteam Fair Trade an der HBRS, das sich dafür stark macht, dass möglichst in allen Bereichen fair gehandelte Waren zum Einsatz kommen.

Viele Großunternehmen auf der Liste

Während Seeger mit dem Studienkoordinator Stefan Freitag und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Stefan Willing die erste Tourstrecke durchgeht, verteilt Katrin Dobersalske Trikots. „Das sind nachhaltige Textilien“, erklärt die Geschäftsführerin des erst im vorigen Jahr an der HBRS gegründeten Zentrums für Ethik und Verantwortung. Auch wenn die Shirts aus atmungsaktiven, synthetischen Fasern hergestellt wurden, gelten sie als nachhaltig. „Selbst synthetische Chemiestoffe können zu nachhaltigen Fasern werden, wenn man sie zum Beispiel recycelt“, sagt Dobersalske, die zuvor drei Jahre für das Bündnis für nachhaltige Textilien gearbeitet hat.

Die Tour wird die Gruppe nicht nur zur Rewe-Gruppe nach Köln, zur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Cooper und zur Fortuna nach Köln, sondern auch zur Europazentrale von C&A nach Düsseldorf führen. „C&A gehört zu den sehr engagierten Mitgliedern des Bündnisses“, so Dobersalske. Das Textilbündnis wurde im Oktober 2014 in Folge der tödlichen Unfälle in Textilfabriken in Bangladesch und Pakistan von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller gegründet. Es besteht aus Mitgliedern der Wirtschaft, Nichtregierungsorganisationen (NRO), Gewerkschaften, Standardorganisationen und der Bundesregierung. Ziel ist es, die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern – von der Rohstoffproduktion bis zur Entsorgung.

Sozialeaspekte werden auch untersucht

In einer NRO würde die 21-jährige Lea Mürdter später gerne arbeiten. Sie gehört zum ersten Jahrgang des Studiengangs Nachhaltige Sozialpolitik und ist jetzt im fünften Semester. In dem Fach setzen sich die Studierenden kritisch mit dem Gesellschaftssystem auseinander, analysieren Probleme, erarbeiten Lösungsvorschläge und lernen, wie man die Inhalte richtig kommuniziert. Mürdter interessiert deshalb auch für die soziale Verantwortung der Unternehmen. Die junge Frau wird das kommende Semester in Tansania studieren, um die Internationalität für Wirtschaft und Sozialpolitik aus nächster Nähe kennenzulernen.

In Essen lernen sie den Impact Hub Ruhr kennen, das Teil eines globalen Netzwerks von mehr als 16 000 Mitgliedern an rund 90 Standorten ist und sich dafür einsetzt, „Innovation durch nachhaltige Ansätze in Gesellschaft und Wirtschaft zu verankern“. Außerdem besucht die Gruppe die Barmer in Wuppertal und Bayer in Leverkusen. „Heute Morgen war ich noch nervös“, sagte Professor Seeger kurz vor der Abfahrt. „Jetzt bin ich nur noch gespannt.“

Wir berichten täglich über die Stationen der CSR-Tour und die Erfahrungen der Gruppe.

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