"Eine Stunde mit..." Wo Kochen eine Betriebswirtin braucht

Sankt Augustin · Wenn sie das Gebäude der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sieht, kommt bei Birgit Goldbach so etwas wie Wehmut auf. "Hier war früher der Bauernhof Hess.

Da haben wir als Kinder immer gespielt", sagt sie. Heute wird an der Stelle studiert, und heute arbeitet Birgit Goldbach dort, wo damals Äcker bestellt wurden. Die 47-jährige Chefin der Mensa sorgt dafür, dass sich die Studierenden und Hochschulbeschäftigten vernünftig und gesund ernähren können - und das schon ab einem Euro.

So teuer, Pardon, so preiswert etwa ist der tägliche Eintopf. Gerade rührt eine Mitarbeiterin in einem riesigen Kochtopf. Heute steht Kartoffelsuppe auf dem Speiseplan. "Das Essen ist natürlich subventioniert, sonst könnten wir es nicht für so wenig Geld anbieten", sagte Goldbach, die gerade in ihrem kulinarischen Reich nach dem Rechten schaut.

"Nee, das nimmst Du nicht", ruft sie einer Mitarbeiterin zu, die ein Paket triefgefrorenes Thai-Gemüse aus dem Gefrierschrank holt, um es für den Nudelauflauf zu verwenden. "Das kommt da nicht rein, wir haben heute Pesto-Nudeln. Das passt nicht."

Ansonsten muss sie wenig eingreifen bei der Zubereitung der Gerichte. "Ich habe hier ein Klasse-Team", lobt sie ihre 21 Mitarbeiter. Auch am Kochtopf steht sie selber nur noch selten. "Das kann ich mir nur manchmal leisten, auch wenn es mir dann Spaß macht. Ich habe aber kaum Zeit dafür, weil ich so viel organisieren muss."

Die vier Kühlhäuser und zwei Trockenräume wollen immer gut gefüllt sein. Wenn Semester ist, verlassen am Tag 1300 Essen die auf dem modernsten Stand eingerichtete Küche. "Jetzt aber, in den Semesterferien, ist die schlimmste Zeit zu planen. Ich bin froh, wenn das Semester wieder los geht", sagt Birgit Goldbach.

Die Planung und Logistik ist ihr Job, gemeinsam mit den Betriebsleitern der anderen vier Mensa-Standorte des Studentenwerks Bonn. "Die Gerichte für die Essen 1 und 2 werden auf sechs Wochen im Voraus geplant und sind an jedem Standort gleich. Es gibt einen Sommer- und einen Winterplan", erläuterte Goldbach.

Allerdings kann das Mensa-Team auch zusätzliche eigene Gerichte auf den Speiseplan setzen: Eintopf, Woktheke, Aktionstheke oder Beilagen: Das Angebot wird frei kalkuliert und kostet auch ein paar Euro mehr. "Das Meiste wird frisch angerichtet, und alle Teigwaren sind Bio", sagt Goldbach. Sogar Salat oder Kräuter werden noch von Hand geschnippelt. Gerade hackt Valerie Leifgen in der Salatküche Petersilie. "Valerie ist meine treueste Mitarbeiterin und von Beginn an dabei."

Bei der Auswahl der Gerichte orientiert sich Goldbach an saisonalen Lebensmitteln, und daran, was preislich machbar ist. "Was ich selber gerne esse oder im Urlaub gegessen habe, und was ich glaube, was andere gerne essen." Sie probiere viele Essen zu Hause auch aus. "Das kommt manchmal auch nicht so gut an."

So ein Mensatag ist für die ausgebildete Hotelfachfrau, die sich zur Küchenbetriebswirtin weitergebildet hat, ein langer Tag. Da kommt sie in Semesterzeiten gut und gerne auf zehn und mehr Arbeitsstunden. Für sie beginnt der Tag um 6.30 Uhr. Dann macht sie einen ersten Rundgang durch die Küchen.

Die ersten Lieferanten werden in Empfang genommen. Bestellungen werden aufgegeben, Kalkulationen erstellt und die Speisekarte geschrieben. "Und mein Team muss ich natürlich in der Spur halten." Die Fotos für die Speisekarte macht Birgit Goldbach selbst und bestückt damit das Speiseleitsystem.

"So, wie Sie es da auf der Anzeige sehen, so sieht das Essen auch wirklich aus." Gegen 11.20 Uhr bricht sie zu ihrem Rundgang durch die Essensausgabe auf. "Meistens stimmt hier alles, und von unseren Gästen bekommen wir viel positives Feedback."

Sie sei aber offen für Kritik. "Und manchmal haben die Gäste auch recht." Es sind nicht nicht nur die Studenten, Hochschullehrer und -mitarbeiter, die in die Mensa zum Mittagessen kommen.

Auch Beschäftigte aus dem Rathaus oder den umliegenden Firmen lassen es sich dort schmecken. "Mein größter Fan ist Sankt Augustin Beigeordneter Marcus Lübken", sagt sie. "Und ich treffe hier auch viele Mitschüler von damals", lacht sie.

Haben die Mittagsgäste ihren Hunger gestillt, beginnt für Birgit Goldbach der Bürokram. "Dann sind E-Mails und Briefe zu bearbeiten. Das Telefon steht nicht still, Cateringanfragen werden beantwortet sowie Angebote geschrieben." So gegen 16.30 Uhr endet für die gebürtige Mülldorferin der Arbeitstag.

Zu Hause in Hennef hat sie dann keine Lust mehr, am Herd zu stehen - unter der Woche. "Meine Männer haben eigene Hände. Nur am Wochenende koche ich wieder." Ein Lieblingsgericht hat Birgit Goldbach nicht. Sie isst vieles gerne. "Nudeln in allen Variationen, das geht bei mir immer", sagt sie.

Das Studentenwerk Bonn bietet für die Mensa-Gäste die App "My Mensa" an, wo sie sich jederzeit über den Speiseplan informieren können.

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