Prozess in Siegburg Senior zerkratzt mit Schlüssel zahlreiche Autos in Siegburg

Siegburg · Das Siegburger Amtsgericht verurteilt einen 80-Jährigen zu einer Geldstrafe von 6300 Euro. Der Grund: Er hatte mit seinem Schlüssel zahlreiche Autos mutwillig beschädigt.

 Symbolbild.

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Foto: Ralf Hirschberger/Symbolbild

Alter schützt vor Strafe nicht. Das musste jetzt ein 80-jähriger Siegburger erfahren, der angeklagt war, zwischen Oktober 2017 und Februar dieses Jahres in 67 Fällen mit einem Schlüssel Autos in der Frankfurter Straße in Siegburg zerkratzt zu haben. Grund dafür sei gewesen, dass er sich über dort ordnungsgemäß geparkte Autos geärgert habe, weil ihm der Raum für den Durchgang mit seinem Rollator zu eng erschien. Richter Jan Peter hielt es am Freitag für erwiesen, dass der Mann zumindest 56 Fahrzeuge mutwillig beschädigt hatte. Er bestrafte den Mann mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 35 Euro.

Die Staatsanwaltschaft trug jede einzelne der angezeigten 67 Sachbeschädigungen vor: Immer fanden die Angriffe am späten Vormittag oder am Nachmittag statt, immer fanden die Autobesitzer die Beschädigungen auf der zum Fußweg zeigenden Seite ihrer Fahrzeuge vor, immer an den Türen auf Höhe der Türgriffe. Die Schäden beliefen sich auf Beträge zwischen 200 und 2000 Euro. Insgesamt sollen sie sich auf 40 000 Euro belaufen.

Verteidiger Christoph-Konrad Machens erklärte für seinen Mandanten, nur sieben Beschädigungen am 7. Februar 2019 gingen auf dessen Konto. Die waren auch nicht zu leugnen, denn an jenem Donnerstag hatte eine Überwachungskamera den 80-Jährigen bei seinen Taten aufgezeichnet. Ganz gemütlich war er von Auto zu Auto gerollt, hatte seine Kratzer angebracht und auch darauf geachtet, dass ein Linienbus weiterfuhr, bevor er wieder zur Tat schritt. Und es war zu sehen, dass genügend Platz vorhanden war, um bequem mit dem Rollator voranzukommen. „Die Taten sind unerklärlich“, sagte Machens dem Gericht. „Die Frustationsschwelle des Mandanten war erheblich abgesenkt, aber jetzt tun sie ihm auch leid.“

Überall die gleiche Handschrift

Bei der Vernehmung durch die Siegburger Polizei hatte der Angeklagte damals angegeben, nicht nur am 7. Februar, sondern auch davor Autos zerkratzt zu haben. Aber genaues wisse er nicht mehr. Machens sagte, das sei kein Geständnis gewesen. Richter Peter packte dann einen ganzen Stapel Akten aus und zeigte viele Fotos von den Beschädigungen, die alle, so das Gericht, die gleiche „Handschrift“ zeigten.

Die Staatsanwältin sagte, das seien keine „Affekthandlungen“ gewesen, das „sieht nach geplantem Verhalten aus“. Darum halte sie den Mann auch für schuldig, die Schäden seien erheblich, da habe eine hohe kriminelle Energie dahinter gesteckt. Darum fordere sie eine kurze Freiheitsstrafe von neun Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Machens plädierte, es stehe „in keiner Weise fest, was die Staatsanwaltschaft meinem Mandanten anlastet“. Es gebe keine Zeugen, die Indizien reichten nicht. Darum sei für die sieben gestandenen Taten eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro ausreichend. Der Richter war anderer Meinung. Der alte Mann sei durch akribische Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft überführt. Zeit, Ort und Schadensbild passten genau zusammen, die „kurzen Kratzer tragen Ihre Handschrift“. Und im Video sei schließlich „kein Frust zu sehen“. Vielleicht seien es Langeweile oder Nervenkitzel gewesen, die den Rentner zu seinen Taten getrieben hätten. Eine Haftstrafe zur Bewährung halte er für unwirksam, „die fühlt sich am nächsten Tag wie ein Freispruch an“. Darum bestrafte er mit 180 Tagessätzen zu je 35 Euro, was immerhin 6300 Euro gesamt ausmacht, die der Verurteilte in monatlichen Raten abbezahlen muss. Machens will mit seinem Mandanten überlegen, ob sie in Berufung oder Revision gehen.

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