Siegburger Schöffengericht 27-Jähriger wegen Messerattacke in Eitorf vor Gericht

SIEGBURG · Am Rosenmontag stach ein 27-jähriger Syrer in Eitorf zu und verletzte ein afghanisches Ehepaar. Jetzt muss sich der Mann am Siegburger Schöffengericht verantworten.

Nach siebeneinhalb Stunden mühsamer Verhandlung stand für ein Schöffengericht unter Leitung von Richter Ulrich Wilbrand fest, dass es noch eines weiteren Verhandlungstages bedarf, um der Wahrheit ans Licht zu helfen. Denn einige Zeugen waren am Donnerstag nicht erschienen.

Zu verhandeln hatte das Gericht einen Fall, der sich am Rosenmontag in Eitorf zugetragen hat. Der 12. Februar war es, als um 15.45 Uhr am Marktplatz in Eitorf ein 27-jähriger Syrer auf eine verheiratete 31-jährige Afghanin einstach, sie an Kopf und Händen verletzte, mit seinem gut 25 Zentimeter langen Messer den Ehemann der Frau mit einem Stich in den Bauch verletzte, weitere Menschen bedrohte und sich dann fluchtartig selbst zur örtlichen Polizeiwache begab und stellte.

Offenbar, so kam zumindest heraus, war ein Beziehungsproblem Auslöser der Bluttat. Die Aussagen indes widersprechen sich. Das Opfer sprach von inniger Liebe zum Ehemann, der Täter davon, dass er das Opfer keinesfalls geliebt habe. Allerdings soll es sexuelle Kontakte gegen Geld gegeben haben. Die Frau wiederum erklärte mittels Dolmetscher, der Angeklagte habe sie belästigt, ihr Kurznachrichten und Fotos zweifelhaften Inhalts geschickt und kompromittierende Fotos auf Facebook gepostet. Nur um ihren Mann zu schonen, habe sie diesem nichts von diesen Kontakten erzählt. Und Sex habe es nicht gegeben.

Der Angeklagte war 2015 von der Türkei aus – dort hatte er nach eigenen Angaben gearbeitet, um Geld für die illegale Überfahrt zu sparen – über Griechenland und die sogenannte Balkanroute nach Deutschland gekommen und war schließlich in Eitorf gelandet. Dort lernte er nicht nur ein später als Zeugen vernommenes Ehepaar L. kennen, das in der Flüchtlingshilfe arbeitet, sondern auch das afghanische Paar samt deren drei Kindern.

Die Leute nahmen den Mann freundlich auf, halfen bei Arbeits- und Wohnungsbeschaffung, Behördengängen und anderem. „Wie einen Sohn“ hätten sie den Mann integriert, erzählte Frau L. dem Gericht. Und selbst als der Syrer nach der Untersuchungshaft wieder nach Eitorf zurückkam, hätten sie ihm in ihrem Haus wieder Quartier geboten, denn „schließlich könne ja auch ein eigenes Kind“ mal Fehler begehen. Und zwischen dem Syrer und dem Afghanen hätte sich vor der Tat sogar eine intensive Freundschaft entwickelt, man traf sich zur Wasserpfeife, zum Tee, zum Essen, und die Männer sprachen sich schon als „Bruder“ an.

Ob denn Ehepaar L. irgendwie gemerkt habe, dass der Mann eine Beziehung habe, wollte Richter Wilbrand wissen. Mit mütterlichem Bauchgefühl habe sie so etwas wohl gespürt, bestätigte die Zeugin. Denn auch die Eheleute L. kannten das afghanische Paar näher. „Ich habe gespürt, dass da was läuft“, erklärte die Zeugin. Aber auch: „Es hat wohl auch Schwierigkeiten (zwischen den beiden) gegeben.“ Was unter anderem an einem von der Afghanin zerschlagenen Fernsehgerät in der Wohnung des Syrers festzumachen gewesen sei.

Die Afghanen sind jedenfalls mittlerweile aus Eitorf verzogen, weil sie Angst haben. Vor allem die Kinder hätten nach der Tat sehr gelitten und kaum schlafen können. So aber auch der Angeklagte. Der will sich das Messer gekauft haben, weil er sich seinerseits bedroht fühlte. Dem Eigenschutz sollte das beidseitig geschliffene Werkzeug dienen, das er dann auch beim Rosenmontagszug in der Innentasche seiner Jacke mit sich trug. Über seinen Rechtsbeistand ließ er verkünden, dass er die Tat sehr bedauere und auch bereit sei, im Rahmen seiner Möglichkeiten Ausgleich zu zahlen.

Am Montag, 13. August, wird der Prozess fortgesetzt. Dann wird das Gericht noch Zeugen hören und über die Schwere der Tat und das Strafmaß entscheiden.

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