Abschied vom Ordnungsamt 27 Jahre als Politesse auf Siegburgs Straßen

Siegburg · Sigrid Firlus hat als Politesse einiges erlebt und geht mit vielen Erinnerungen in den Ruhestand. Aus vielen Kontakten sind auch Freundschaften entstanden.

Sie sind nicht unbedingt beliebt, die Politessen. Und so eine „Überwachungskraft im ruhenden Verkehr“, wie es korrekt im Amtsdeutsch heißt, muss sich auf der Straße mitunter so einiges anhören. Vor allem von ertappten Falschparkern, die schon mal allergisch auf ein Knöllchen reagieren. Und doch fällt Sigrid Firlus der Abschied von ihrem Beruf nicht leicht. Nach 27 Jahren beim Ordnungsamt der Stadt Siegburg ist nun Schluss. Was bleibt, sind viele Erlebnisse und Geschichten aus ihrem Alltag auf der Straße.

Gelernt hat sie Friseurin, der Job bei der Stadt schien ihr aber sicherer. Und so betrat sie 1991 Neuland. Bereut hat sie keinen einzigen Tag, auch wenn es manchen Ärger mit Verkehrssündern gab, denen die heute 65-Jährige Ehefrau und Mutter einer Tochter ein Knöllchen verpasste. Der überwiegende Teil der Leute sei aber immer freundlich gewesen, berichtet sie.

Firlus erinnert sich noch genau an ihren Start beim Ordnungsamt. „Zunächst musste ich Tatbestände lernen, die den ruhenden Verkehr betreffen. Nach zwei Tagen war ich bereits auf der Straße, allerdings nicht alleine, sondern mit einer Kollegin“, erzählt sie. In der ersten Zeit sei sie viel zu gutgläubig gewesen. Die Leute hätten zum Teil völlig unrealistische Geschichten erfunden, um dem Knöllchen zu entgehen. Sie sei „persönlich verletzt“ gewesen, wenn man sie offensichtlich belog, später habe sie aber ein Gespür dafür bekommen.

Beschimpfungen und Ausreden gehören dazu

Dann forschte sie nach eigenen Worten auch schon einmal intensiv nach. So wie bei einem Falschparker, der sein Fahrzeug auf einem Schwerbehindertenparkplatz vor dem Krankenhaus abgestellt hatte. Der Ausweis war auf seine Mutter ausgestellt. Diese sei im Krankenhaus zur Dialyse, behauptete er. Wie die hartnäckige Politesse im Krankenhaus herausfand, war die Dame aber gar nicht dort, sondern im Urlaub in Griechenland.

Beschimpfungen gab es natürlich auch. „Blöde Kuh war da noch harmlos, oft ging es weit unter die Gürtellinie“, berichtet die ehemalige Überwachungskraft. Zu Handgreiflichkeiten kam es zum Glück selten. Einmal entriss ihr der Besitzer eines Parkausweises das Dokument bei dessen Prüfung und schubste sie beiseite. Aufgrund ihrer „lauten Reaktion“ habe sie auf sich aufmerksam machen können, und Passanten seien dazwischen gegangen.

Als sie einem Fahrzeugbesitzer bei einem weiteren Einsatz ein Protokoll ausstellen wollte, weil der die Parkscheibe falsch bedient hatte, holte er wütend mit einem Stapel Papiere in der Hand aus und verfehlte sie nur knapp am Kopf. Bei solchen Angriffen verstand Firlus keinen Spaß und erstattete Anzeige. Amüsieren kann sie sich darüber, dass jemand in einem Brief an das Ordnungsamt völlig absurd behauptete, sie und ihre Kollegin legten sich „im Gebüsch auf die Lauer, um Knöllchen schreiben zu können“.

Überwiegend positive Erfahrungen gemacht

In Erinnerung wird ihr sicher eine „Beinahe-Katastrophe“ bleiben, die sich vor Jahren im Hochsommer ereignete. In der Bergstraße fiel ihr ein verängstigtes Kind in einem Auto bei sengender Sonne auf, das die Tür nicht öffnen konnte. Die Politesse rief sofort die Polizei. Gleichzeitig mit deren Eintreffen kamen die Eltern des Kleinkindes zurück. „Vom Schuhkauf“, empört sich Firlus und schüttelt den Kopf.

Überwiegend hat sie aber positive Erfahrungen in ihrer langen Laufbahn gemacht, hat nach eigenen Angaben immer gerne mit den Menschen kommuniziert. Der freundliche Umgang mit den Bürgern sei ihr immer wichtig gewesen. Auch zu den Bezirksbeamten der Polizei, den Marktbeschickern und natürlich zu den Kollegen bestehe ein freundschaftliches Verhältnis, das auch in ihrem Ruhestand gepflegt werde. „Aus vielen Kontakten sind über die Jahre echte Freundschaften geworden“, zeigt sie sich stolz.

Beim Vergleich der 1990er Jahre mit heute hat sie den Eindruck, dass es früher einfacher war. „Heute herrschen mehr Aggressionen, jeder beschwert sich und meckert, die Leute stört alles, selbst die Fliege an der Wand“, weiß sie aus eigener Erfahrung.

Wie sich der Ruhestand „anfühlt“, kann Firlus noch nicht sagen, langweilig werde es ihr aber nicht, versichert sie. Ihr Hobby Patchwork, Walken, Urlaubs- und Kurzreisen, ehrenamtliche Tätigkeit und das Versorgen ihres Mannes füllten den Alltag aus, erklärt sie mit einem überzeugenden Lächeln. Und beim Ordnungsamt verlängern? „Nein, 27 Jahre auf der Straße sind genug“, stellt Sigrid Firlus unwiderruflich klar. Auch wenn ihr der Abschied nicht leicht fällt.

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