Gerichtsurteil am Amtsgericht Siegburg 30 Monate Haft nach Messerattacken auf Landsmänner

Siegburg · Schöffengericht verurteilt Flüchtling aus Sankt Augustin wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen.

 Symbolfoto

Symbolfoto

Foto: dpa

Äußerlich ruhig nahm der nach eigener Aussage 19-jährige Flüchtling aus Afghanistan den Richterspruch entgegen. Nach fast fünf Stunden Verhandlung verurteilte ihn das Siegburger Schöffengericht am Dienstag wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Auf eine Anwendung des Jugendstrafrechts verzichtete das Gericht: Wegen Zweifeln an der Altersangabe und weil der Angeklagte schon früh auf eigenen Beinen stand. Hinzu kam: Er hatte bereits vor der Ankunft in Deutschland in Griechenland im Gefängnis gesessen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte am 29. Februar in Sankt Augustin vor einer Bankfiliale zwei Landsmänner mit einem Messer schwer verletzte. Sie trafen aufeinander, als die Asylbewerber dort ihre Schecks einlösten. Aufgrund der Zeugenaussagen kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Angeklagte einem 17-Jährigen eine Schnittwunde an der Schläfe zufügte, nachdem der ihn beleidigt hatte. Dem 45 Jahre alten Bruder rammte er das Messer gezielt ins Gesicht, als dieser versuchte, die Situation zu lösen. Dabei schnitt der Angeklagte ihm vier Zentimeter in die Zunge und durchtrennte die Lippenschlagader, sodass der Mann notoperiert werden musste. Der 45-Jährige spürt die Folgen der Messerattacke nach eigener Aussage noch immer: Seine Zunge sei noch gefühllos, übersetzte ein Dolmetscher für den Flüchtling.

Täter und Opfer kannten sich

Laut Gericht gab es keine Ansatzpunkte dafür, dass der Angeklagte angegriffen wurde oder dass eines der Opfer ein Messer aus einer Tasche holte. Das hatte der Angeklagte behauptet. Richter Ulrich Feyerabend sagte in der Urteilbegründung: „Man kann davon ausgehen, dass schon ein gewisses Pulver vorhanden gewesen ist.“ Denn die Männer waren bereits mehrfach aneinandergeraten. Zuletzt hatte es im Januar eine Auseinandersetzung gegeben: Der Angeklagte und der 17-Jährige waren in ihrer Unterkunft in Sankt Augustin in Streit geraten. Dabei soll der Angeklagte am Jochbein verletzt worden sein. Die genauen Hintergründe ließen sich am Dienstag jedoch nicht klären. Daraufhin habe sich der Angeklagte aber das Messer beschafft, sagte sein Verteidiger.

Mit dem Urteil folgte Feyerabend zumindest beim Strafmaß der Staatsanwaltschaft. Denn die Staatsanwältin hielt eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht für angemessen – aufgrund des Migrationshintergrunds und seiner Kindheit. Sie betonte aber auch, dass der Angeklagte „äußerst brutal vorgegangen“ sei. „Das habe ich in 20 Jahren Berufstätigkeit noch nicht erlebt.“ Sein Verteidiger forderte hingegen eine Bewährungsstrafe für den Angeklagten, der sich für seine Tat entschuldigte. „Es war ein großer Fehler von mir. Ich möchte so etwas nicht noch einmal tun.“

Der Angeklagte bleibt weiterhin in Haft. Er kann innerhalb einer Woche Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort