Streit um zu lautes Motorrad in Siegburg 40-Jähriger nach Messerattacke auf Nachbarn vor Gericht
BONN/SIEGBURG · Ein 40-Jähriger steht seit Donnerstag wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen vor dem Bonner Schwurgericht. Er hatte in Siegburg mehrfach auf zwei Nachbarn eingestochen, nachdem die Polizei sein Motorrad konfisziert hatte.
Kaum war die Anklage verlesen, meldete sich der Angeklagte mit leiser Stimme zu Wort: Es tue ihm leid, was er getan habe. Seit Donnerstag muss sich ein 40-jähriger Portugiese wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen vor dem Bonner Schwurgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklage von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit aus; der Angeklagte sei möglicherweise deutlich intelligenzgemindert. Außer einer Verurteilung kommt als Ergebnis des Gerichtsverfahrens daher wohl auch eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Frage.
In einer Wohnsiedlung in der Adalbert-Stifter-Straße in Siegburg, in der das mutmaßliche Verbrechen am 10. November vergangenen Jahres geschah, war der Angeklagte vielen bekannt: Immer wieder bastelte der Mann, den die meisten Nachbarn nur „den Portugiesen“ nannten, an einem seiner Motorräder. Obwohl er offenbar keinen Führerschein für die Zweiräder besaß, drehte er nach Zeugenaussagen oftmals kleinere Runden durch die von vielen Einwanderern bewohnte Siedlung. Am meisten nervte die Nachbarn aber offenbar, dass er bei seinen Basteleien immer wieder den Motor startete und laut aufheulen ließ. Unsympathisch fanden den 40-Jährigen aber wohl die wenigsten; er wurde als zurückhaltend und im Allgemeinen sehr freundlich beschrieben.
Polizei konfisziert Motorrad
Nachdem es wieder einmal laut geworden war, hatte am Tattag ein Nachbar die Polizei gerufen. Vor Ort konfiszierten die Beamten kurzerhand das Motorrad. Der Mann habe in der Folge so traurig ausgesehen wie ein Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hat, erinnerte sich eine Anwohnerin im Zeugenstand. Sie hatte die Szene von ihrem Wohnzimmerfenster aus verfolgt. Nach kurzer Zeit jedoch soll der Angeklagte wutentbrannt zu dem Haus gelaufen sein, in dem der Nachbar wohnte, der die Polizei gerufen hatte. Dort soll der 40-Jährige die Wohnungstüre eingeschlagen oder -getreten haben.
Den Gesuchten traf er aber nicht an. Dass der Angeklagte eines seiner beiden Opfer mit dem Wohnungsinhaber verwechselt haben könnte, lässt die Vorwürfe nicht minder schwer wiegen: Nun rückte nämlich eine völlig unbeteiligte Familie in das Zentrum des Geschehens, deren Mitglieder das Geschehen einer nach dem anderen als Zeugen schilderten. Der 17-jähriger Sohn wollte gerade Müll herunterbringen, als er sah, wie „der Portugiese“ die fremde Wohnung verließ.
Nachdem er dem Rest seiner Familie davon berichtet hatte, stürmten zunächst der Vater und der Bruder des Jugendlichen hinaus auf die Straße. Der verhinderte Motorradbastler befand sich wohl zu diesem Zeitpunkt wieder bereits rund zehn Meter von der Haustüre entfernt. Als schließlich der Großvater des 17-Jährigen dazukommt, soll der Täter kehrt gemacht haben.
Mit dem Messer auf das Herz gezielt
Schnell soll er auf den 67-Jährigen zugestürmt sein und mit einem Messer in Richtung des Herzens des Mannes gestochen haben. Möglicherweise, weil er dem gesuchten Wohnungsinhaber entfernt ähnele, vermuteten mehrere Zeugen. Weil es ihm gelang, den linken Arm schützend vor den Brustkorb zu halten erlitt er zunächst aber nur einen Durchstich des Oberarms.
Es sollen nun weitere Messerattacken gefolgt sein, bei denen auch der seinem Großvater zu Hilfe geeilte Bruder des 17-Jährigen einen Hieb in den Oberkörper abbekam, der zu einer Perforation der Lunge führte. Erst als der Vater der Jungs versuchte einen Stein aufzuheben um damit den Angreifer abzuwehren, ließ der 40-Jährige von seinem Tun ab. Mit einer Entscheidung des Gerichts wird Ende des Monats gerechnet.