Neues System im Rhein-Sieg-Kreis Abfallentsorger spürt Müllschummler mit Sensoren auf

Rhein-Sieg-Kreis · Um der Vermüllung in der Biotonne entgegenzuwirken, setzt die RSAG im Rhein-Sieg-Kreis auf feinste Sensorik. Ist auch nur der kleinste Störstoff in der Tonne, wird sie mit einem roten Aufkleber markiert und stehen gelassen.

Bernd Scheid öffnet die beiden Tonnen, blickt hinein und schiebt sie an das Müllfahrzeug. Ein Knopfdruck – und die Tonne wird hochgekippt und entladen. Bei der zweiten Tonne indes ertönt ein schrilles Piepen. Die Tonne bewegt sich keinen Millimeter. Das Müllfahrzeug weigert sich strikt, die Ladung anzunehmen.

Seit März wird das Verfahren schon getestet, ab kommender Woche ist es scharf gestellt: Die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) führt ein Detektionssystem ein, mit dem an einigen ihrer Müllfahrzeuge der Biomüll gescannt wird. "Wir müssen der anhaltenden Vermüllung in der Biotonne entgegenwirken. Denn in vielen Tonnen landen Abfälle, die dort gar nichts zu suchen haben und den anschließenden Kompostierungsprozess schädigen", begründete RSAG-Geschäftsführerin Ludgera Decking das Vorgehen. Mit Rita Hoster, für Vertrieb und die Qualität des Biokomposts zuständig, und Prokurist Sascha van Keeken stellte Decking am Donnerstag auf der RSAG-Anlage in Troisdorf das neue Kontrollsystem vor.

Plastikabfälle, Glas, Aludosen und klassischer Restmüll landeten vermehrt in der Biotonne, was zu einem erheblichen Qualitätsverlust des Kompostes und zusätzlichen Kosten für weitere Sortier- und Entsorgungsmaßnahmen führe. 300.000 Euro kostet es die RSAG jährlich, um den Biomüll von sogenannten Störstoffen zu säubern. Das geschieht nach einer ersten Siebung von Hand. Drei Mitarbeiter sind ständig damit beschäftigt, den Biomüll auf dem Band nach kleinsten Teilen Glas, Metall oder Plastik zu sichten. Nach dem Kompostierprozess wird alles noch einmal gesiebt, und dennoch gelangt Mikroplastik auf den Acker – und damit in die Nahrungskette.

Prüfung per Magnetfeld

Mit feinster Sensorik soll jetzt den "Schummlern" auf die Spur gekommen werden. Die Technik (Kosten pro Fahrzeug: 60.000 Euro) wird am Sammelfahrzeug montiert. Es fällt kaum auf, denn es sieht aus wie eine Schutzplatte. Die Müllwerker können bei der Sichtung in der Regel nur den oberen Mülltonnenbereich kontrollieren, hier wird der gesamte Tonneninhalt per Magnetfeld überprüft. Die Messtechnik checkt den Inhalt ähnlich wie bei einer Personenschleuse bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen per Wirbelstromtechnik, empfängt Messdaten, die an den Verwaltungsrechner im Führerhaus geschickt werden. Die Technik sendet einen Signalton und setzt die Hebesteuerung aus.

Die Detektorelektronik erkennt dabei nicht nur ferromagnetische Materialien, sondern auch Nichteisenmetalle wie Aluminium, Blei, Chrom, Kupfer oder Nickel. Das System spürt somit problemlos nicht nur Blechdosen, aluminiumbeschichtete Tetra Paks, metallhaltige Kaffeepads und Deckel von Joghurtbechern auf, sondern auch bedruckte Folien und Plastiktüten, Energiesparlampen, Batterien, Elektrokleingeräte und andere Problemstoffe.

Ist auch nur der kleinste Störstoff in der Tonne, wird die mit einem roten Aufkleber markiert und stehen gelassen. Eine Nachleerung erfolgt nicht. Der Kunde muss die Tonne selbst nachsortieren und bis zur nächsten Leerung warten – oder den gesamten Inhalt kostenpflichtig als Hausmüll entsorgen.

Die Haushalte in Sankt Augustin, Niederkassel und Troisdorf seien bereits schriftlich informiert worden, in den übrigen Gemeinden geschehe das in nächster Zeit nach und nach, so van Keeken.

Immerhin: Von 138.000 Behältern, die im Kreis geleert werden, sind lediglich vier Prozent "kontaminiert". "Das ist immer noch zu viel", sagt Hoster und verweist auf die guten Erfahrungen anderer Kommunen. In Euskirchen habe das Verfahren dazu geführt, dass die Verunreinigung von Biomüll von fünf auf zwei Prozent zurückgegangen sei, in Reutlingen gar von sechs auf 0,3 Prozent.

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