Streit in Siegburg Ärger um Knöllchen für das Parken auf dem Gehweg

Siegburg · Bisher wurden in Siegburg die Gehwege oft als Parkflächen genutzt. Legal war das nie, doch das Ordnungsamt duldete es. Seit Jahresbeginn kontrolliert das Ordnungsamt jedoch verstärkt – jetzt beschweren sich die Anwohner.

 Anwohner der Jakobstraße in Siegburg finden, dass auch mit geparkten Autos genügend Platz auf dem Gehweg bleibt.

Anwohner der Jakobstraße in Siegburg finden, dass auch mit geparkten Autos genügend Platz auf dem Gehweg bleibt.

Foto: Marius Ochs

„Seit Jahren hat das Gehwegparken hier keinen gestört und plötzlich kostet es richtig viel Geld“, sagt Martin Altenpohl. Er wohnt an der Jakobstraße im Siegburger Ortsteil Wolsdorf. Bis Jahresbeginn parkten die Anwohner ihre Wagen dort noch zwischen den Bäumen auf dem Gehweg – zwar nicht ganz legal, aber gestört habe sich niemand daran. Platz gibt es laut Altenpohl auch genug: „Ich habe das ausgemessen. Auf beiden Straßenseiten hat man auf dem Gehweg noch mehr als einen Meter, auch wenn dort ein Auto steht.“ Gesetzlich vorgeschrieben sei eine Restbreite von 1,20 Meter. In der vergangenen Woche  hat Altenpohl das erste Mal von einem Knöllchen auf der Jakobsstraße gehört: 55 Euro Bußgeld wegen Parkens auf dem Gehweg. So wie Altenpohl und seinen Nachbarn ergeht es seit ein paar Wochen vielen in Siegburg.

„Gehwegparken war auch zuvor nicht erlaubt. Aber in Siegburg wurden Geldbußen bisher nur dann verhängt, wenn tatsächliche Behinderungen oder Gefährdungen vorlagen“, erklärt Siegburgs Stadtsprecher Jan Gerull auf Nachfrage. Doch diese Duldung sei durch neue gesetzliche Regelungen auf Bundes- und Landesebene nicht mehr rechtens. Der Schutz von Fahrradfahrern und Fußgängerinnen stehe jetzt bei den neuen Gesetzen im Vordergrund – und Gehwegparken wird für diese von den Gesetzgebern als Bedrohung eingestuft. Die neue Regelung gilt seit dem vergangenen November. In Siegburg wurden danach zunächst „Gelbe Karten“ verteilt, die Parkende darauf hinwiesen sollten, dass sie eigentlich ein Strafgeld kassiert hätten. „Die neue Rechtslage wurde also nicht von einem Tag auf den anderen exekutiert“, teilt die Stadt mit.

Seit dem Wechsel von den „Gelben Karten“ auf Knöllchen hat die Stadt bislang 560 Verwarngelder für Gehwegparken in einer Höhe von insgesamt 30.305 Euro verteilt. Das geht aus einer Antwort des Amts für öffentliche Ordnung auf eine entsprechende Anfrage der Siegburger CDU-Fraktion hervor. Diese Knöllchen erhielten die Gehweg-Falschparker auf 66 verschiedenen Siegburger Straßen.

Parken auf der Straße statt auf dem Gehweg

Martin Altenpohl berichtet aus Wolsdorf, dass viele Autos nun statt auf dem Gehweg auf der Straße geparkt werden. Das verstopfe den Fahrweg. Auch für den Fußballverein TSV 06 Siegburg-Wolsdorf, der an der Jakobstraße seinen Sportplatz hat, sei die Situation problematisch. „Er braucht die Parkflächen dringend für das fast tägliche Training“, so Altenpohl. Seine Kritik hat der Wolsdorfer auch der Stadt und deren Ordnungsamt vorgetragen. Diese habe erfreulich positiv reagiert. „Die Verfolgung der Knöllchen wird fürs erste ausgesetzt, die Stadt will sich um Alternativen kümmern“, berichtet er.

„Der Vollzug der Ordnungswidrigkeit ist in solchen Straßen, in denen noch eine Überprüfung der Situation läuft, vorerst ausgesetzt“, bestätigt Jan Gerull. Das bedeutet: Auch einige bereits ausgestellte Knöllchen werden erst einmal nicht verfolgt. Die Beschwerde aus der Jakobsstraße war im Übrigen nicht die Einzige: „Auf offiziellem Wege einer Beschwerde-E-Mail waren es etwa zwei Dutzend“, sagt Gerull. Auch auf der Social-Media Plattform Facebook kamen unter einem Erklärvideo zur neuen Regelung einige Reaktionen aus der Bevölkerung zusammen. Viele reagierten ungläubig oder hatten von der neuen Maßnahme nichts mitbekommen: „Das ist nur Erzählerei, ich bin beruflich den ganzen Tag auf dem Fahrrad in Siegburg unterwegs und es wird nichts unternommen“, heißt es da etwa. Andere versuchen, konstruktive Vorschläge zu machen: „Vielleicht Parkbuchten auf den Gehweg malen?“

Briefträger begrüßt neue Situation

Für einen Briefträger in der Jakobstraße ist die neue Situation dagegen wesentlich angenehmer. „Wir wollen eigentlich so nah wie möglich an den Briefkästen fahren“, erzählt er. „Wenn die Leute auf den Gehwegen parken, erschwert uns das manchmal die Arbeit.“ Anderseits wenden einige Nutzerinnen und Nutzer auf Facebook ein, dass auf den Straßen der Platz für Rettungsfahrzeuge fehle, wenn die Auto dorthin ausweichen müssen.

 Statt auf dem Gehweg werden die Autos an der Jakobstraße in Siegburg nun auf der Straße geparkt.

Statt auf dem Gehweg werden die Autos an der Jakobstraße in Siegburg nun auf der Straße geparkt.

Foto: Marius Ochs

Einen Kompromissvorschlag zwischen diesen Positionen macht eine Facebook-Nutzerin: Auf engen Gehwegen mache es ihrer Meinung nach Sinn, Knöllchen an geparkte Autos zu verteilen. Aber sie ergänzt: „Wenn man also Rücksicht auf Fußgänger nimmt, was definitiv sinnvoll ist, sollte man auch gleichzeitig Platz oder Lösungen für Anwohner mit Autos schaffen.“

Diese Forderung gibt es auch in der Jakobsstraße. Dort hat ein Anwohner einen Aushang gemacht. Darauf wundert er oder sie sich ebenfalls über die „Strafzettelaktion“ und verweist auf die extra geschaffene E-Mail-Adresse der Stadt, bei der Fragen und Beschwerden bezüglich des Gehwegparkens eingereicht werden können: gehwegparken@siegburg.de.

Im Aushang wird vor allem der klare Wunsch formuliert, dass die Parkmöglichkeiten entweder erhalten bleiben oder offiziell geschaffen werden. Ein Vorschlag ist eine Umwidmung. Dem will sich die Stadtverwaltung annehmen. Auch in der Antwort auf die CDU-Anfrage kündigt sie an, künftig die betroffenen Straßen einzeln zu prüfen. Vor Ort solle dann entschieden werden, wo Gehwegparken sinnvoll und erlaubt sei – diese Flächen sollen dann auch als Parkflächen ausgewiesen werden.

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