Jahresrückblick Amtsgericht Siegburg Viele Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Corona
Siegburg · Am Amtsgericht Siegburg wurden in den vergangenen Monaten häufiger pandemiebedingte Fälle verhandelt. Im Strafrecht handelte es sich vor allem um das Erschleichen von Subventionen und um Einsprüche gegen verhängte Bußgelder.
Subventionsbetrug, Bußgeldverfahren, Schadensersatzforderungen – die Juristinnen und Juristen am Siegburger Amtsgericht hatten es im vergangenen Jahr vermehrt mit Verfahren zu tun, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Bei den meist öffentlichen strafrechtlichen Verfahren ging es vordringlich um Fälle, in denen Anwohner aus dem Rhein-Sieg-Kreis fälschlicherweise Soforthilfen beantragt hatten, sowie um nicht gezahlte Bußgelder für unangemeldete Demonstrationen oder Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung.
„Wir hatten eine Vielzahl von Corona-Subventionsverfahren“, berichtet Christoph Turnwald, Richter am Amtsgericht Siegburg. Leider führe das Gericht keine Statistik über die genauen Zahlen der Fälle. Im Frühjahr 2020 konnten Selbstständige zum ersten Mal Soforthilfen beantragen, wenn sie durch die Pandemie und den Lockdown Umsatzeinbußen verzeichneten. Solo-Selbstständige konnten unbürokratisch 9000 Euro erhalten. „Da machen Sie sich schon strafbar, wenn Sie falsche Angaben machen“, so Turnwald. Man müsse kenntlich machen, wenn man unsicher sei, ob einem die Hilfsgelder zustünden. „Viele haben dann ihren eigentlichen Hauptberuf nicht angegeben“, erklärt Turnwald. „Andere haben falsche Zahlen eingetragen – oder hatten gar keinen Umsatzeinbruch durch Corona.“
Einspruch gegen Bußgelder
Der überwiegende Teil der wegen dieser Straftat Angeklagten sei verurteilt worden, erinnert sich der Sprecher des Amtsgerichts. Bei der Entscheidung über die Höhe der Strafe werde natürlich berücksichtigt, ob sich die Angeklagten etwa bereits um Schadenswiedergutmachung gekümmert hätten oder ob sie bereits vorbestraft seien. Am kommenden Freitag wird erneut ein solcher Fall verhandelt: Einem 58-jährigen Eitorfer wird vorgeworfen, zweimal Soforthilfen beantragt zu haben. Er soll die staatlichen Subventionen für eine Dachdeckerfirma beantragt haben, die bereits seit 2008 nicht mehr existiert und die laut Anklage nie von ihm geführt worden ist. Kurz darauf soll er die Anträge für eine andere Dachdeckerfirma gestellt haben, obwohl diese durch die pandemiebedingten Einschränkungen gar keine massiven Umsatzeinbußen erlitten habe.
Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung stellen Ordnungswidrigkeiten dar – sie werden mit Bußgeldern geahndet. Solche Strafen erhielten auch im Rhein-Sieg-Kreis Menschen, die an unangemeldeten Demonstrationen wie den Montags-„Spaziergängen“ teilgenommen haben oder die etwa keinen Abstand gehalten oder keine Maske getragen haben. „Einzelne Leute haben dagegen Einspruch eingelegt“, erzählt Christoph Turnwald. „Doch die Richter haben in allen Fällen entschieden: Das Bußgeld ist zu recht verhängt worden.“
Leistungen unmöglich geworden
Auch im Zivilrecht kam es zu pandemiebedingten Verfahren. Eine Wirtin, die ihren Betrieb im Lockdown schließen musste, versuchte laut Turnwald, ihre Versicherung auf Schadensersatz zu verklagen. Sie hatte eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Doch die Klage wurde ebenfalls abgewiesen. „Da kommt es jeweils auf die konkreten Vertragsbedingungen an“, erklärt Turnwald. „Das ist immer eine Einzelfallentscheidung.“ Andere Kläger beanspruchten Anzahlungen für Schüleraustausch-Reisen oder für den Hochzeitsfotografen zurückzubekommen. In diesen Fällen greife die sogenannte Unmöglichkeit, wie der Richter erläutert: „Die angezahlte Leistung war durch die Schutzverordnung unmöglich geworden, und keiner der Vertragspartner konnte etwas dafür.“