Tödlicher Unfall auf der B 56 Anwalt erwartet Freispruch

SIEGBURG · Zähen Fortschritt bot der vierte Verhandlungstag im Prozess um einen Verkehrsunfall, bei dem der heute 42-jährige Angeklagte am 18. Dezember 2013 auf der B56 in Sankt Augustin einen 73-Jährigen getötet und sich unerlaubt vom Unfallort entfernt haben soll.

 Verhandlung vor dem Siegburger Amtsgericht: Der Angeklagte (2.v.r.) soll 2013 einen 73-Jährigen überfahren haben.

Verhandlung vor dem Siegburger Amtsgericht: Der Angeklagte (2.v.r.) soll 2013 einen 73-Jährigen überfahren haben.

Foto: Archivfoto: Arndt

An diesem Abend raste ein VW Polo über eine rote Ampel, überholte zunächst zwei Pkw, die dort warteten, fuhr mit hoher Geschwindigkeit über die Kreuzung und erfasst einen Fußgänger, der in diesem Moment an der Grün zeigenden Fußgängerampel die Straße überquerte.

Der Angeklagte bestreitet nach wie vor, am Steuer des Unfall-Fahrzeugs gesessen zu haben und schweigt. Auch zum Abschluss der Beweisaufnahme saß er am Donnerstag im Amtsgericht Siegburg fast reglos auf seinem Platz, schüttelte lediglich einige Male fast unmerklich mit dem Kopf oder tippte mit dem Zeigefinger an die Stirn. Weder ein DNA-Gutachten bezüglich der Anhaftung möglicher Blutspuren des Opfers an seiner Kleidung, noch die Untersuchung von Glassplittern, die an seinem T-Shirt, seiner Hose sowie Jacke sichergestellt wurden, konnten ihn zweifelsfrei als Fahrer überführen.

Ein Besprühen der Kleidung mit Luminol (zum Nachweis selbst geringster Blutspuren) habe keine verwertbaren DNA-Spuren geliefert, erklärte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand. Anders sah es beim Untersuchungsergebnis der Glassplitter aus. Laut Aussage des Sachverständigen vom Landeskriminalamt waren auch Kleidungsgegenstände zweier weiterer möglicher Täter untersucht, aber keine Glaspartikel darin gefunden worden. Nach einem komplizierten Untersuchungsverfahren unter Hinzuziehung von entsprechendem Vergleichsmaterial, das die Spurensicherung vom Beifahrersitz des Polos eingesammelt hatte, geht der Experte davon aus, dass die Splitter an der Kleidung des Angeklagten von der Windschutzscheibe stammen "könnten".

Da verschiedene Glassplitter, aus dem grünen und farblosen Bereich der Verbundscheibe, gefunden worden seien, hält er es sogar für wahrscheinlich. Es bestehe aber "ein Restrisiko". In Bezug auf das Vergleichsmaterial wollte Wilbrand wissen, ob bei jedem Splitter das gleiche Ergebnis herausgekommen sei, was der Gutachter bejahte. Strafverteidiger Carsten Rubarth äußerte gleich doppelte Kritik: Hätte sein Mandant das Fahrzeug gesteuert, müssten weit mehr als die insgesamt sechs kleinen Splitter zwischen 0,2 und 0,6 Millimeter gefunden worden sein. Die Übertragung durch Kontakt mit anderen Personen, zum Beispiel durch Umarmung, könne niemand ausschließen.

Wenig beeindruckt zeigte er sich von der Aussage des Sachverständigen, die Untersuchung der Glassplitter unter dem Lichtmikroskop habe unter Berücksichtigung messtypischer Schwankungen den identischen Brechungsindex ergeben wie das Vergleichsmaterial vom Beifahrersitz. Diese Übereinstimmung gebe es zwar nur bei vier Prozent von Glaskörpern, allerdings bei allen Glas-Arten und nicht nur bei Windschutzscheiben aus Verbundglas.

"Die Splitter könnten ebenso von einer kaputten Bierflasche oder einem Osterei aus Glas stammen", folgerte Rubarth. Der Spurensicherung machte er den Vorwurf, nicht aus der Scheibe Vergleichsmaterial genommen zu haben, sondern nur vom Sitz. Rubarth geht von einem Freispruch für seinen Mandaten aus. Dieser hat eine einschlägige Vergangenheit, auch wegen diverser Verkehrsdelikte. Wilbrand gab Einblick in das Strafregister. Unter anderem soll der 42-Jährige bereits zwei Mal wegen Fahrens ohne Führerschein und Fahrerflucht zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden sein.

Am Freitag, 10. April, soll das Urteil verkündet werden.

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