Baboucarr und Mam Gaye Jagne Auf der Suche nach Transport für behinderten Zwillinge

SIEGBURG · Wenn Baboucarr und Mam Gaye Jagne mit Sohn Muhammed und Tochter Mam Astou das Haus verlassen wollen, erfordert das eine zeitintensive Vorbereitung, denn die Zwillinge leiden seit der Geburt an Hydrocephalus (Wasserkopf) und Epilepsie. Sie sind schwerst behindert, rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen und benötigen einen Rollstuhl.

 Wertvolle Hilfe: Bettina Stomps vom "Bunten Kreis" schaut immer wieder nach Mam Gaye Jagne und den Zwillingen.

Wertvolle Hilfe: Bettina Stomps vom "Bunten Kreis" schaut immer wieder nach Mam Gaye Jagne und den Zwillingen.

Foto: KIERAS

Auch der Transport mit dem Bus ist deshalb sehr aufwendig. Da meistens zu wenig Platz für zwei Rollstühle ist, muss die Familie, zu der auch noch der vierjährige Saiekahmmad gehört, Busse nacheinander nehmen. Ein eigenes Fahrzeug würde eine große Entlastung bringen, gerade weil aufgrund von Arztbesuchen oder der Anpassung von Orthesen viele Fahrten notwendig sind.

Auch nachts stehen die Eltern stets unter Anspannung. Dann müssen die Eltern die Kinder zum Beispiel zwei- bis dreimal in eine andere Schlafposition legen, selbst können die beiden Sechsjährigen ihre Ruhelage nicht verändern.

Es gab Zeiten, da wurde mindestens einmal im Monat der Notarzt gerufen, weil besonders die kleine Mam Astou epileptische Krämpfe bekam. "In der Notaufnahme des Krankenhauses kannte uns jeder", berichtet der Vater. Heute darf er bei Verkrampfung selbst Medikamente verabreichen. Die körperliche und seelische Belastung der Familie ist enorm, zu allem Überfluss sieht sie sich oft auch noch musternden Blicken der Mitmenschen ausgesetzt. "Das fühlt sich an wie im Zoo", sagt Baboucarr, 47.

Die Pflege der Zwillinge, Behördengänge mit zum Teil langwierigen Bewilligungsverfahren und die Ungewissheit über die Zukunft zehren an den Nerven. Und der kleine - völlig gesunde - Saiekahmmad fordert auch sein Recht und muss laut den Eltern auch oft zurückstecken. Außerdem ist noch ein viertes Kind unterwegs. Die Familie lebt von Sozialhilfe, der Vater ist seit April dieses Jahres arbeitslos, kümmert sich mit Mam Gaye, 37, um die Kinder, sucht einen festen Job und reicht notwendige Dokumente zur Beantragung unterschiedlicher Leistungen bei Ämtern ein.

Unterstützung fand er schließlich bei Bettina Stomps vom Verein "Bunter Kreis", der Eltern bei der Versorgung und Pflege von kranken Kindern mit Rat und Tat zur Seite steht. Stomps, ausgebildete Nachsorgeschwester, wandte sich auch an den General-Anzeiger, der sich wiederum mit dem Katholischen Verein für soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis in Verbindung setzte und auf das Schicksal der Familie aufmerksam machte.

Die Vorsitzende, Monika Bähr, versprach umgehend Unterstützung, zurzeit wird der Status quo durch eine Sozialarbeiterin geprüft. Baboucarr Jagne spricht sehr gut Deutsch, hat die Sprache am Goethe-Institut in Köln gelernt, als er 1989 aus Banjul, der Hauptstadt Gambias, nach Leverkusen kam, um dort eine Ausbildungsstelle als Kfz-Mechaniker anzutreten.

1994 zog er aus familiären Gründen nach Schweden, kehrte 2006 nach Deutschland zurück und wollte die Meisterprüfung ablegen. 2007 wurden die Zwillinge geboren. Während seine Frau bei dem kleinen Mädchen im Krankenhaus blieb, versorgte Jagne den Sohn zu Hause, an den Wochenenden wechselten sie.

Bei allem Verständnis für seine Situation löste der Ausbildungsbetrieb das Arbeitsverhältnis mit Jagne. Seitdem konnte er aufgrund der familiären Belastung nur Aushilfs- und Minijobs auf Abruf annehmen. Er hofft aber wieder auf eine geregelte Arbeit, von der er seine Familie ernähren kann. Sein derzeit größter Wunsch ist ein eigenes Auto. "Damit wären wir mobiler, könnten viel Zeit und Mühen sparen", sagt Jagne.

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