Strukturreform im Erzbistum Köln Auflösung der Dekanate erregt Ärger

Rhein-Sieg-Kreis · Fred Schmitz, Dechant für Sankt Augustin, Lohmar und Siegburg, äußert scharfe Kritik: „Seit einem Jahr sind wir ein Auslaufmodell.“

 Kardinal Rainer Maria Woelki (Mitte) bei der Einführung von Kreisdechant Thomas Jablonka: Die Strukturen der Kirche werden schlanker.

Kardinal Rainer Maria Woelki (Mitte) bei der Einführung von Kreisdechant Thomas Jablonka: Die Strukturen der Kirche werden schlanker.

Foto: Holger Arndt

Eigentlich sollte seine Amtszeit sechs Jahre dauern. Nun ist gerade mal Halbzeit, und er erwartet seine Entpflichtungsurkunde: Fred Schmitz ist nicht nur Pfarrvikar im Seelsorgebereich Sankt Augustin, sondern auch zugleich Vorsitzender des Dekanats Siegburg/Sankt Augustin. Als Dechant ist er für den internen kollegialen Austausch unter den drei Seelsorgebereichen Siegburg, Lohmar und Sankt Augustin verantwortlich sowie für den Dekanatsrat, der unter anderem gemeindeübergreifende Veranstaltungen plant. „Seit einem Jahr sind wir ein Auslaufmodell“, sagt der 69-Jährige. Das Erzbistum Köln löst zum Jahreswechsel seine derzeit bestehenden Dekanate auf und fasst sie in die schon bestehenden Kreis- beziehungsweise Stadtdekanate des Bistums zusammen. Für den Rhein-Sieg-Kreis bedeutet dass: ein Dekanat statt bisher sieben. „Unzumutbar“, wie Dechant Schmitz findet.

Bistümer sind in einzelne Dekanate unterteilt, die die pastorale Arbeit in den einzelnen Seelsorgebereichen und Pfarreien gemeindeübergreifend unterstützen. Durch die kleinen Gebiete können Entscheidungen leichter und mit speziellem lokalen Bezug getroffen werden. Die Dekanate werden in Kreis- oder Stadtdekanate gegliedert, und die Dechanten unterliegen einem Kreis- oder Stadtdechanten. Sie bilden somit die mittlere Ebene zwischen den Kirchengemeinden und dem Bistum. So ist es jetzt noch. Ab dem 1. Januar sind die kleinen Dekanate Geschichte, und die Dechanten verlieren ihren Amtstitel. Die jetzigen Kreis- beziehungsweise Stadtdechanten bleiben dann im Dienst und werden statt Kreis- oder Stadtdechant nur noch „Dechant“ genannt. Für das Kreisdekanat Rhein-Sieg ist der Siegburger Geistliche Thomas Jablonka zuständig, der seit Februar im Amt ist.

Erste Überlegungen zu dieser Reform laufen seit Anfang des Jahres. Doch Dechant Schmitz ist sauer: „Wenn man die Kreise immer größer zieht, geht ganz viel Kontakt verloren.“ Er spricht sich vehement gegen die Auflösung der Dekanate aus und blickt skeptisch in die Zukunft: „Ich sehe das als problematisch an.“ Ihn stört besonders, dass der Prozess der Umstrukturierung abgelaufen ist, ohne die betroffenen Dekanate darüber zu informieren oder mit ihnen zusammenzuarbeiten. „Es gab keine Kommunikation in der letzten Zeit – auch nicht auf Kreisdekanatsebene. Das finde ich nicht normal“, ärgert sich Schmitz.

Der Dechant sieht in der Auflösung eine Missachtung der bisher von den Dekanaten geleisteten Arbeit. Er räumt allerdings ein, dass es Unterschiede im Blick auf die Aktivität in den einzelnen Dekanaten gebe. Bei ihm laufe es gut: „Mit unserem Dekanatsrat haben wir nur noch Aktionen bis Ende dieses Jahres geplant. Es ist einfach nicht das gleiche, wenn man nicht mehr mit der entsprechenden auch strukturellen Rückendeckung arbeiten kann.“ Der Rhein-Sieg-Kreis sei ein geografisch so großes Gebiet, dass mit der neuen Struktur ein enger Kontakt zwischen den Pfarrgemeinden kaum möglich sei. Der Kreiskatholikenrat habe sich im übrigen einstimmig für den Erhalt der kleinen Dekanate ausgesprochen.

Woher die Reformidee des Erzbistums kommt, kann Schmitz nur vermuten: „Die Ebene der Dekanate passt vielleicht nicht in den pyramideartigen, also hierarchischen Aufbau der Kirche. Dechanten werden zwar vom Bistum ernannt, aber vorher von Priestern gewählt. Vielleicht ist dieser Ansatz von Demokratie schon zu viel für das gewünschte Hierarchiemodell“, so Schmitz.

Das Erzbistum Köln hält die Reform dennoch für sinnvoll. „Viele Dekanate im Erzbistum Köln sind schon heute keine lebensfähigen Größen mehr. Zusammenkünfte und Konferenzen brauchen eine Basis, auf der sie auch arbeiten können“, so das Erzbistum auf Anfrage.

Die Vorwürfe, Rückmeldungen nicht in den Entscheidungsprozess mit einbezogen zu haben, weist das Bistum zurück. Zahlreiche Stadt- und Kreisdechanten, bisherige Dechanten, leitende Pfarrer und Dekanatsräte hätten sich für eine geänderte Dekanatsordnung ausgesprochen. Um die Arbeit von funktionierenden Dekanaten weiterhin zu ermöglichen, könnten bei Bedarf sogenannte Dekanatsbereiche aus mehreren Seelsorgebereichen gegründet werden. Das sei die aus kritischen Äußerungen gezogene Konsequenz.

„Was jetzt auf Dekanatsebene gut funktioniert, soll weiterlaufen“, sagt Kreisdechant Jablonka. Er habe die Dechanten gebeten, entsprechende Einrichtungen zu benennen. Diese sollten auch in Zukunft „verbindlichen Charakter“ und „offiziellen Status“ haben. Insgesamt hält er die Reform aber für richtig: „Wir haben Strukturen, die gar nicht mehr richtig bedient werden können.“

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