Gegenbesuch in Indonesien Auge in Auge mit den Komodowaranen

SANKT AUGUSTIN · Zu Besuch beim indonesischen Chor "Vox Angelorum", der vor einem Jahr in Sankt Augustin für Furore sorgte.

"Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus" sang ein Chor aus Indonesien vor einem Jahr in Sankt Augustin. Den jungen Sängern aus Indonesiens Hauptstadt Jakarta gefiel es so gut bei ihren Gastfamilien im Rhein-Sieg-Kreis, dass sie fast gar nicht mehr zurück wollten. Da floss manche Träne.

So war die Wiedersehensfreude groß, als ich beim Gegenbesuch in Indonesien Lily Ariesviany traf. Auf dem Flughafen in Jakarta umarmten wir uns herzlich. Zwei Wochen war ich Gast bei Lily und Ines Widijanto. Meine Familie hatte die beiden Sängerinnen im Mai 2013 während ihres Aufenthalts in Sankt Augustin beherbergt.

"Ihr habt so eine schöne Luft zum Atmen", hatten die indonesischen Gäste bei ihrem Besuch im vergangenen Jahr geschwärmt. Es ist tatsächlich so: An das heiße, drückende Klima und auch den dichten Verkehr muss man sich erst einmal gewöhnen. Vorfahrtsregeln? Rote Fußgängerampeln? Durchgezogene Linien? All das gibt es, hat in dem Gewimmel aber keine Bedeutung. Motorradfahrer nehmen auch mal einen Umweg über den Gehweg, wenn sie ein Auto überholen wollen. Außerdem ist auf der Straße das Gehupe allgegenwärtig. "Man benutzt die Hupe hier zur ständigen Kommunikation", wie Chris Zai erzählt, der vielen Sankt Augustinern im vergangenen Jahr vielleicht als fotografisch begabtes Mitglied des Chors im Gedächtnis geblieben ist.

Die Kultur in dem 250 Millionen Einwohner großen Land ist im Vergleich zum Verkehr auf positive Art faszinierend. Menschen verschiedener Religionen und Kulturen leben meist friedlich zusammen, und Gastfreundschaft wird großgeschrieben. Indonesien ist aufgrund seiner Einwohnerzahl das größte muslimische Land der Erde, was sich durch den Gebetsruf des Muezzins schon am frühen Morgen um 5 Uhr bemerkbar macht.

Die größte Moschee Jakartas steht direkt gegenüber der größten christlichen Kathedrale der Stadt. Diese wurde noch von den Niederländern erbaut, die das Land 300 Jahre lang kolonisierten. Das ist vor allem an der Architektur am alten Rathausplatz der Hauptstadt ersichtlich. Niederländisch sprechen allerdings nur noch die wenigsten. Neben der offiziellen Landessprache "Bahasa Indonesia" hat jede Insel und Region ihre eigene Sprache und Kultur. Gerade deshalb ist eine Reise durch das riesige Land so beeindruckend.

So organisierte Lily für mich eine große Rundreise. Eine Station führte uns nach Bali, das als Trauminsel gilt, jedoch von Touristen völlig überlaufen ist. Dagegen erscheint die Nachbarinsel Lombok natürlich und unberührt. Überhaupt ist die weit verzweigte Inselwelt Indonesiens faszinierend. Einen kleinen Teil davon haben wir in zwei Tagen per Boot erkundet. Auf Komodo Island und Rinca sahen wir die berühmten Komodowarane, die direkt von den Dinosauriern abstammen.

Kleine, süße Dinos wie "Urmel aus dem Eis" sind sie jedoch nicht, denn die Riesenreptilien können bis zu drei Meter lang werden und fressen neben Pferden, Büffeln und Rehen auch Menschen. Blut können die Komodo-Drachen über fünf Kilometer riechen. Auch für die beiden Indonesier Lily und Chris war es das erste Mal, dass sie die größten Echsen der Welt, die ausschließlich auf diesen beiden indonesischen Inseln leben, zu Gesicht bekamen.

Vor den imposanten Urviechern hatte ich großen Respekt, zumal wir zum Schutz nur einen Tourguide an unserer Seite hatten. Und der trug lediglich einen gegabelten Holzstab bei sich, um die Komodowarane in Schach zu halten. Zum Glück musste er ihn nicht einsetzen. Meine Gastschwester Lily blieb gelassen, doch ich wäre vor Angst fast gestorben - vor allem in dem Augenblick, in dem eines der Tiere nur zwei bis drei Meter hinter uns auftauchte. Dagegen war dann im späteren Verlauf der Bootstour das Schnorcheln mit Babyhaien und giftigen Mantarochen gar nicht mehr so angsteinflößend.

Eindrucksvoll waren auch die kulturellen Schätze, die Indonesien zu bieten hat. Beispielsweise die antiken buddhistischen und hinduistischen Tempelanlagen in Yogjakarta, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören.

Nach den erlebnisreichen Tagen stärkten wir uns abends immer mit einem großen Mahl. Was die Indonesier in Deutschland ganz sicher vermisst haben, ist der Reis. Den essen sie mit Vorliebe dreimal am Tag. Doch durch die vielen verschiedenen Zubereitungsweisen und Beilagen gibt es eine große Abwechslung und viel Neues zu probieren. Auch das Obst ist in Deutschland völlig unbekannt. Vergessen sind Apfel und Birne: Da gab es Früchte namens Mangis und Rambutan, die süß schmeckten. Oder Durian, eine große, übel riechende Frucht, die nicht unbedingt zum genussvollen Verzehr einlädt. Die Indonesier sagen: "Der Geruch ist die Hölle, der Geschmack ist der Himmel." Allerdings kannten sie keinen Europäer, der davon begeistert war, berichteten meine indonesischen Freunde. Tatsächlich: Der intensive, bittere und pelzige Geschmack wirkt lange nach.

Über den Musikgeschmack lässt sich hingegen nicht streiten, denn bei der Chorprobe fiel wieder einmal auf, wie passend der Chorname "Vox Angelorum" (Stimme der Engel) gewählt wurde. Wenn sie selbst die recht einfachen Melodien deutscher Volksmusik, die sie eigens für den Besuch in Sankt Augustin einstudiert hatten, in mehrstimmige Meisterwerke verwandeln, klingt das wahrhaftig himmlisch.

i Elisa Miebach aus Sankt Augustin ist Praktikantin in der GA-Redaktion Siegburg. Sie besuchte Mitglieder des indonesischen Chores "Vox Angelorum", der im Mai 2013 für zwei Wochen zu Gast in Sankt Augustin war. Der indonesische Pater Devis Don Wadin, der in Sankt Augustin tätig ist, hat das Chorprojekt organisiert. Er wird im Sommer mit vier Jugendlichen aus Sankt Augustin nach Indonesien fahren.

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