50 Jahre Veedelszoch in Stallberg Aus einer Bierlaune zur Tradition

SIEGBURG · Bürgergemeinschaft organisiert im dem Siegburger Stadtteil ihren Veedelszoch zum 50. Mal ohne Unterbrechung.

 Nicht auf den Mond zur Venus wollten dieses Stallberger reisen

Nicht auf den Mond zur Venus wollten dieses Stallberger reisen

Foto: Bürgergemeinschaft Stallberg

Die erste Mondlandung hielt zwar erst 1969 die Welt in Atem, aber ein Siegburger Stadtteil war seiner Zeit weit voraus. „Treckt ühr nom Mond, mir no de Venus“, was in Kölsche übertragen heißt: „Zieht ihr zum Mond, wir zur Venus“. Das stand auf dem Motivwagen der Bürgergemeinschaft Stallberg beim ersten Veedelszoch, der 1966 durch die Straßen zog. Eine Mehrzweckhalle, auf die man wohl bis „Anno 2000“ warten müsse, war ebenso ein Thema wie der hohe Spritpreis von 58 Pfennig pro Liter.

„Zurück zum Holzvergaser“ wurde daher auf einem weiteren Wagen gefordert. Wilfried Pinsch, Ehrenvorsitzender der Bürgergemeinschaft Siegburg-Stallberg, kann sich noch gut an die Anfänge erinnern. „Bis 1966 gab es nur den Rosenmontagszug in Siegburg. Irgendwann kamen einige Stallberger aus der Bürgergemeinschaft bei einem Bier in der Kneipe auf die Idee, etwas Eigenes zu machen“, so der 72-Jährige.

Schnell hätten sich auch andere begeistern lassen. Daher beteiligten sich neben der Bürgergemeinschaft insgesamt elf Gruppen, Familien, private Freundeskreise und Kegelclubs an der Premiere. Das Interesse der Bevölkerung sei riesig gewesen, erinnert sich Pinsch. Denn weder in Kaldauen, Wolsdorf oder anderen Stadtteilen noch in den umliegenden Dörfern wie Birk hätten damals Veedelszöch stattgefunden.

Früher sei die Durchführung kein Problem gewesen, erzählt er: „Die Wagen wurden einfach zusammengebrettert “. Eine TÜV-Abnahme habe es nicht gegeben, Sicherheitsvorschriften auch nicht. „Heute bekommen wir eine dicke Kladde mit strengen Vorschriften, die einzuhalten sind“, ergänzt der Vorsitzende des Vereins, Alexander Korsch, der damals noch gar nicht geboren war.

Wo Absperrgitter jetzt ein Muss sind, hat es laut Pinsch früher gereicht, „wenn sich einer mit ausgebreiteten Armen auf die Straße gestellt hat.“ Wagenengel, also Sicherheitspersonal, das den Zug begleitet, mussten nicht gestellt werden. Der Alkohol floss auch auf den Wagen in Strömen. „Es wurde immer ordentlich gescheppt, und manch einer nach Zugende vom Wagen gehoben“, sagt der 72-Jährige und lacht.

Bisher ist der Zug auf dem Stallberg noch nie ausgefallen, nicht einmal 1991, als die Umzüge in den rheinischen Karnevalshochburgen wegen des Golfkrieges abgesagt wurden. Aber es wird immer teurer, den Zug zu organisieren. „Früher haben die Kapellen einen Kasten Bier und 'ne Flasche Korn bekommen“, sagt Pinsch. „Und heute steigen die Preise Jahr für Jahr“, fügt Korsch hinzu. Weitere Kosten entstehen durch Gema-Gebühren und Wurfmaterial, für das Geld gesammelt wird.

„Wir wissen aber nie, wie viel zusammenkommt und tragen daher ein hohes Risiko“, geben beide zu bedenken. Und noch etwas hat sich nach ihren Worten geändert: der Anspruch der Jecken. „Anfangs haben sich die Zuschauer über Kamelle gefreut, heute wollen sie Pralinen und bücken sich nicht einmal mehr für Bonbons“, ärgert sich Pinsch. Der Veedelszoch soll aber weiter stattfinden, auch wenn es immer schwieriger wird. Einerseits, weil die Bürgergemeinschaft kaum Nachwuchs hat und andererseits, weil es oft nicht möglich ist, „die Interessen aller Vereine auf dem Stallberg unter einen Hut zu bringen“, so der Ehrenvorsitzende. In diesem Jahr startet der Jubiläumszug am morgigen Karnevalssamstag – ganz sicher, wie in den letzten 49 Jahren auch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort