Exponate in der Servatiuskirche Ausstellung in Siegburg thematisiert Flucht und Vertreibung

SIEGBURG · Wie wirkt sich der Verlust von Heimat aus? Mit Fragen wie dieser beschäftigt sich eine Ausstellung unter dem Titel „Auf und davon - (un)freiwillig unterwegs?“ auf der Nordempore der Servatiuskirche in Siegburg.

 Mit einem Koffer voller Geld symbolisieren Hedwig Nosbers (links) und Anke Oedekoven in der rund 120 Exponate umfassenden Ausstellung die Steuerflucht.

Mit einem Koffer voller Geld symbolisieren Hedwig Nosbers (links) und Anke Oedekoven in der rund 120 Exponate umfassenden Ausstellung die Steuerflucht.

Foto: Paul Kieras

Wer hatte und hat den Mut zu fliehen? Wie wirkt sich der Verlust von Heimat aus? Wie prägten und prägen die kleinen und großen Fluchten die Menschen? Und wie kann nicht nur das Ankommen, sondern auch das Aufgenommenwerden gelingen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine bemerkenswerte Ausstellung unter dem Titel „ Auf und davon - (un)freiwillig unterwegs?“, die Hedwig Nosbers und Anke Oedekoven mit ihrer Gesellschaft curatrix konzipiert haben. Zu sehen ist sie bis zum 17. Juni auf der Nordempore der Servatiuskirche in Siegburg.

„Wir wollten eine zeitlose Ausstellung machen und nicht nur die aktuellen Ereignisse berücksichtigen“, sagte Oedekoven bei der Eröffnung am Freitag. Bewusst einbezogen sind auch Wirtschafts- und Steuerflucht oder die Flucht vor der Realität, denn es sollen alle Arten von Flucht behandelt werden. Die beiden Inhaberinnen von curatrix haben Menschen gefunden, die in kleinen Filmen, die der Besucher in der Ausstellung anschauen kann, über ihr persönliches Schicksal berichten. Da erzählt neben anderen eine Frau von ihrem Erlebnis mit der Cap Anamur, ein Ehepaar von seiner tragischen Flucht aus der DDR oder ein heute knapp 18-jähriger Junge von seiner Odyssee aus Eritrea nach Deutschland als 15-Jähriger.

Zu hören und sehen ist aber auch der Schauspieler Bill Mockridge, der seine Heimat Kanada freiwillig verließ, weil er an einem deutschen Theater spielen wollte. Bei allen Unterschieden hätten alle ein gemeinsames, einschneidendes Erlebnis gehabt, nämlich den Verlust der Heimat ohne Rückkehr und den Neuanfang in einem fremden Land, so Oedekoven. Nicht immer sei der geglückt.

Tafeln informieren auch über das Ankommen

Mit ihrer Teamkollegin hat sie eine spannende Ausstellung konzipiert, die immer wieder für Staunen sorgt. Entweder, weil man Dinge bisher noch nicht wusste oder sich nicht bewusst gemacht hat. So war nach den Worten Nosbers die Flucht auf die Arche Noah die erste Flucht vor einer Umweltkatastrophe, die Flucht der Israeliten aus Ägypten natürlich eine politische. Tafeln informieren die Besucher nicht nur über Flucht und Vertreibung einzelner Menschen oder ganzer Volksgruppen, sondern auch über das Ankommen, die Rückkehr und Abschiebung, welche Wege Flüchtlinge genommen haben, welches Gepäck sie vermutlich oder sicher dabei hatten.

„Typisches“ Gepäck von aktuellen Flüchtlingen ist auf der Nordempore ebenfalls zu sehen: Meistens besteht das nur aus einem Handy und Dokumenten wie Zeugnis und Pass, in wasserdichten Gefrierbeuteln verpackt und in die Unterhose gesteckt. Präsentiert wird auf einer Tafel auch die Architektur von mobilen und festen Flüchtlingsunterkünften weltweit. Kurioses dazu: ein Foto von Flüchtlingshäusern, die Ikea nach unternehmenstypischer Art zum Selbstaufbauen konzipiert und in Pappkartons nach Äthiopien geliefert hat.

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