Verhandlung am Bonner Landgericht Betrügerische Rohrreiniger erhalten in Berufung Strafmilderung

Bonn/Alfter/Neunkirchen-Seelscheid · Zwei junge Männer haben Kunden in Neunkirchen-Seelscheid und Alfter übers Ohr gehauen, indem sie sich als Rohrreiniger ausgaben und Wucherpreise verlangten. Nach ihrer Verurteilung legten sie in Bonn Berufung ein.

 Zwei 23 und 24 Jahre alte vermeintliche Betrüger zogen vor das Landgericht in Bonn. (Symbolbild)

Zwei 23 und 24 Jahre alte vermeintliche Betrüger zogen vor das Landgericht in Bonn. (Symbolbild)

Foto: dpa/Oliver Berg

In einem Berufungsverfahren vor dem Bonner Landgericht konnten zwei betrügerische Rohrreiniger am Mittwoch einen kleinen Teilerfolg verbuchen: Nach rund siebenstündiger Verhandlung wurden die beiden 24 und 23 Jahre alten Männer zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten, beziehungsweise einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt. Das Gericht befand den Älteren des versuchten Betrugs und der Bedrohung für schuldig. Der Jüngere wurde wegen vollendeten Betrugs verurteilt. In der ersten Instanz vor einem Siegburger Schöffengericht war der 24-Jährige noch wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Der 23-jährige sollte wegen Beihilfe zur versuchten räuberischen Erpressung sowie wegen Betrugs 1600 Euro Strafe zahlen.

Der erste Fall, der vor Gericht wiedergegeben wurde, begann mit einer morgendlichen Dusche am 6. Juli 2019: Ein 42-jähriger Koch aus Neunkirchen-Seelscheid bemerkte nach dem Frühstück, wie ihm aus dem Abfluss eine unappetitliche Brühe entgegenschwappte. Die Diagnose fiel nicht schwer: Ein Abflussrohr musste verstopft sein. Nach einer kurzen Rücksprache mit dem Vermieter rief die Ehefrau des 42-Jährigen dann eine zufällig aus dem Telefonbuch gepickte Rohrreinigungsfirma an. Wenige Zeit später standen die beiden Angeklagten bei dem Neunkirchener Paar auf der Matte.

Leicht irritiert sei sie schon darüber gewesen, dass die zwei zunächst ohne Werkzeug aufgekreuzt seien, sagte die Frau am Mittwoch im Zeugenstand aus. Stattdessen habe sie erst eine Auftragsbestätigung unterschreiben müssen, bevor das Duo eine elektrische Spindel, Hämmer und Schraubenzieher aus dem Wagen geholt und sich in der Nasszelle ans Werk gemacht habe.

Verstopfung war nicht behoben

Ein lauter Knall aus dem Badezimmer schreckte dann wenig später den Hausherrn auf: Bei dem Versuch, das WC zu demontieren, hatten die beiden Männer die Kloschüssel zerbrochen. Das sei aber halb so schlimm, sie hätten Ersatz auf Lager und würden diesen wenig später auch montieren, ließen sie die erschrockenen Wohnungsinhaber wissen. Die Verstopfung hätten sie aber beseitigt und nun solle bitte die Rechnung bezahlt werden – und zwar in bar. Den „sportlichen Betrag“ von 1162 Euro sollte das Paar für die nicht einmal halbstündige „Dienstleistung“ blechen. Auf den Hinweis des Hausherrn, dass das wohl ein bisschen üppig sei, reagierte der 24-Jährige dann laut Anklage mit den Worten „Ich bring dich um“.

Vollkommen außer sich über die Todesdrohung sprang der Wohnungsinhaber laut Gericht auf, woraufhin die beiden Betrüger den Tatort fluchtartig und ohne Geld über die offenstehende Terrassentür verließen. Schnell wurde auch klar, dass die Verstopfung nicht ansatzweise behoben worden war. Ein Gutachter bestätigte dem Gericht, dass eine professionelle Beseitigung des Schadens maximal um die 170 Euro kosten dürfte.

Opfer stellten eine Falle

Ein ganz ähnlich gelagerter Fall ereignete sich dann am 1. August desselben Jahres in Alfter. Hier zahlte die Wohnungsinhaberin dem 23-Jährigen, der diesmal alleine unterwegs war, jedoch den geforderten Betrag von 665,56 Euro, wie aus der Verhandlung hervorging. Als die Betroffene dann ebenfalls gewahr wurde, dass sich an der Verstopfung nichts gebessert hatte und das Unternehmen für Nachbesserungen nicht zu erreichen war, lockte die Frau den Betrüger in eine Falle. Man bestellte die Rohrreinigungsfirma unter einem Vorwand in die Duisdorfer Wohnung des Cousins, vor der wenig später tatsächlich erneut der 23-Jährige auftauchte. Vor Ort gelang es den Opfern, den Mann festzusetzen, bis die Polizei eintraf.

In Berufung waren die beiden verhinderten Rohrreiniger gegangen, weil es sich bei den Taten nach Meinung ihrer Anwälte „nur“ um Wucher gehandelt haben soll und der Jüngere im ersten Fall nicht aktiv beteiligt gewesen sei. Letzteres sah die Berufungskammer genauso und sprach den 23-Jährigen im ersten Fall frei. Auch eine räuberische Erpressung konnte die Kammer nicht erkennen, da das Duo nach der Bedrohung ja sofort den Tatort verlassen hatte, ohne seiner Geldforderung Nachdruck zu verleihen. Bei beiden Vorfällen habe es sich aber unzweifelhaft um „glasklaren Betrug“ beziehungsweise einen Betrugsversuch gehandelt, sagte der Vorsitzende Richter.

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