Bemalten Zeltplanen "Bewohnbare Bilder" für syrische Flüchtlinge

SIEGBURG · Seit Jahrzehnten malt und zeichnet Hermann Josef Hack auf Zeltplanen, dem Material der Nomaden und Flüchtlinge. Neuerdings geht der Künstler mit seinen großformatigen Bildern in die dritte Dimension, indem er sie zu "bewohnbaren Bildern" umwidmet, unter denen Flüchtlinge eines syrischen Flüchtlingslagers in Jordanien demnächst konkret Schutz suchen können.

"Als Künstler kann ich den Flüchtlingen nur mein Wertvollstes anbieten: meine Bilder", erklärt Hack. Bevor er aus diesen Planen in einer Aktion am UN-Weltflüchtlingstag (20. Juni) vor dem Reichstag in Berlin Notunterkünfte errichtet, zeigt der Siegburger sie jetzt vorab zusammen mit neuen Arbeiten auf Papier in der Ausstellungshalle des Jungen Forums Kunst.

Die Schau steht unter dem Titel "Heim-Spiel", der laut Hack "nicht nur der aktuellen Fußballweltmeisterschaft geschuldet", sondern vor allem aus zwei wichtigen Begriffen zusammengesetzt ist, die sein Werk durchziehen: "Das Thema 'Heimat' beziehungsweise der Verlust derselben sowie das Spiel mit Möglichkeiten, neue Wege bei den globalen Herausforderungen zu finden", so Hack.

Er nutzt die Kunst einerseits als Mittel zum Transport seiner Botschaft an die Menschen hier, um Missstände aufzuzeigen, sie fühlbar, spürbar und empfindbar zu machen. Andererseits reduziert er seine Gemälde auf ihre elementare Zweckerfüllung als Schutz vor Sonne, Wind und Kälte an ihrem Bestimmungsort. Zur Aktion in Berlin sagte er, es sei etwas anderes, ob man im Fernseher Bilder von Flüchtlingslagern sehe oder die Situation der Menschen, die Folge des Klimawandels, von Kriegen und Flucht sei, im Maßstab eins zu eins hautnah erleben könne. "Uns kann nur noch Kunst retten", ist Hack überzeugt und erhebt ihr gegenüber gleichzeitig den Vorwurf der Passivität. "Wir verzeichnen eine Flüchtlingswelle in riesigem Ausmaß, und die Kunst - macht nichts", so Hack.

Er setzt auf den Effekt der Wirkungskraft von Bildern. Künstlerkollege Wolfgang Henze sprach bei seiner Einführungsrede davon, dass die nicht in einem allgemeinen Wohlbehagen von Harmonie und Schönheit als subjektive Befindlichkeit ende, sondern vielmehr in einem "Sichtbarmachen" der Umstände, in denen sich der Mensch vorfindet, gerade wenn er vor dem einzelnen Bild als Kunstwerk verweile. Hack selbst liegt es fern, Probleme zu "ästhetisieren" oder in "Salonkunst" zu verarbeiten. In seiner Rede wies Henze auch alle eventuellen Vorwürfe zurück, Hack wolle ein reales Flüchtlingsdrama für seine ehrgeizigen künstlerischen Zwecke instrumentalisieren: "Der künstlerische Anspruch, mit dem Hermann Josef Hack immer schon arbeitet, ist in der konkreten Umsetzung für ihn nichts anderes als gerade ein stetiges "An-Sprechen" als Einspruch gegen allzu gedankenlose Verzweckung menschlicher Ressourcen."

Seit Jahren bringt Hack das Elend der zunehmenden Zahl von Klimaflüchtlingen ins öffentliche Bewusstsein. Seine Installation "World Climate Refugee Camp" aus Hunderten von Modell-Flüchtlingszelten bereiste die ganze Welt. Ergänzend zu den bemalten Planen, die in der Ausstellung nicht als gerahmte Bilder, sondern als dreidimensionale Installationen an den Wänden angebracht sind und so einen beklemmenden Eindruck ihrer späteren Funktion vermitteln, unterstreichen die Papierarbeiten, "wie klein der Schritt von der Normalität in die Katastrophe ist" (Hack). So wird durch einen Wortdreher aus "Lagerfeld" "Feldlager", oder das Wort "Regierung" zur Anklage durch Hervorhebung einzelner Buchstaben: "ReGIERung". Die Werke Hacks hinterlassen "tiefere Spuren als so manch kurzlebiger Aufschrei", sagte Henze.

Hermann Josef Hack: "Heim-Spiel", Junges Forum Kunst Siegburg, Luisenstraße 80. Geöffnet: Mittwoch und Freitag 19 bis 21 Uhr, Samstag 14 bis 18 Uhr, Sonntag, 15. Juni (Ende der Ausstellung), von 8 bis 18 Uhr.

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