Ausraster nach Pillenkonsum Brandschutzwand am Siegburger Bahnhof beschädigt
Bonn/Siegburg. · Wenn er Amphetamine konsumiert hatte, rastete er regelmäßig aus: Ein 27-Jähriger muss nun wegen einer Reihe unterschiedlicher Delikte 15 Monate in Haft. Das Bonner landgericht ordnete zudem eine Entziehungskur an.
So, wie er den Gerichtssaal betreten hatte, verließ ihn der Angeklagte auch wieder: in Handschellen. Und das, obwohl der 27-Jährige nur zu 15 Monaten Haft verurteilt worden war. Eine Aussetzung zur Bewährung gewährte die Kammer dem Angeklagten nämlich nicht. Am Montagmittag befand die 1. Große Strafkammer am Bonner Landgericht den Mann gleich einer ganzen Reihe von Delikten für schuldig – von Sachbeschädigung über Drogenbesitz und Diebstahl bis zu Bedrohung und Nötigung reicht die Liste der verurteilten Taten. Außerdem hat das Gericht verfügt, dass der Angeklagte sich einer Drogen-Entziehungskur unterziehen muss. Deren Dauer wird auf die Haft angerechnet.
„Immer, wenn er Pillen nahm“ – unwillkürlich fühlte man sich an den Titel der bekannten amerikanischen Fernsehserie aus den 60er-Jahren erinnert: Denn die, wie der Vorsitzende Richter Jens Rausch es ausdrückte meist recht bizarren Taten des Verurteilten, ereigneten sich nur, wenn er Amphetamine konsumiert hatte. Zwar leidet der Mann, so hatte ein Gutachter bestätigt, auch immer wieder an psychotischen Anfällen. Diese führten aber nur in Kombination mit den Drogen zu den regelmäßigen Ausrastern des Mannes. „Er kann dann nicht mehr runterfahren“, zitierte der Richter in der Urteilsbegründung den Fachmann. Dennoch kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Erheblichkeitsschwelle für eine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus noch nicht überschritten sei. Bis zum Antritt der Entziehung bleibt der Verurteilte weiterhin in der LVR-Klinik.
Haftstrafe und Entziehungskur
„Er ist eigentlich ein cleverer Kopf“, so Rausch. Und er glaube dem Angeklagten auch, dass dieser ernsthaft „ein besserer Mensch“ werden wolle. Dennoch oder gerade deshalb sei eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung aber nicht infrage gekommen. Das Gericht sei der Überzeugung, dass die Kombination einer moderaten Haftstrafe mit einer Entziehungskur den Mann am besten auf seinem Weg voranbringe. Für das Verfahren waren insgesamt neun verschiedene Anklagen aus Bonn und Siegburg zusammengefasst worden, bei den Delikten handelte es sich durchweg um sinnlose aber teure und zum Teil auch gefährliche Kapriolen. Das wohl gravierendste Vergehen war die Attacke auf einen 42-jährigen Busfahrer der Siegburger Linie 510 am 1. Oktober dieses Jahres. Der Verurteilte hatte sich zunächst fälschlicherweise als Zollmitarbeiter ausgegeben und den Chauffeur dann beleidigt und bespuckt.
In den beiden am spektakulärsten klingenden Anklagepunkten wurde der Mann allerdings freigesprochen beziehungsweise wurde das Verfahren eingestellt: So hatte der Verurteilte zwar wohl tatsächlich am 22. Januar dieses Jahres gegen 2 Uhr in der Nacht den Auslöser einer Brandschutzwand am Siegburger Bahnhof betätigt und an dem sogenannten Nothilfemittel einen Schaden von rund 30 000 Euro verursacht. Allerdings hatte er angegeben, Menschen auf den Gleisen gesehen und daraufhin den Notknopf gedrückt zu haben. Hier wurde das Verfahren eingestellt.
Randale im Porschezentrum
Und auch der Amoklauf im Bonner Porsche-Zentrum war wohl eine Nummer kleiner, als zunächst angenommen: Dort hatte der Mann angegeben, die Beschaffenheit der Windschutzscheiben mehrerer Ausstellungsfahrzeuge durch „Beklopfen“ mit einem Hammer geprüft zu haben.
Der Test ging, wie zu erwarten, nicht zerstörungsfrei aus und führte zu einem Sachschaden von 3666,16 Euro. Als ein Mitarbeiter ihn von weiteren „Tests“ an anderen Sportwagen abhielt, wurde dieser nun allerdings selbst zum Ziel des 27-Jährigen. In diesem Fall sprach das Gericht den Mann sogar frei, weil die Tat im Zustand aufgehobener Einsichtsfähigkeit erfolgte.