Ferienprogramm in Siegburg Bürgermeisterwahl in der Kinderstadt

Siegburg · Sie gehen jeden Morgen zum Arbeitsamt, zahlen ihre Steuern und haben auch ihren eigenen Stadtrat: 130 Kinder gestalten bei der Ferienaktion des evangelischen Jugendreferats An Sieg und Rhein in Siegburg ihre eigene Stadt.

Vor dem weißen Zelt mit der Aufschrift Bürgeramt hat sich eine lange Schlange gebildet. „Jetzt ist die letzte Chance, für die Bürgermeisterwahl abzustimmen. Gleich schließt das Wahlbüro“, tönt es aus dem Radio. Gleich 14 Kandidatinnen und Kandidaten stehen in dieser Woche für das Amt des Bürgermeisters von Mini-Siegburg zur Wahl.

In Pappschachteln, die mit einem Foto des jeweiligen Anwärters versehen sind, können die Kinder ihre Stimme in Form eines Steinchens abgeben. Die zehnjährige Leyla ist selbst Bürgermeisterkandidatin und überwacht die Wahlurnen, damit alles demokratisch abläuft. „Ich war letztes Jahr schon Bürgermeisterin und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, den anderen Wünsche zu erfüllen“, erklärt sie.

130 Mädchen und Jungen beleben die Kinderstadt

Für zwei Wochen verwandelt sich das Gelände des Schulzentrums Neuenhof in Siegburg in den Sommerferien in die Kleinstadt Mini-Siegburg. Rund 130 Kinder bevölkern wochenweise die Kinderstadt und erleben, wie das Leben und die Zusammenhänge in einer Stadt funktionieren. Das Ferienangebot für Schulkinder bis zwölf Jahren ist eine Aktion des evangelischen Jugendreferats An Sieg und Rhein in Zusammenarbeit mit den evangelischen Kirchengemeinden in Siegburg und dem Kulturcafé der evangelischen Jugend An Sieg und Rhein. „Nach der positiven Resonanz im letzten Jahr haben wir diesmal sogar eine Warteliste, weil wir nicht alle Kinder aufnehmen konnten“, berichtet Projektleiterin Jennifer Lübke.

Ein Arbeitstag in Mini-Siegburg beginnt um acht Uhr mit dem Gang zum Arbeitsamt. Für mindestens eine Stunde schlüpfen die Kinder in die Rollen eines Bäckers, einer Journalistin oder in andere Berufe. Der achtjährige Felix transportiert indes einen großen Kanister Wasser auf einem Sackkarren. Stadtwerke steht auf seiner orangefarbenen Warnweste geschrieben. Seine Aufgabe ist es, frisches Trinkwasser an die Wasserstationen zu bringen. Benutzte Becher bringt das Stadtwerke-Team zum Spülen. „Die Arbeit macht mir viel Spaß“, sagt Felix. Zehn Siegis – so heißt die Währung in Mini-Siegburg – verdient er pro Stunde bei den Stadtwerken, wovon jeweils zwei Siegis an Steuern abgehen.

Eigene Klima-Demo

„Die Kinder organisieren alles eigenständig und haben viele Ideen, auch neue Sachen umzusetzen. Ich fühle mich fast als Statistin, da alles so gut läuft und ich nur noch organisatorische Dinge übernehme“, sagt Lübke. Sieben pädagogische Kräfte und rund dreißig jugendliche Helfer begleiten das Projekt. In der vergangenen Woche, als Vertreter der Stadt Siegburg und des evangelischen Kirchenkreises zu Besuch waren, haben die Kinder eine Klima-Demo organisiert. „Sie haben mitbekommen, dass jemand von der Stadt und von der Kirche kommt und haben eigenständig eine 'Thurdays for future-Demo' organisiert“, sagt Lübke.

„Wer morgen heiratet, kann jetzt in der Tanzschule an einem Kurs für den Hochzeitstanz mitmachen“, wirbt die Tanzschule im Radio. Mittwochs findet im „Haus der Religion“ ein Trauungsgottesdienst statt. Die zehnjährige Marit möchte dann ihre Freundin Laura heiraten. Zusätzlich kandidiert sie auch für die Wahl zur Pfarrerin. „Danke für deine Stimme“ hat sie auf ihr Wahlplakat geschrieben. In der vergangenen Woche war sie bereits Bürgermeisterin. Das sei sehr anstrengend gewesen, da es viele Beschwerden gab, erzählt die Schülerin. „Wir wollten den Kindern in der ersten Woche mehr Möglichkeiten geben, ihr verdientes Geld auch auszugeben, deswegen gab es weniger Arbeitsstellen. Das kam nicht so gut an und wir haben neue Berufe geschaffen“, erklärt Jennifer Lübke. Arbeitslosigkeit ist bitter, das lernen schon die Kleinen. Dann lieber ein paar Siegis mehr verdient und keine Zeit zum Ausgeben.

Um 11.20 Uhr ist es dann soweit: Die Stimmen sind ausgezählt. Das Radio ruft dazu auf, sich vor dem Bürgeramt einzufinden. Mit über 40 Stimmen gewinnt die zehnjährige Luna die Bürgermeisterwahl. „Ich freue mich, Ideen zu verwirklichen und Beschwerden zu lösen“, sagt sie. Anders als in Siegburg hat sie in Mini-Siegburg dafür auch nur knapp vier Tage Zeit.

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