Denkmal am Marktplatz Neue Tafel informiert über Siegessäule in Siegburg
Siegburg · In Siegburg kennt wohl jeder das meterhohe Denkmal auf dem Marktplatz. Eine neue Tafel informiert Spaziergänger nun darüber, warum die Siegessäule errichtet wurde und welchem Zweck sie diente.
Die tief stehende Januarsonne lässt die Säule auf dem Marktplatz in Siegburg hell erstrahlen. Nicht ganz so leuchtend ist hingegen die Geschichte des Denkmals. Über die informiert nun eine Stele unmittelbar an der Siegessäule.
Das Denkmal auf dem Marktplatz wurde am 18. August 1877 enthüllt. Die Erstellungskosten betrugen seinerzeit 20.000 Goldmark. Das Modell entwarf der Breslauer Architekt Ritschert; der Bonner Steinmetz Johann Josef Olzem fertigte den Unterbau der geflügelten Viktoria aus Sandstein. Die Siegesgöttin steht auf einer Rundsäule auf einem quadratischen Sockel, der von einem achtseitigen Unterbau getragen wird. Am Sockel sind die Namen der 168 Toten des Sieg-Kreises zu lesen, die in den Einigungskriegen 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich starben. Die Viktoria an der Spitze ist ein Abguss der 1843 auf dem Berliner Belle-Alliance-Platz (heute Mehringplatz) aufgestellten Siegesgöttin des Bildhauers Christian Daniel Rauch (1777 bis 1857). Die treibende Kraft hinter der Errichtung des Denkmals war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Kameradschaftliche Verein Siegburg. 1866 gegründet, ging er aus einem Komitee hervor, dass die Siegburger Soldaten nach dem Sieg im böhmischen Königgrätz überschwänglich in ihrer Heimatstadt willkommen hieß.
Der Kameradschaftliche Verein war nicht die einzige Gemeinschaft, die im Kaiserreich regelmäßig zu Füßen der Viktoria Aufstellung nahm, sagt der Siegburger Stadtarchivar Jan Gerull. „Auch Turner, Schützen und Gesangvereine marschierten am Denkmal auf, bevorzugt zu Stiftungsfesten, zum Kaisergeburtstag oder zu Jahrestagen der siegreichen Schlachten.“ Die Einweihung des Denkmals fand zudem am siebten Jahrestag der „Schlacht von Gravelotte“ statt, einem blutigen Kampf im Deutsch-Französischen Krieg. „Das Denkmal gab einer militaristischen, nationalistischen und nicht zuletzt monarchischen Grundhaltung der Entstehungszeit Ausdruck, einem Charakter also, den es im Zeitalter der 60 Jahre währenden deutsch-französischen Freundschaft zum Glück verloren hat“, so Gerull. Spaziergänger sollen heute verstehen, was das Denkmal in der Vergangenheit für eine Bedeutung hatte.
Informationstafel statt ständiger Ausstellung
Den Anstoß dazu gab Die Linke, die dazu 2021 einen Antrag stellte. Sie wollte die Passanten am Markt darüber informieren, warum die Siegessäule errichtet wurde und welchem Zweck sie in der Vergangenheit diente. Raymund Schoen aus der Linke-Fraktion im Stadtrat wollte den Aufbau einer ständigen friedenspolitischen Ausstellung mit Exponaten aus Frankreich und Deutschland am Denkmal erreichen: „Mein Vater hat als 17-Jähriger im Ersten Weltkrieg an der Westfront vor den Toren Amiens gegen schottische Soldaten gekämpft“, schildert der 70-Jährige seine Beweggründe. Nur fünf Prozent der Truppe sollen den Krieg überlebt haben.
Nach einer gemeinsamen Stellungnahme von Stadtarchiv und Stadtmuseum einigte sich die Kommunalpolitik schließlich auf etwas anderes. „Im Oktober 2021 gab es ein Museumsgespräch zum Thema. Das hat sich mit der Kriegsrückschau und Gedenk-Inszenierungen am Denkmal in der Zeit des Kaiserreichs beschäftigt“, sagt Stadtarchivar Jan Gerull. Anstelle der friedenspolitischen Ausstellung wurde nun eine Informationstafel aufgestellt, die das Denkmal in einen historischen Zusammenhang einbettet. Die Finanzierung der Tafel sicherte der Stadtratsbeschluss im März 2022 mit einem Beschluss. Im Zuge mehrerer Anträge mit dem Titel „Mit der Geschichte leben“ erhielt das Projekt „Gedenktafel Kriegerdenkmal" schließlich 2000 Euro.
Für den Inhalt der Gedenktafel ist ebenfalls Jan Gerull verantwortlich. Die Gestaltung übernahm der Grafiker Eric de Corné, der schon vergleichbare Geschichtsstelen für die Stadt Siegburg entworfen hat. Dazu gehört die zum tödlichen Zwangsarbeiterbeschuss 1945 auf der Kaldauer Hauptstraße ebenso wie die zum Komponisten Engelbert Humperdinck am Michaelsberg. Auch am Nordfriedhof soll eine neue Stele installiert werden. Sie wird sowjetischen Zwangsarbeitern gewidmet, die im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland verschleppt wurden und in Siegburg arbeiten mussten.