Gymnasium Alleestraße Siegburg Die andere Saite der Hausmeisterin

SIEGBURG · Ein helles Schild weist den kleinen Raum in der Nähe der Pausenhalle als den "Streitschlichtungsraum" des Gymnasiums an der Alleestraße aus. Es ist später Nachmittag, die Tür ist leicht geöffnet. Sanfte Gitarrenakkorde klingen nach draußen über den Flur.

 Gitarrenlehrer Christian Briegleb (von links), seine Schülerin Therese und deren Ehemann Romuald Majnusz.

Gitarrenlehrer Christian Briegleb (von links), seine Schülerin Therese und deren Ehemann Romuald Majnusz.

Foto: Holger Arndt

Zum Streitschlichtungsprogramm gehört dies jedoch nicht, auch wenn man den Klängen eine gewisse beruhigende Ausstrahlung nicht absprechen kann.

Nach Ablauf des gymnasialen Ganztages ist der Streitschlichtungsraum Aufsichtsraum des Abendgymnasiums. Dann sitzt dort meist das Hausmeisterehepaar Therese und Romuald Majnusz. Die Hausmeisterin spielt seit drei Jahren Gitarre. Und sie übt das Saiteninstrument in jeder freien Minute - vor dem Frühstück, nach dem Schließdienst im Abendgymnasium, bei der Pause in der Kaffeebude.

Das Bild der musizierenden Hausmeisterin ist den Gymnasiasten inzwischen vertraut. Obwohl Majnusz erst seit wenigen Jahren spielt. Für die 55-Jährige war das die Erfüllung eines Jugendtraums. Bereits in ihrer polnischen Heimat hatte Therese Majnusz als Achtjährige für die Dauer von zwei Jahren Klavierunterricht, doch der Gitarren-Traum musste noch viele Jahre warten.

Mit ihrem Mann Romuald kam sie 1981 nach Deutschland, seit März 1987 sind beide am Gymnasium Alleestraße sowie am dortigen Abendgymnasium als Hausmeister tätig. "Eigentlich dachte ich immer, dass meine Finger viel zu kurz und zu dick sind", gibt die kleine Frau zu bedenken. "Doch dann lud mich Herr Briegleb in die Gitarren-AG ein."

Als Nachmittags-Angebot im Ganztag bietet das Gymnasium interessierten Schülern eine Gitarren-AG. Christian Briegleb steuert dem Kursus Eigenkompositionen bei und richtet sich dabei nach dem individuellen Stand seiner Schülerinnen und Schüler.

Er lud die Hausmeisterin ein, einfach mitzumachen. "Es zeigte sich schnell, dass sie über ein gutes musikalisches Gehör verfügt und der Gruppe guttut", sagt der Musikpädagoge, der Therese sofort in den zweiten Kursus einstufte. Mit ihrer freundlichen, offenen Art bereichert die Hausmeisterin die Schülergruppe und das Repertoire wurde durch sie ebenfalls bereichert.

Von Verwandtenbesuchen in Polen brachte sie polnische Liederbücher mit, die Briegleb in seinen Arrangements für die Gitarrengruppe verarbeitete. Zwei klangvolle Ergebnisse dieser Bearbeitungen waren mit "Sommerliebe" und "Tanz im Dorf" beim Sommerkonzert des Gymnasiums vor den Ferien in der Aula an der Alleestraße.

Der stille Star der Aufführung war Hausmeisterin Majnusz. Und ihre "Mitschüler" wussten die besondere Leistung ihrer Hausmeisterin, die die Schulbank mit der Gitarre seit drei Jahren gerne drückt, mit reichhaltigem Applaus zu würdigen. Die Bühne ist für die 55-Jährige seither Herausforderung und Therapie zugleich. "Wenn ich gestresst bin, hilft es mir, mit der Gitarre zu spielen. Ich weiß heute nicht mehr, wie ich ohne die Gitarre leben konnte. "

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