Neubau oder Sanierung? Die Bürger könnten beim Siegburger Rathaus mitbestimmen

Siegburg · Seit Jahren beschäftigt sich die Politik in Siegburg mit der Frage, ob das Rathaus saniert oder neu gebaut werden soll. Wenn der Rat sich nicht entscheiden kann, ist ein Ratsbürgerentscheid eine Option in der Diskussion. Dann obliegt es den Siegburgern zu entscheiden.

Sanierung oder Neubau auf dem Allianzparkplatz? Die entscheidende Frage zur Zukunft des Siegburger Rathauses beschäftigt die Politik seit Jahren. Ein Ende ist aber in Sicht: Im Herbst soll die Entscheidung fallen. Bis dahin werden die in der Machbarkeitsstudie zur Sanierung des Rathauses ermittelten Kosten noch einmal überprüft, alle drei verbliebenen Varianten durch Wirtschaftsprüfer Klaus Schmitz-Thoenneßen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht und in den Fraktionen beraten. „Sollte es im Rat keine deutliche Mehrheit für eine Sanierung oder eine der zwei Varianten für einen Rathausneubau geben, kommt ein Ratsbürgerentscheid“, sagte Bürgermeister Franz Huhn am Mittwoch noch einmal im Rat. Dann obliegt es den Siegburgern zu entscheiden. Die rechtlichen Bedingungen für einen Ratsbürgerentscheid erläuterte Rechtsanwalt Michael Nimphius dem Gremium.

Was ist ein Ratsbürgerentscheid?

Er ist ein Mittel, das dem Rat die Möglichkeit gibt, in wichtigen kommunalpolitischen Angelegenheiten oder Fragen die Entscheidungskompetenz an die Bürger zurückzugeben. Der Bürger entscheidet selbst und nicht seine gewählten Vertreter im Rat. Das Instrument zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gibt es seit Oktober 2007. Es kommt dann in Betracht, wenn eine anstehende Ratsentscheidung umstritten ist. Beschließt ein Rat einen Bürgerentscheid, entfällt die Stufe des Bürgerbegehrens, in dem Bürger Unterschriften für einen Bürgerentscheid sammeln müssen.

Wann kommt es zu einem Ratsbürgerentscheid?

Die rechtliche Basis für einen Ratsbürgerentscheid bildet Paragraf 26 der NRW-Gemeindeordnung. Demnach muss der Rat einen Ratsbürgerentscheid mit einer qualifizierten Mehrheit beschließen. Das heißt, zwei Drittel der 46 Siegburger Ratsmitglieder plus Bürgermeister müssen zustimmen. „So stellt der Gesetzgeber sicher, dass der Rat sich seiner Verantwortung nicht allzu häufig entzieht und den Bürger entscheiden lässt“, erklärte Michael Nimphius.

Welche Anforderungen muss er inhaltlich erfüllen?

Die zur Entscheidung zu bringende Frage muss so formuliert sein, dass die Bürger sie nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten können. Sie muss eindeutig und aus sich verständlich sein. „Ich empfehle eine grundsätzliche Frage, da nur sie ein eindeutiges Quorum bringt“, so Nimphius. Auf Siegburg bezogen könnte eine solche Frage etwa „Sind Sie für die Sanierung des Rathauses und gegen den Neubau des Rathauses auf dem Allianz-Parkplatz?“ lauten – oder umgekehrt. Neben der Fragestellung muss auch der Beschluss zum Ratsbürgerentscheid schon eine Begründung enthalten, die über den Sachverhalt und die Argumente aufklärt. Auf Nachfrage hielt Bürgermeister Franz Huhn fest, dass in Siegburg auch eine Kostenschätzung Bestandteil der Begründung sein wird.

Wie geht es weiter, wenn der Rat einen Ratsbürgerentscheid beschließt?

Der Rat legt den Tag des Bürgerentscheids fest. Ähnlich einer Kommunalwahl findet die Abstimmung an einem Sonntag in verschiedenen Stimmlokalen statt. Eine Stimmabgabe ist auch per Brief möglich. Abstimmberechtigt ist, wer am Tag der Abstimmung das 16. Lebensjahr vollendet hat, die deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines EU-Mitgliedstaates besitzt und seinen Hauptwohnsitz in Siegburg hat. Mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten müssen ihre Stimme abgeben, damit ein Bürgerentscheid gültig ist.

Wie bindend ist der Entscheid?

Ein Ratsbürgerentscheid hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses. Das heißt, es bedarf keiner Bestätigung durch den Rat. Er ist zwei Jahre bindend und nur durch einen erneuten Bürgerentscheid zu ändern. Bei einem „Ja“ ist die Verwaltung unmittelbar gebunden und verpflichtet, den Bürgerentscheid umzusetzen. „Bei einem Nein gibt es unterschiedliche Auffassungen“, so Nimphius. Daher rät er, die Frage so zu formulieren, dass sie ein Ja für die eine und auch ein Nein für die andere Variante beinhaltet.

Gab es in Siegburg schon einmal einen Ratsbürgerentscheid?

Einen Ratsbürgerentscheid hat es in Siegburg bislang noch nicht gegeben. Vor acht Jahren kam es allerdings im Zusammenhang mit dem geplanten ECE-Einkaufszentrum, für das das Siegburger Rathaus abgerissen werden sollte, zu einem von den Bürgern initiierten Bürgerentscheid. Im September 2010 stimmten 9905 Siegburger gegen den Abriss des Rathauses – und damit gegen den heftig umstrittenen Bau der 20 000 Quadratmeter großen Einkaufsgalerie.

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