Interview mit Ralph Bergold "Die Siegburger Abtei ist ein Leuchtturm, der mich anspricht"

Siegburg · Ralph Bergold ist Leiter des Katholisch-Sozialen Instituts (KSI), das 2017 von Bad Honnef nach Siegburg zieht. Für rund 40 Millionen Euro wird die ehemalige Abtei auf dem Michaelsberg umgebaut.

Im Frühjahr 2017 zieht das Katholisch-Soziale Institut (KSI) von Bad Honnef in die Siegburger Abtei. Diese hat das Erzbistum für gut 40 Millionen Euro um- und ausbauen lassen. Trotz der exponierten Lage werde man nicht im Elfenbeinturm sitzen, sagt Professor Ralph Bergold. Dem Leiter des KSI ist die Nähe zum städtischen Leben wichtig.

Die Siegburger Abtei ist als Landmarke weithin wahrnehmbar. Was empfinden Sie, wenn Sie sie sehen?

Ralph Bergold: Einerseits steht sie für die Zukunft, weil wir nächstes Jahr dorthin ziehen. Insofern ist sie ein Leuchtturm, der mich anspricht. Andererseits bedeutet sie auch Wehmut, weil wir dafür unseren Sitz in Bad Honnef verlassen müssen – ein tolles Haus, das wir als Lernort erfolgreich gestaltet haben. Letztlich sind es also gemischte Gefühle.

Kannten Sie Siegburg schon, als das Erzbistum 2012 den Umzug beschlossen hat?

Ralph Bergold: Der Michaelsberg war mir bekannt, weil dort das Edith-Stein-Exerzitienhaus war. Ich muss aber gestehen, dass ich die Stadt selbst nicht kannte. Einmal habe ich mich mit dem Auto schrecklich verfahren. Ich kam zwar leicht in die Stadt hinein, fand dann aber nicht mehr den Weg heraus.

Aber jetzt kennen Sie sich besser aus, oder? Die Stadt und das KSI haben ja bereits zusammengearbeitet.

Bergold: Stimmt. Wir sind früh mit Bürgermeister Franz Huhn in Kontakt gekommen. Er legte Wert darauf, dass wir schon im Vorfeld ins städtische Leben eingebunden werden. 2014 gab es ja die wunderbare 950-Jahrfeier der Stadt Siegburg. Daran haben wir uns beteiligt – mit einer Fachtagung zur Abteigeschichte und mit der Ausstellung von Harald Naegli im Stadtmuseum. So bestehen schon einige Verbindungen zu kulturellen Einrichtungen oder auch zum Stadtmarketing. Wir sind noch nicht da, aber wir gestalten schon einiges mit. Besonders das kulturelle Leben liegt uns am Herzen.

Nach dem Rückzug der Benediktiner übernehmen Sie nun sozusagen den Michaelsberg mit seiner langen Geschichte. Ist es eine Bürde, dieses Erbe anzutreten?

Bergold: Nein, eher eine Herausforderung. Das schreckt uns aber nicht ab. Wir standen als Akademie immer schon im Spagat zwischen Kirche und Gesellschaft. Unser Programm – wir machen etwa 300 Veranstaltungen im Jahr – generiert sich aus aktuellen gesellschaftlichen Themen, zu denen wir dann Bildungsveranstaltungen anbieten. Wenn wir oben auf dem Berg unseren Sitz haben, verstehen wir das keineswegs als Elfenbeinturm. Wir wollen darauf schauen, was die Menschen bewegt. Was können wir ihnen geben, was können wir ausstrahlen? Deshalb ist auch die Nähe zur Stadt so wichtig.

Der Umbau der Abtei

Erweitern Sie Ihr Programm, wenn Sie im kommenden Jahr als Tagungsbetrieb nach Siegburg kommen?

Bergold: Quantitativ wird es in etwa gleich bleiben. Aber wir sind gerade dabei, unsere Programmatik aufgrund des neuen Standorts zu verändern. Wir wollen neue Formate ausprobieren und das Sozial-Ethische, das zu unserem Auftrag gehört, ausbauen. Grundsätzlich haben wir zwei Säulen. Der eine Teil des Programms richtet sich an Menschen aus dem kirchlichen Umfeld, der andere ist offen für alle. Mit wie vielen Gästen rechnen Sie pro Jahr? Bergold: Jetzt gehen über 20 000 Menschen im Jahr im KSI ein und aus. Das werden sicherlich mehr werden aufgrund der Lage. Genau kann man das zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Eine vorsichtige Prognose wäre eine zehnprozentige Steigerung.

Wird das nicht Verkehrsprobleme rund um den Berg aufwerfen? Die eigens für den Bau angelegte Straße am Kleiberg soll ja wieder verschwinden.

Bergold: Die Verkehrserschließung über die Bergstraße und die Parksituation sind in der Tat noch ein Problem – auch wenn wir im Neubau eine Tiefgarage haben. Es gibt einige Voruntersuchungen zum Verkehr, aber die konkreten Auswirkungen wird man erst sehen, wenn der Tagungsbetrieb läuft. Aber es ist jetzt schon klar, dass da einiges zusammenkommen wird: Mitarbeiter, Tagungsgäste, Lieferverkehr, dazu die nötigen Sicherheitszugänge. Wir hoffen, dass wir zusammen mit der Stadt Lösungen finden werden. In jedem Falle werden wir an alle, die zu uns kommen, appellieren, die öffentliche Verkehrsanbindung zu nutzen. Mit dem ICE-Bahnhof haben wir einen großen Standortvorteil. Da wäre zum Beispiel ein Shuttle denkbar.

Wie kommen sie mit ihren neuen Nachbarn klar, dem Orden der Unbeschuhten Karmeliten?

Bergold: Die Karmeliten, die schon seit 2013 auf dem Berg leben, werden in das KSI eng eingebunden. So stimmen wir uns etwa beim Bildungsangebot ab, und wir sind an spirituelle Angebote wie Gottesdienste und Stundengebete in der Abteikirche angegliedert. Außerdem wird unser Hausgeistlicher aus den Reihen der Karmeliten kommen.

Klösterliches Leben auf dem Michaelsberg

War es schwierig, die Abtei zum Tagungsbetrieb umzurüsten?

Bergold: Der Aufwand war schon enorm. Die Räumlichkeiten waren größtenteils auf dem Stand der 1950er Jahre. Ob Energieversorgung, Brandschutz oder Sicherheit – da mussten wir massiv in die Infrastruktur eingreifen, ohne dabei die Gesamtoptik zu stören. Die Abtei steht ja unter Denkmalschutz.

Bleiben denn auch Elemente erhalten, die auf das alte Abteileben schließen lassen?

Bergold: Ich denke, wir haben eine gute Mischung hinbekommen. Wir haben ein modernes Tagungshaus, und trotzdem wird deutlich, dass es früher eine Abtei war. Es gibt weiter den Kreuzgang, und auch die Mönchszellen bleiben erhalten. Die ehemalige Hauskapelle und das Refektorium sind künftig Tagungsräume. Die Bibliothek, die sich über zwei Etagen erstreckte, haben wir allerdings zurückgebaut. Auch die Kirche wird neu gestaltet, doch damit lassen wir uns noch etwas Zeit. Halten Sie den Neubau für gelungen? Bergold: Ja, der ist optimal. Dort sind Verwaltung, Tagungsräume und unser Restaurantbetrieb untergebracht. Die Architektur spiegelt das wieder, was uns schon in Bad Honnef wichtig war: Die Räume sind hell, offen, großzügig und kommunikativ. Außerdem haben wir damit neue Orte geschaffen. Wenn Sie auf der Dachterrasse stehen, haben Sie einen tollen Rundumblick auf die Region.

Siegburger Abtei-Ansichten

Wann ziehen Sie ein?

Bergold: Unsere letzte Veranstaltung in Bad Honnef ist am 6. Januar 2017. Im April läuft der Betrieb dann in Siegburg an, und im Mai ist Eröffnung. So langsam geht es ans Packen der Kisten.

Kommen alle Ihrer 80 Mitarbeiter mit nach Siegburg?

Bergold: Wir haben alle dazu eingeladen, aber seit Bekanntgabe des Umzugs vor vier Jahren bis zum Umzug werden etwa ein Drittel nicht mitkommen. Für manch einen ist die räumliche Distanz einfach zu groß. Andere wiederum sind bereit, ihren Wohnort zu verlagern.

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