Mechthild Tillmann Direktorin der VHS Rhein-Sieg geht in Ruhestand

SIEGBURG · Mechthild Tillmann geht nach 19 Jahren an der Spitze der Volkshochschule Rhein-Sieg in Pension. Die 62-Jährige blickt auf die vergangenen Jahre, die Entwicklung der VHS und einen kleinen Skandal zurück.

Oma steht in rot unten auf der mit Veranstaltungsplakaten und anderen Informationen gespickten weißen Tafel. Daneben ein Herz und Emilia. Mechthild Tillmann blickt liebevoll auf die mit Kinderschrift in ihrem Büro hinterlassene Liebeserklärung. Eine Erinnerung an den Besuch der Enkelin in ihrem Büro in der Geschäftsstelle der Volkshochschule Rhein-Sieg (VHS) in Siegburg. Seit 19 Jahren ihr Arbeitsplatz als Direktorin der Bildungseinrichtung. Noch viel länger ist sie mit der VHS eng verbunden. Doch nach fast vier Jahrzehnten nimmt sie nun Abschied: Am Sonntag feiert sie ihren 63. Geburtstag und ihre offizielle Verabschiedung, denn zum Monatsende geht sie in Pension.

Ein Schritt, der wohl überlegt, gut vorbereitet und dennoch kein leichter ist. Mechthild Tillmanns Herz schlägt für Bildung und besonders für die Volkshochschule. Das dringt auch kurz vor ihrem letzten Arbeitstag noch aus jedem ihrer Worte. „Ich habe immer gerne gelernt“, sagt sie. Schon als kleines Mädchen, das zusammen mit vier Brüdern im Bergischen Land aufgewachsen ist und Bücher verschlungen hat. In der Volksschule glänzte sie mit guten Noten und „null Fehlern im Diktat“. Dennoch gab der Schulleiter ihr nur eine Realschulempfehlung. „Meine Mutter setzte energisch durch, dass ich doch auf das Gymnasium gehen durfte“, erinnert sich Tillmann. Das sei eine wichtige Weichenstellung in ihrem Leben gewesen.

Mit 24 den ersten Kurs an der VHS

„Mein Hirn hat immer Hunger, das ist bis heute so, ich sauge alles auf“, sagt die Frau, die nach dem Abitur zunächst Dolmetscherin bei der EU werden wollte. Sie studierte schließlich Anglistik und Germanistik in Bonn und Sussex, mit zwei Abschlüssen. „Da mein zweites Staatsexamen in eine Zeit fiel, als es einen Einstellungsstopp für Lehrer gab, machte ich noch meinen Magister“, so Tillmann. Da stand die Verbindung zur 1974 gegründeten VHS Rhein-Sieg schon.

Als Referendarin war Tillmann nach Siegburg an das Gymnasium Alleestraße gekommen. „Mit 24 Jahren gab ich als junge Studentin meinen ersten Englisch-Unterricht an der VHS in Sankt Augustin“, erinnert sie sich. Das war 1980 – und sie blieb, zunächst als freie Dozentin, ab 1992 als Fachbereichsleiterin für Englisch und das Programm für Ältere und seit dem 1. Januar 2000 als Direktorin.

Interne Nachbesetzung

Eine interne Nachbesetzung hatte der Zweckverband beschlossen, als Tillmanns Vorgänger und VHS-Gründungsdirektor Joseph Delling aufhörte. Sie setzte sich gegen zwei Kollegen durch, als Frau, ohne Parteibuch, mit Kindern und geschieden. Ein Novum. „Die fehlende Parteizugehörigkeit half mir dabei, ein Vertrauensverhältnis zu den 64 Menschen im Zweckverband, zu den neun Kommunen und ihren Bürgermeistern aufzubauen“, sagt sie.

Die VHS Rhein-Sieg versorgt Siegburg, Sankt Augustin, Hennef, Lohmar, Neunkirchen-Seelscheid, Much, Windeck, Eitorf und Ruppichteroth mit Bildungsangeboten. Ein großes Gebiet, mit rund 260.000 Einwohnern, in dem aktuell 28 fest angestellte und 440 freie Mitarbeiter unterwegs sind. „Wir mussten die VHS neu aufstellen und einen Paradigmenwechsel bewältigen“, beschreibt Tillmann die größte Herausforderung ihrer Amtszeit. Die VHS sei nach dem Jahrtausendwechsel schlecht geredet worden, überdies kürzte das Land die Zuschüsse. „Wir mussten Weichen stellen, um das Thema Bildung weiter nach vorne zu bringen“, berichtet sie.

„Daher haben wir unser Angebot kritisch durchforstet und Marketing gelernt“, beschreibt Tillmann, wie sie und ihr Team den inhaltlichen Wandel vollzogen haben. Mit Erfolg: „Wir haben aus einer hoch geachteten, traditionellen Hochschule für das Volk eine kundenorientierte Dienstleistung gemacht, immer am Puls der Zeit.“ Das Kursangebot spreche gezielt Menschen aus allen Bildungsschichten an.

"Sensationelles Team"

Mit Blick auf die immer wieder erfolgten Mittelkürzungen erinnert sich Tillmann an einen kleinen Skandal. 1981 zierte ein Dozenten-Porträt den Titel des VHS-Programms. Um den Kopf war ein Gürtel gebunden, darunter der Satz: „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“. Die Folge: Das Programm musste ohne Titelseite verteilt werden. Finanziell sei die Einrichtung heute gut abgesichert, sagt sie. Über neue Gebührenstrukturen und sorgfältige Kalkulationen für jeden Kurs. Seit zehn Jahren verfüge die VHS über Bilanz und Jahresabschlüsse.

„Das alles habe ich nur geschafft, weil ich ein sensationelles Team habe, auf das ich mich Tag und Nacht verlassen kann“, sagt Tillmann. Mit Struktur, Strategie und Leidenschaft habe sie ihren Beruf gelebt. Sie hofft, dass ihr Nachfolger die Weiterbildung in den Kommunen genauso engagiert weiterführt. Und was kommt nach der VHS? „Ich möchte mich mehr dem Schreiben widmen und der Musik“, sagt sie. Beides könne sie in ihrem Ehrenamt an der Bonner Oper realisieren. „Und dann habe ich zwei wunderbare Enkelinnen, für die ich jetzt mehr Zeit habe.“