Bürgerforum in Siegburg Diskussion um Sanierung oder Abriss des Rathaus

SIEGBURG · Wenn es um die Zukunft des Siegburger Rathauses geht, sollen die Bürger mitreden. Sanierung oder Abriss und Neubau - darum geht es bei Bürgerforen, die voraussichtlich im nächsten Jahr stattfinden sollen.

Das ist das Ergebnis der ersten Sitzung des eigens gegründeten Bau- und Sanierungsausschusses Rathaus, der am Dienstag unter dem Vorsitz von Thomas Salcedas (CDU) zum ersten Mal tagte.

Der Umfang der Arbeiten, der Zeitplan und die Kosten sind im Moment noch unklar. Absehbar ist nur, dass die Stadt trotz schlechter Haushaltslage etliche Millionen Euro investieren muss. "Die Zeit der Notreparaturen ist vorbei", sagte Bürgermeister Franz Huhn.

Wie sehr das Rathaus in die Jahre gekommen ist, war am Dienstag schon am Tagungsort zu spüren: Die Ausschussmitglieder saßen auf 60er-Jahre-Stühlen in einem stickigen Ratsaal, in dem sich nicht die Fenster öffnen lassen und die Lüftungsanlage außer Betrieb ist. Die Akustik ist teilweise miserabel, das Licht schummrig.

Die Mängelliste, die der Siegburger Architekt Kaj Jensen - er war mit einer Bestandsaufnahme betraut - dem Ausschuss präsentierte, war noch viel länger und gravierender. Seiner Untersuchung zufolge sind die Fenster undicht, ebenso das Dach. Fassadenteile sind angegriffen, das Heizungssystem pfeift aus dem letzten Loch. "Über die Außenhülle und das Dach geht viel Energie verloren", erklärte Jensen. Die Werte lägen teilweise um ein Vielfaches über den Standards der jüngsten Energieeinsparverordnungen.

Das Rathaus wurde 1968 eingeweiht, eine grundlegende Sanierung hat es nie gegeben. Getan wurde nur das Nötigste - zum Beispiel dann, wenn Brandschutzauflagen Nachbesserungen erforderten. Genau das setzt die Stadt schon in den nächsten Jahren in Zugzwang, wie die Technische Beigeordnete Barbara Guckelsberger deutlich machte.

Dass das Rathaus Stück für Stück saniert werden kann, ist nach Darstellung Jensens wenig wahrscheinlich: Zu sehr sind die einzelnen Bauteile miteinander verwoben. So hängt etwa die Außenfassade mit den Heizungsrohren zusammen. Dementsprechend tendierte der Gutachter zu einer "ganzheitlichen Sanierung", bei der außer dem Betongerippe kaum etwas stehen bliebe. Hinzu kommt, dass eine Veränderung des Erscheinungsbildes mit dem Erbauer des Rathauses, dem Architekten Peter Busmann, abgestimmt werden muss (siehe Text unten).

Die Sanierungskosten schätzte Jensen vorsichtig auf 8,6 Millionen Euro. Darin sind beispielsweise Kosten wie Honorare oder für einen Umzug der Verwaltung in ein Ausweichquartier noch nicht eingerechnet. "Wie teuer es am Ende wird, kann man noch nicht sagen", sagte Huhn. Das werde sich im weiteren Verfahren konkretisieren. Geprüft werden soll, ob die Arbeiten nicht doch abschnittweise über mehrere Jahre gestreckt werden können, damit der Haushalt nicht so stark belastet wird. Nach jetzigem Stand sind ab 2015 Mittel eingeplant. Inwieweit sich die aktuelle Finanzmisere - im Haushalt 2014 hat sich jüngst das Defizit auf mehr als 20 Millionen Euro erhöht - auf die Pläne auswirkt, wird sich noch zeigen. Die Kosten für das Rathaus sollen von einem externen Büro durchgerechnet werden.

"Wir müssen die Dinge mit den Bürgern erörtern", sagte Jürgen Becker (CDU). Nach seiner Einschätzung sind vier Varianten denkbar: eine Sanierung, eine Sanierung mit Erweiterung, ein Neubau am selben Ort sowie ein Neubau an anderer Stelle. Die Forderung von Raymund Schoen (Linke), auch den Staus quo in den Foren zum Thema zu machen, blieb im Ausschuss eine Einzelmeinung. "Bevor wir mit den Bürgern diskutieren, müssen wir unsere Hausaufgaben machen", sagte Hans Werner Müller (Grüne). "Alle Fakten müssen auf den Tisch."

Die Foren sollen nach Vorbild der Neugestaltung des Michaelsbergs gestaltet werden. 2013 konnten die Siegburger in vier Runden über die Gestaltung der Freiflächen mitentscheiden. "Wir hatten den Eindruck, dass dieses Vorgehen positiv aufgenommen worden ist", so Guckelsberger. Der Prozess wurde vom Hamburger Planer Peter Köster moderiert. Er steht für die Rathaus-Diskussion nicht zur Verfügung, vermittelte der Stadt aber einen Architekten, der Experte für sanierungsbedürftige Verwaltungsbauten ist und nun als Moderator in Betracht kommt. Er soll sich in der Ausschuss-Sitzung im November zunächst vorstellen. Die Stadt will einen Moderator einsetzen, der nicht aus der Region kommt und deshalb unbefangen ist.

Das Urheberrecht des Architekten

Es klingt paradox: Wenn die Stadt Siegburg etwas an der Fassade des Rathauses verändert, muss sie den Architekten Peter Busmann konsultieren, der das Haus in den 60er Jahren entwarf. Würde das Rathaus abgerissen, ist Busmann außen vor. So sieht es das Urheberrecht vor. Der renommierte Kölner Architekt legt Wert darauf, dass er bei einer möglichen Sanierung des Rathauses einbezogen wird. Das sagte Busmann im April in einem GA-Interview. Er ist gegen den Abriss. Der 80-Jährige beklagte auch, dass sich das Umfeld des Baus anders entwickelt habe, als er es damals vorgesehen habe. So war neben dem Rathaus noch ein kleiner Platz nach italienischem Vorbild ("Piazetta") vorgesehen. Dieser wurde jedoch bebaut. Sobald es um eine Umgestaltung des Rathauses gehe, werde man sich mit Busmann abstimmen, sagte die Beigeordnete Barbara Guckelsberger.

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