Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn Ein Jahr warten auf die Antwort

RHEIN-SIEG-KREIS · Über ein Jahr lang hat die Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn auf eine Antwort auf den offenen Brief an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft gewartet.

 Passagierflüge in der Nacht können nach Auffassung des NRW-Verkehrsministeriums am Flughafen Köln/Bonn nicht verboten werden.

Passagierflüge in der Nacht können nach Auffassung des NRW-Verkehrsministeriums am Flughafen Köln/Bonn nicht verboten werden.

Foto: Arndt

Anlässlich des Weltkindertages am 20. September 2014 hatte die Initiative zusammen mit der Bundesvereinigung gegen Fluglärm an die Regierungschefin geschrieben. Gemeinsam forderten sie von der Sozialdemokratin: "Bitte machen Sie den Ihnen qua Amt verliehenen politischen Einfluss geltend. Stoppen Sie vor allem den ausufernden Nachtfluglärm."

Ein Jahr später, am Weltkindertag 2015, erinnerten die Initiativen mit einer in Zeitungen veröffentlichten Anzeige an ihren Brief. Was jetzt als Antwort auf die Forderung nach weniger Fluglärm in der Nacht und einer Kernruhezeit zwischen 0 und 5 Uhr aus Düsseldorf kam, bezeichnet Helmut Schumacher von der Lärmschutzgemeinschaft als "reines Abwimmeln". Und: "Nicht anders als erwartet."

Nicht Hannelore Kraft oder die Staatskanzlei, sondern das NRW-Verkehrsministerium hat auf den Brief geantwortet. Ministerialrat Ulrich Barthel schreibt im Auftrag und im besten Verwaltungsdeutsch: Laut der jüngsten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für Nordrhein-Westfalen "ist der auf bestandskräftig gesicherter, rechtlicher Basis am Flughafen Köln/Bonn stattfindende (Nacht-)Flugbetrieb nicht zu beanstanden."

So hat das OVG mit seinem Urteil vom 3. Juni 2015 (AZ.: 20 D 16/14.AK) die Klage von Flughafenanwohnern, die sich vor allem gegen den nächtlichen Flugverkehr gewandt hatten, abgewiesen. Ein Nachtflugverbot ist also nach wie vor sehr unwahrscheinlich. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

In dem offenen Brief hatte die Lärmschutzgemeinschaft besonders die negativen Auswirkungen des Fluglärms auf Kinder herausgestellt. "Kinder benötigen für ihre normale körperliche und geistige Entwicklung ausreichend erholsamen Schlaf und in der Schule tagsüber Ruhe zum Lernen. Die vielfältigen dazu vorliegenden Studien (...) müssten Ihnen bekannt sein", hieß es in Richtung Hannelore Kraft.

Zu den Unterzeichnern gehörte auch der emeritierte Professor für Epidemiologie der Uni Bremen, Eberhard Greiser. Er hat viele Untersuchungen im Umfeld von Flughäfen durchgeführt. Laut seiner Studien nimmt die Lesefähigkeit bei neun- bis elfjährigen Schülern mit zunehmendem Fluglärm ab. Seine Gutachten, die er im Umfeld des Flughafens Köln/Bonn erstellt hat, weisen auf gesundheitliche Risiken durch Fluglärm hin.

Dieser werde auch im Schlaf wahrgenommen und führe zur Ausschüttung von Stresshormonen, was zu Bluthochdruck führe. Auch die jüngst vorgestellte Norah-Studie sieht negative Auswirkungen von Fluglärm auf die Leseleistung von Kindern. Auch deswegen will die Lärmschutzgemeinschaft dranbleiben und sich weiter an Hannelore Kraft wenden. "Es ist für uns völlig unverständlich, dass die Ministerpräsidentin sich von ihren früheren Zusagen, in Köln/Bonn ein fünfstündiges Passagierflugverbot einzuführen, sang- und klanglos zurückgezogen hat. Noch unverständlicher ist für uns, dass Frau Kraft uns seit 2010 ein direktes Gespräch über das Thema 'Fluglärm Köln/Bonn' verweigert", sagt Schumacher.

Die Zahl der Nachtflüge an Köln/Bonn ist laut Flughafensprecher Walter Römer leicht gestiegen. Im ersten Halbjahr 2015 waren es 16 909 (7847 Starts, 9062 Landungen), im Vergleichszeitraum 2014 waren es 16 441 Nachtflüge, (7840 Starts, 8601 Landungen). Wie laut die Maschinen im Einzugsgebiet des Köln/Bonner Flughafens sind, wird rund um die Uhr gemessen: sowohl vom Flughafen selbst, als auch von den Kommunen und der Lärmschutzgemeinschaft. Messstellen befinden sich unter anderem in Siegburg-Stallberg, Hennef-Heisterschoß und im Hennefer Zentrum.

"Neben Hennef und Lohmar ist vor allem Stallberg sehr stark betroffen", sagt Schumacher. Der Siegburger Stadtteil stelle eine Besonderheit dar, weil An- und Abflugrouten nebeneinander verlaufen. Die eigenen Messdaten des Flughafens belegen dies: Der Juli war - wegen der vielen Ferienflieger - über Stallberg der bisher lauteste Monat 2015. Es herrschte ein Dauerschallpegel ( Mittelwert) von 58,9 Dezibel. Im Juli 2014 betrug der Wert 58,1. Auch in Hennef wurde es 2015 mit 52,6 Dezibel (2014: 52,4) im Juli besonders laut. Laut Greiser kann schon ein Dauerschallpegel ab 40 Dezibel das Risiko gesundheitlicher Schäden erhöhen.

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