Multiple-Sklerose-Gruppe Troisdorf/Siegburg Eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Siegburg · Die Multiple-Sklerose-Gruppe Troisdorf/Siegburg hat ihren 35. Geburtstag gefeiert. Der 52-jährige Axel Junge spricht über seine Krankheit und den Umgang mit ihr. Zu Anfang hatte man ihm noch geraten, sich mit Olivenöl zu helfen.

 Axel Junge, Gisela Steimel, Eike Kleinheyer und Rita Kurscheid (v.l. sitzend) sowie der Vorsitzende Manfred Sträßer mit Susanne Narres von der MS-Partnergruppe aus Essen.

Axel Junge, Gisela Steimel, Eike Kleinheyer und Rita Kurscheid (v.l. sitzend) sowie der Vorsitzende Manfred Sträßer mit Susanne Narres von der MS-Partnergruppe aus Essen.

Foto: Foto: Martina Welt

Sie waren gekommen, um zu feiern. Und die Stimmung war gut am Samstag im Siegburger Stadtmuseum. Denn die Selbsthilfegruppe Troisdorf/Siegburg für Multiple-Sklerose-Patienten beging ihren 35. Geburtstag. „35 Jahre sind geschafft“, begrüßte der Vorsitzende Manfred Sträßer die Betroffenen und deren Angehörige. Es sei ein Zeit gewesen, in der die Gruppe „mit viel Herzblut zu einer starken Gemeinschaft zusammengewachsen ist“. In dieser Zeit sei es für jeden Einzelnen der Betroffenen darum gegangen, sich neue Perspektiven zu schaffen und Lebensqualität zu halten oder zu verbessern. Für Sträßer bleibt diese Gruppe mit der allwöchentlichen Begegnung der Mitglieder „der richtige Raum für Augenblicke der Herzlichkeit und Lebensfreude“.

Unter den vielen Gästen tummelte sich auch Axel Junge (52) – so wie viele andere auch konnte er nur im Rollstuhl an der Feier teilnehmen. Als bei ihm die ersten Beschwerden Anfang der 90er Jahre begannen, wie Sehprobleme mit Doppelbildern und Unschärfe, dachte zunächst niemand an die Nervenkrankheit Multiple Sklerose (MS). „Die Diagnose bekam ich erst zwei Jahre später nach der Lumbalpunktion“, erinnerte er sich. Dabei werde Rückenmarkflüssigkeit entnommen, die dann auf Entzündungsherde untersucht wird. „Ich habe selbst nach der Diagnose noch eine Zeit lang gehofft, dass die Beschwerden vielleicht durch eine Amalgam-Vergiftung hervorgerufen worden seien“, erzählte Junge. Tatsächlich verschlimmerte sich sein Zustand deutlich nach der entsprechenden Zahnsanierung, bei der die alten Plomben entfernt wurden.

Zwischenzeitig hatte Junge auch immer wieder Schmerzen in den Beinen. Der Rat, den er damals aus der Neurologischen Klinik auf dem Venusberg bekam: „Nehmen Sie doch täglich einen Esslöffel Olivenöl zu sich , das wird sicher helfen.“ Damals habe es noch keine Medikamente gegeben. „Ich bekam Cortison, aber das hat nicht viel gebracht.“ Erst zu Beginn der Jahrtausendwende gab es weitere Medikamente für MS-Kranke. Die regelmäßigen Schübe wandelten sich bei Junge zu einem schleichenden Verlauf der Krankheit. Blasenprobleme kamen hinzu und Mitte 2000 bekam er massive Probleme mit dem Gehen. „Es gibt keinen klassischen Verlauf der Krankheit“, so Junge. „MS ist die Krankheit der vielen Gesichter“, sagte er. Ursache ist eine Entzündung der Nerven. „Das ist so wie bei einem Elektrokabel, bei dem die Isolierung defekt ist und das deshalb nicht mehr richtig funktioniert.“

Für Junge ebenso wie für die 54 Mitglieder der Gruppe sind die regelmäßigen Treffen im Alfred-Delp-Zentrum in Troisdorf wichtig. Einmal pro Monat habe man so die Gelegenheit, Fragen zu klären, Trost zu spenden und zu erhalten oder einfach nur Freundschaften zu pflegen, sagte Betroffenenberaterin Gisela Steimel. „Über 90 Prozent der Menschen, die Kontakt zu uns suchen, kommen wieder.“

Weihnachtsfeier, Karneval, Grillfeste im Sommer oder die Gruppenfahrt jedes Jahr sind Besonderheiten im Gruppenleben. Selbst stark behinderte Mitglieder dürfen mitfahren und bekommen vor Ort die Hilfsmittel, die sie brauchen. Für die entsprechenden Zuschussanträge bei den Krankenkassen sorgt Schriftführerin Claudia Ahrenz.

„Spätestens im Bus fällt die Anspannung von allen ab und am Ende der Fahrt kommt das große Bedauern, dass nun alle schon wieder vorbei ist“, sagte Kassiererin Eike Kleinheyer. Ihr großer Wunsch ist, dass die Fahrtkostenzuschüsse, die im vergangenen Jahr vom Kreis gekürzt wurden, wieder in voller Höhe ausgezahlt werden. Grundsätzlich wünscht sie sich, dass die Barrieren sowohl auf der Straße als auch in den Köpfen der Menschen abgebaut werden. Dafür engagiert sie sich auch im Integrationsbeirat des Rhein-Sieg-Kreises.

Unter den Gästen bei der Geburtstagsfeier der Selbsthilfegruppe waren am Samstagvormittag neben Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn auch die Troisdorfer Vizebürgermeisterin Angela Pollheim und Kreisdirektorin Annerose Heinze.

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